1859 - Duell in der Traumblase
fünfdimensionalen Drift geriet, so wußte er, würde der Hyperraum ihn verschlucken.
Dann blieb von seinem Geist und seinem Körper nichts mehr übrig, was wieder zusammengefügt werden konnte. Vorausgesetzt, jemand hätte das versuchen wollen.
Er beschleunigte das Fahrrad auf eine Geschwindigkeit von zwanzig Kilometern pro Stunde. Für einen Anfänger auf dem Gefährt war das eine Menge.
Nach wenigen Minuten traf er auf eine Abzweigung vom Schotterweg. Auf dem Hinweg hatte er die Kreuzung als solche nicht wahrgenommen. Der seitliche Weg war sehr schmal, er führte in unwegsames Gelände. Dennoch riskierte er es.
Vielleicht war es möglich, die Abbruchkante zu umgehen. Unter Umständen handelte es sich nur um eine Art Lücke. Vielleicht war die Hohlwelt vollständig in den Hyperraum eingebettet, und sie hatte aus unbekannten Gründen nun ein Loch bekommen.
Die Abzweigung führte auf einen Feldweg, der sich in ungerader Linie durch die Dornsavanne schlängelte. Es war schwierig, auf diesem Untergrund voranzukommen.
Sein Vorsprung vor der Abbruchkante schmolz. Er spürte, daß der Hyperraum wieder näher rückte. Vor seinem Mund kondensierte die Luft nach jedem Atemzug. Die Temperatur fiel auf einen Wert, der bei etwa zwanzig Grad minus lag.
Saedelaere hielt erst inne, als er die Kuppe eines Hügels erreichte. An diesem Punkt der Dornsavanne schien ihm die Temperatur wieder normal.
Von hier ließ sich das Loch überschauen. Es handelte sich um einen Bereich von zwei Kilometern Breite und einigen hundert Metern Länge. Das Wachstum fand ausschließlich in der Länge statt. Er hatte den.
Eindruck, daß die annähernd rechteckige Form danach trachtete, sich in einen Kreis zu verwandeln.
„Sind wir hier in Sicherheit?" fragte die Haut.
„Ich glaube schon."
Er wartete einige Minuten ab. Der erste Eindruck bestätigte sich: Aus der gestreckten wurde eine runde Form. Danach hörte das Wachstum auf.
Saedelaere beschloß, das fehlende Areal mit einem Respektabstand zu umgehen. Mit dem Fahrrad bewegte er sich querfeldein, über eine Strecke, die schon für einen Fußgänger nicht leicht zu bewältigen war.
Er brauchte zwei Stunden, bis der Schotterweg wieder vor ihm lag.
„Ich bin hungrig, Alaska."
„Ja", gab er wortkarg zurück, „ich ebenfalls."
„Und du bist sehr müde. Das kann ich spüren."
„Kümmere dich nicht darum."
Die Haut hatte allerdings recht; er konnte tatsächlich nicht mehr sehr viel weiter. Am Ende sagte er: „Wir fahren noch zwei Kilometer, dann machen wir Rast."
Über den Schotterweg bewältigte er die Strecke in weniger als zehn Minuten. Er legte das Fahrrad hin, an einer beliebigen Stelle am Wegesrand, aß und trank, nährte die Haut und legte sich schlafen.
Ihm war nicht wohl bei dem Gedanken. Das Loch zum Hyperraum konnte sich jederzeit vergrößern.
*
Jenseitsdreur erinnerte sich an den Blitz und dann eine Weile an gar nichts mehr. Das fremde Wesen mußte ihn irgendwie überlistet haben.
Ich höre nichts mehr, Große Mutter.
Ich sehe nichts, aber das ist nicht ungewöhnlich. Denn sehen konnte immer nur mein Zwilling.
Ich spüre nichts, kann nicht mehr tasten. Es ist ein schreckliches Gefühl.
Halt ... Denn in diesem Augenblick beginnt es wieder. Goedda vergißt niemals ihre Kinder!
Mit der Erinnerung kamen die Schmerzen. Jenseitsdreur hätte gern geschrien, doch er besaß keinen Mund mehr.
Vorher hatte er vier Münder besessen, und nun? Er spürte seine Arme und seine Beine nicht. Selbst wenn es um Goeddas Rettung gegangen wäre, er konnte keinen Schritt mehr tun.
Er vermochte nicht zu sagen, was es war, das ihm solche Schmerzen bereitete. Die ganze Welt bestand offenbar aus Schmerz. Darin sein Geist und seine Glieder, jede Faser zerstört.
Vorsichtig richtete er den paranormalen Tastsinn auf seinen eigenen Körper. Jedenfalls hatte er das tun wollen. Es gelang ihm nicht. Der Tastsinn ließ sich nicht mehr einsetzen.
Wenn er früher im Drei-Sekunden-Takt seine Parzelle erfaßt hatte, komplett von Anfang bis Ende, so blieb diesmal alles ohne Gestalt.
Es war, als ob die Parzelle nicht mehr existierte. Oder existierte er nicht mehr? Das war ein dummer Gedanke. Wäre er nicht mehr am Leben gewesen, er hätte nicht über seine Lage nachdenken können.
Aus einer schwer definierbaren Quelle flossen ihm Kräfte zu.
Jenseitsdreur begriff, daß die Quelle identisch mit seinem Zwilling war. Er verdankte sein Leben offenbar ganz allein Dreur. Ohne Unterstützung
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