1870 - Operation Wunderkerze
Blickrichtung auf Dengejaa Uveso ausgerichtet. Statt des Paratronschirms war ein HÜ-Schirm aufgebaut worden, so daß die Hyperstrahlung nicht abgeschirmt wurde. Nur im Rücken der Herreach, woher das gleißende Leuchten der Sternenballungen des Milchstraßenzentrums kam, waren Filter aufgebaut worden.
Caljono Yai hatte auf einem Kran Platz genommen, dessen Arm sie nach den Anweisungen von Chefingenieur Dave Burnett nach Belieben steuern konnte. Links von ihr saß Vej Ikorad, auf der anderen Seite hatte Tandar Sel Platz genommen. Sie sollten die Gebetsleiterin bei der Zusammenführung der Gebetsrunde unterstützen.
Es war nicht leicht, die Geister von 20.000 Herreach zu vereinen und auf ein einziges Thema zu fokussieren. Aber Caljono Yai war stark und hatte ausreichend Erfahrung, um es mit Hilfe von Tandar Sel und Vej Ikorad zu schaffen.
Als Caljono Yai Bré in ihre Richtung kommen sah, steuerte sie den Kranarm zum Boden, so daß die Kosmopsychologin zusteigen konnte.
„Wenn ihr bereit seid, dann möchte ich euch jetzt vorführen, was wir von euch erwarten", sagte Bré ohne lange Einleitung.
„Wir sind soweit", sagte Caljono Yai. „Okay, es kann losgehen", sprach Bré ins Funkgerät.
Sie hatte sich mit den Technikern abgesprochen und ihnen den Datenträger mit der von Atlan entworfenen Simulation übergeben. Der Arkonide hatte die Szene mit den „Kaskadierenden Feuern von Dengejaa Uveso" in Eigenregie entworfen, während sie den Schlaf der Gerechten schlief. Sie mußte zugeben, daß sie nichts hätte dazu beitragen können. Atlans Simulation war perfekt.
Vor dem Hintergrund von Dengejaa Uveso erstrahlte plötzlich über eine Fläche von 200 mal 400 Metern ein Holorama, das semitransparent war und einen fluoreszierenden rötlichen Schein hatte. Aus einer einzelnen Quelle mitten im Bild strömte ein Lichterschwall aus lauter blitzenden Funken und ergoß sich wie ein flammender Wasserfall in die Tiefe. Und dann entstand eine weitere Quelle und noch eine und viele weitere, bis das gesamte Holorama erfüllt war mit gleißendem Licht.
Die Feuer wechselten beständig ihre Farbe. Rot explodierte mitten in einem blauen Strom und verursachte einen violetten Funkenregen, der sich während des Ausklingens golden verfärbte. Nach unten fallende Funkenregen wechselten die Richtung und flossen in die Höhe, wo sie sich mit anderen Strömungen zu Wirbeln vermengten und im Rotieren die Farben des Regenbogens durchwanderten.
„Das genügt", sagte Caljono Yai plötzlich. „Wir haben genug gesehen, um unseren Willen entsprechend umsetzen zu können. Jedes weitere Bild wäre nur Ballast für uns: Oder erwartet ihr, daß wir uns sklavisch an die Vorgaben halten?"
„Ende!" sagte Bré rasch ins Mikrofon, und das Holorama erlosch.
Sie hörte Atlan auf der GILGAMESCH förmlich darüber fluchen, daß die Herreach ihm die Schau gestohlen hatten.
An Caljono Yai gewandt, sagte die Psychologin etwas unsicher: „Nicht sklavisch, aber doch einigermaßen."
„Dengejaa Uveso wird uns inspirieren", sagte Caljono Yai, während sie den Kranarm senkte und Bré aussteigen ließ.
Während sich die Kosmopsychologin rückwärts gehend entfernte, sah sie, wie sich Caljono Yai und ihre beiden Beisitzer mit gesenkten Köpfen ins Gebet vertieften. Und alle 20.000 Herreach folgten ihrem Beispiel.
Es dauerte nicht lange, da hörte Bré aus den Kopfhörern aufgeregte Rufe. Sie wandte den Kopf in Richtung Schwarzes Loch und traute ihren Augen nicht.
Über Dengejaa Uveso hatte sich ein Vorhang aus Lichtern und Farben gesenkt, kaskadierend, wirbelnd, explodierend. Alles so ähnlich wie in Atlans Simulation, aber nur viel perfekter, echter, mit Tiefe und voller elementarer Kraft. Und das nach allen Seiten hin, so weit das Auge reichte. Es war überwältigend.
Bré rief die GILGAMESCH an.
„Atlan, du warst gut, aber die Herreach sind schlichtweg perfekt", sagte sie, als sie Verbindung mit dem Arkoniden hatte.
„Es ist wirklich unglaublich - das sind die Kaskadierenden Feuer", gab Atlan zu, der nicht so leicht zu begeistern war. „Aber im Augenblick veranstalten sie dieses Feuerwerk lediglich für uns. Noch keine Reaktion von den Kleinen Müttern."
„Ein wenig sollten wir uns schon in Geduld üben", sagte Bré zur Verteidigung ihres Planes. „Wir können nicht erwarten, daß uns die Kleinen Mütter aufs Fingerschnippen gehorchen."
Da war sie noch voller Optimismus. Es gab keinen Grund für Zweifel. Man mußte den Kleinen Müttern Zeit
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