1870 - Operation Wunderkerze
zusammengepfercht, und da waren wir bloß
5000.
Das machen wir nicht noch einmal."
„Aber diesmal ist das anders", erklärte Bré „Ihr sollt nicht auf einem Schiff wie diesem zusammenkommen. Nein, so etwas Unmenschliches könnte kein Terraner verlangen. Diesmal steht euch ein Versammlungsort zur Verfügung, auf dem ihr ausreichend Bewegungsfreiheit habt. Eine Plattform mit 2000 Metern Durchmesser, so groß wie der Versammlungsplatz in Moond."
„Also schon wieder eine fremde Welt", sagte Caljono Yai mit bebendem Nas-Organ.
Statt vieler Worte ging Bré zum Interkom und spielte eine holographische Aufnahme des Tenders CS-5 ein. Sie deutete auf die Werftplattform.
„Dies ist euer Einsatzort", sagte sie. „Hier habt ihr alle bequem Platz und könnt euch voll und ganz auf euer Gebet konzentrieren ... Was ist, Caljono Yai?"
Die Herreach blickte mit starrem Blick in das Holo und wich davor mit kleinen Schritten zurück. Aber es war nicht der Tender, der sie erschreckte. Ihre Augen waren auf das Schwarze Loch mit seiner Akkretionsscheibe aus Nugas im Hintergrund gerichtet.
„Das ist Dengejaa Uveso", erklärte Bré leise und eindringlich. „Das bemerkenswerteste kosmische Objekt in der Milchstraße. Ich weiß, daß Dengejaa Uveso furchteinflößend wirkt, auch auf mich. Aber es kann euch nichts anhaben. Gefährlicher als dieses mächtige scheinbare Nichts können euch da schon die Kleinen Mütter werden."
„Das ist kein Nichts", sagte Caljono Yai, als könne sie die Kraft des Schwarzen Loches spüren. „Das ist ... das Mächtigste, Gewaltigste, Bedrohlichste, was ich je erlebt habe. Shimbaa ist ein Schwächling dagegen."
„Du spürst seine Kraft? Es braucht dir keine Angst zu machen."
Caljono Yai schüttelte den Kopf, ohne die Abbildung des Black Holes aus den Augen zu lassen.
„Wie haben Mila und Nadja es beschrieben?"
„Ich weiß nicht, ob die Zwillingsschwestern je ein Schwarzes Loch oder speziell Dengejaa Uveso untersucht haben", gestand Bré. „Auch von euch Herreach wird das nicht verlangt. Ihr sollt lediglich ein Bildnis entwerfen, das die Kleinen Mütter zu Dengejaa Uveso lockt."
„Sie sollen herkommen und in diesen Abgrund gestürzt werden", sagte Caljono Yai wissend, ohne daß Bi-6 ihr das verraten hätte. Und sie fügte überzeugt hinzu: „Das wird sie vernichten. Der Abgrund wird sie verschlingen. Sie haben keine Chance zu entkommen."
Ohne ihre Augen von der Projektion zu lassen, fragte sie: „Wann sollen wir in den Einsatz gehen?"
Es war alles ganz anders gekommen, als Bré befürchtet hatte. Hatte es zuerst so ausgesehen, als flöße Dengejaa Uveso der Herreach Angst ein, so stellte sich nun heraus, daß sie von dem Black Hole fasziniert war, so sehr gefesselt, daß sie wie magisch davon angezogen wurde.
Wie sollte man die Herreach jemals verstehen lernen? Sie waren immer für eine Überraschung gut.
„Ich bin gekommen, dich zu bitten, Caljono Yai, deine Leute zum Überwechseln auf den Tender zu bewegen."
*
Der Transfer der Herreach zum GIRAFFEN-Tender lief in mehreren Etappen ab und ging reibungslos über die Bühne.
Auf jeder Seite der Plattform landeten jeweils drei NOVA-Raumer gleichzeitig, dann spannte sich der Paratronschirm mit zusätzlich zugeschalteten Filtern, die die Grelle der Sternenflut abhalten sollten, über die Werftplattform.
Erst danach glitten die Herreach auf Antigravfeldern aus dem unteren Rolloff-Deck. Von dort begaben sie sich in die Tiefe der Tender-Plattform. Zuletzt öffnete sich der Paratronschirm wieder, die NOVA-Schiffe starteten und räumten somit den Platz für die nächste Staffel.
Das ging rascher und unkomplizierter, als- hätte man die Herreach per Transmitter überstellt - ganz abgesehen davon, daß sie sich vermutlich geweigert hätten, durch Transmitterfelder zu gehen. Das hätten sie gewiß nicht mit sich machen lassen!
„Nun tun die Herreach selbst mir leid", sagte Atlan, während er beobachtete, wie die mit tief in die Gesichter gezogenen Kapuzen vermummten Gestalten Reihe um Reihe im Bauch der Werftplattform verschwanden. „Sie machen den Eindruck von Lämmern auf dem Weg zur Schlachtbank. Das haben sie nicht verdientwo sie zu Rettern der Milchstraße werden könnten."
Atlan meinte es aufrichtig und in keiner Weise zynisch, wie Bré sehr deutlich empfand.
„Dein Mitgefühl ist fehl am Platz, Atlan", sagte sie und wunderte sich darüber, daß sie auf einmal in die Rolle der Trösterin für Atlan gedrängt war.
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