Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1875 - Der Friede von Plantagoo

Titel: 1875 - Der Friede von Plantagoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
und meine Erleichterung brach sich mit einem tiefen Seufzer Bahn.
    „Bully!"
    Der Scheinwerfer erlosch. Wenige Sekunden später stand der Dicke neben mir. Ich war selten so froh gewesen, sein Gesicht zu sehen.
    Ein breites Grinsen zog sich vom einen Ohr zum anderen. Aber nur für einen Moment; dann fiel mir seine beklommene Stimmung auf.
    „Wie ist es gelaufen?" fragte ich hastig, mit einemmal wieder voller Unruhe.
    „Gut, gut ...", meinte er zögernd.
    „Aber?"
    „Das solltest du wohl besser selbst sehen", entgegnete er bedrückt. Und mit erhobener Stimme: „Die Gefahr ist vorüber. Draußen warten Leute, die uns begrüßen wollen!"
     
    *
     
    Durch das .orangefarbene Feld aus Energie stiegen wir den Schacht empor. Ich führte die Gruppe an.
    Deshalb war ich der erste, der in einem diesigen Sonnenaufgang das Freie erreichte.
    Der Drache von Galorn lag im Mittelpunkt eines 150 Meter durchmessenden, ebenen Feldes.
    Ich blickte auf eine dichtgedrängte Menge von Galornen, die das Feld bis auf den letzten Stehplatz erfüllten. Es mußten viele hundert sein. Keiner der Galornen rührte sich, nicht einmal die Füße scharrten. Sie standen einfach nur da und schauten auf.
    Ihre Mienen erschreckten mich zutiefst. In meiner Kehle bildete sich ein ‘dicker Kloß.
    Ich konnte die Beklommenheit des Dicken plötzlich verstehen, als ich meinen SERUN zu Boden steuerte. Bull landete neben mir, dann kamen A-Caliform und seine Leute. Ich war froh, sie in meinem Rücken zu wissen.
    Die intensive Ausstrahlung von Würde und Gelassenheit, die jeder Galorne an sich hatte, war einer furchtbaren seelischen Erschütterung gewichen. Ich spürte einen solchen Schmerz, daß ich am liebsten in den Schacht zurückgeflogen wäre.
    Sie wissen es, dachte ich bestürzt. Sie wissen genau, was sie getan haben.
    Ein raunendes Geräusch kam auf. Es erinnerte mich an das Stöhnen eines mächtigen Elefanten, den ich auf der Erde hatte sterben sehen, vor vielen hundert Jahren. Ich wußte nicht, warum ich mich ausgerechnet jetzt an den Elefanten erinnerte. Aber sein Bild stand mir deutlich vor Augen. Das Tier hatte sich damals mit den Stoßzähnen in einem Zaun verfangen; und sich im verzweifelten Versuch, wieder loszukommen, einen der Zähne ausgerissen. Am Blutverlust war der Elefant verendet. Ich hatte ihm nicht mehr helfen können.
    Das stöhnende Geräusch hielt an. Alle Galornen hatten die Münder um einen Spalt geöffnet.
    Ich begriff, daß es sich um einen Gesang handelte. Die Töne waren so gut wie nicht moduliert. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Der Gesang schien viele Kilometer zu tragen, seine Macht erfüllte die Stadt der Kinder und reichte bis zu den azurblauen Häusern, die jenseits der Zerstörung lagen.
    Ich wußte nicht, ob Galornen weinen konnten. In, diesem Moment wünschte ich es ihnen. Ohne ein Ventil, das ihnen half, würden sie nicht am Leben bleiben.
    In der schweigenden Phalanx bildete sich eine Gasse. Durch den Spalt drängte eine klobige Gestalt.
    Bull stieß mich in die Seite. „Ja. Ich sehe sie kommen, Dicker."
    Ich erkannte Kaif Chiriatha. Die vermutlich fähigste Galornin - designierte Nachfolgerin Ce Rhiotons, vielleicht einmal die zweite Botin von Thoregon - bot ein erschreckendes Bild.
    Ihr Körper sah eingefallen aus. Chiriatha war nicht verletzt; obwohl sie als Kriegsherrin zweifellos im Brennpunkt der Geschehnisse gestanden hatte. Die Ursache der Körperhaltung schien seelischer Natur zu sein.
    An ihrem Beispiel wurde schmerzhaft deutlich, was die anderen nur verschwommen zum Ausdruck brachten. Das Galornenvolk hatte nicht allein viele Leben verloren. Es hatte mehr eingebüßt als einen Teil seiner Zivilisation. Die Herrscher von Plantagoo waren an der Wurzel ihrer Existenz getroffen.
    Sie hatten das größte Ziel von allen angestrebt, den umfassenden Frieden, unermüdlich, eine Ewigkeit lang. Zu seiner Verwirklichung hatten sie alles geopfert, was sie geben konnten.
    Damals, als die schwarzen Sternenflotten Plantagoo schon einmal beinahe vernichtet hätten, war die Umkehr gerade noch gelungen. An der kollektiven Schuld hatten sie Jahrtausende getragen.
    Und nun, da sich die Galornen zum ersten Mal in ihrer Geschichte reingewaschen fühlten - da wurde alles zerstört. In wenigen Tagen zerbrach der Friede von Plantagoo. Seine Hüter verwandelten sich in reißende Bestien.
    Jeder Galorne, der am Schacht des Drachen stand, hätte sein Leben geopfert, wäre es möglich gewesen, die Zeit zurückzudrehen.

Weitere Kostenlose Bücher