1878 - Kontakt zu Kenteullen
Vermutungen kann ich nichts anfangen. Der Glaube daran, daß vom Heliotischen Bollwerk eine Gefahr ausgeht, reicht nicht für Entschlüsse aus. Perry hat die Leiche aus dem Schacht im Drachen nur knapp beschrieben. Wir verfügen über keine Details, die einen Vergleich zulassen würden."
Myles Kantor erhob sich schwankend. „Ihr seid instinktlos. Macht, was ihr wollt!"
„Du solltest mit den Nonggo reden", schlug Paola Daschmagan vor. „Vielleicht können sie dich überzeugen, daß Kallias Unfall keine Auswirkungen auf das Heliotische Bollwerk hat."
Der Wissenschaftler schwankte zur Tür. Dabei fixierte er Bré Tsinga.
„Ich traue den Nonggo keinen Schritt mehr über den Weg. Und wenn Bré tausendmal das Gegenteil behauptet. Nennt es Unfall, oder nennt es Pech, mir ist es egal. Ich werde auf eigene Faust handeln. Sonst gibt es ein böses Erwachen.- Für alle! Wenn ihr mich sucht, ich kehre in die GILGAMESCH zurück."
Stumm blickten sie ihm nach. Als die Tür sich hinter ihm schloß, stieß Cistolo Khan hörbar die Luft aus.
„Ich weiß nicht, was er ausbrütet, aber wir sollten ihn im Auge behalten. Ihn und die Nonggo."
*
„Zygonod und Galtarrad sind noch immer nicht eingetroffen!"
Paola Daschmagan hob den Kopf und sah Bré Tsinga durchdringend an.
„Wir können nicht länger warten", entschied sie dann. „Der Countdown ist abgelaufen. Sind alle Mitglieder unserer Delegation an Ort und Stelle?"
„Ja."
„Dann komm!
Die Erste Terranerin erhob sich und ging voraus. In einer Halle auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors wartete ein aktivierter Transmitter auf die zwei Frauen.
Er entstofflichte sie und ‘beförderte sie gewissermaßen in Nullzeit aus der hundertelften Etage des Gebäudes in das Empfangsgerät. Es stand im Erdgeschoß eines Gebäudes, zehn Kilometer westlich des Solaren Parlaments und in unmittelbarer Nähe der Linie, an der sich die Faktordampf-Barriere aufbauen würde.
„Die Delegation hat das Gebäude bereits verlassen und begibt sich in die Nähe der Barriere", meldete ein Syntron.
Schulter an Schulter eilten die beiden Frauen ins Freie. Sie wurden Zeugen, wie die Nonggo aus der Barriere traten und die Mitglieder der Bürgerinitiative sie bedrängten. Geduldig warteten sie, bis die Anhänger der Neuen Wahrheit 1289 aufgaben und verschwanden.
Paola Daschmagan entdeckte die Antigravscheibe mit Cistolo Khan und winkte ihm zu.
„Es kann losgehen!" rief er herab. „Wenn ihr mich braucht, wißt ihr, wo ihr mich findet."
Sie beobachteten, wie er den Kurs änderte, mit minimaler Geschwindigkeit auf die Barriere zuflog und sie berührte: Einen Augenblick schien es, als würde das Fahrzeug in der Luft stehenbleiben. Dann drang es in die milchige Substanz ein und verschwand.
Seine Aufgabe bestand darin, als Kurier zwischen dem Glockenpalast - dem Parlament der Nonggo - und Terrania zu fungieren, da durch die Barriere bekanntlich kein Funk möglich war. Natürlich hätten die Terraner auch altertümliche Kabelsysteme verlegen können, aber dazu wären zwei Stationen nötig geworden.
Paola Daschmagan und ihre Begleiterin suchten die Delegation aus hochrangigen Regierungsmitgliedern und Abgeordneten des Parlaments auf. Sie setzten sich an ihre Spitze und nahmen in zwanzig Metern Entfernung von den Nonggo Aufstellung.
Die Erste Terranerin machte eine einladende Geste mit der Hand und beobachtete erleichtert, daß die Nonggo reagierten und sich in Bewegung setzten. In breiter Front kamen sie heran, ein Gemisch aus Umhängen in grellen Farben.
Die Erste Terranerin gab sich einen Ruck. Sie ging den Besuchern entgegen und begann mit ihrer Rede.
„Im Namen der Bewohner Terras und des Solsystems sowie aller Bürger und Freunde der Liga Freier Terraner heißen wir euch willkommen. Was unsere Delegationen bei den vorausgegangenen Besuchen hier und im TeullerSystem begonnen haben, soll nach dem Wunsch unserer Parlamente in einem Abkommen besiegelt werden. Wir laden euch ein, uns in das Parlamentsgebäude zu begleiten."
Die Delegationen begrüßten sich gegenseitig. Terraner und Nonggo schüttelten sich die Hände. Die Fremden schienen somit schon gut über die Sitten der Menschen informiert zu sein.
Die Nonggo bedauerten, daß Tautmo Aagenfelt nicht bei ihnen weilte. Es war bisher nicht gelungen, seinen Aufenthalt in Kenteullen ausfindig zu machen.
Danach setzten sich die Gruppen der Abgeordneten unter Leitung ihres jeweiligen Parlamentspräsidenten in Bewegung. Die
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