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1881 - Chaostage

Titel: 1881 - Chaostage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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davonkommt, damit unser Report nicht vorzeitig zu Ende ist.
    Zusammen mit Singh bildet sie unser absolut bestes Team."
    Seine Mitarbeiter blickten ihn betroffen an. Bei aller Begeisterung für den Bericht der Reporterin konnten sie nicht nachvollziehen, daß er nicht um sie bangte, sondern um die Informationen, die sie lieferte und mit deren Verkauf der Sender Geld verdiente.
     
    6.
     
    „Was tun wir, Abraham? Bleiben können wir nicht. Sie werden die Universität stürmen."
    „Und wenig Rücksicht nehmen auf unsere Überlegungen zur Gewalt, Olehonn. Dagegen können wir nichts tun."
    „Ich hab's dir schon immer gesagt: Mit einer Handvoll Gewalt kommt man weiter als mit einem Sack voll Recht."
    „Nein, das akzeptiere ich nicht."
    „Red nicht, Abraham. Du hast längst begriffen. Diesem Ansturm kann man nur mit Gewalt begegnen."
    „Ach, und wenn ich mich deiner Meinung nicht anschließe, wirst du mir wohl mit Fäusten beibringen, daß deine Überzeugung richtig ist?"
    „Keine Angst, Abraham! Ich weiß, daß gewalttätiger Eifer für die Wahrheit entweder Unbeherrschtheit, Ehrgeiz oder Überheblichkeit ist."
    Vor den Fenstern der Universität explodierte etwas. Die beiden jungen Männer sahen es aufblitzen, und sie brachen ihre Diskussion ab. Seit Tagen arbeiteten sie in der Bibliothek der Universität, um verbotenen Zugang zur Syntronik der Hypnoschulung zu finden und die zu erwartenden Prüfungsaufgaben zu manipulieren.
    Sie flüchteten, und als sich eine Tür auf ihrem Weg nicht öffnen wollte, trat Olehonn sie kurzerhand ein.
    Sein Freund Abraham Mellors hielt sich die Ohren zu.
    „Wie sagte doch Schiller?" rief er spöttisch. „Schrecklich immer, auch in gerechter Sache, ist Gewalt."
     
    *
     
    Asman von Kynor schaltete schneller als Nora. Er packte sie und ihr Kind, und als sie sich sträubte, nahm er sie kurzerhand auf den Arm, um mit ihr zu einem der Hauseingänge zu laufen.
    Sie strampelte wütend mit den Beinen, bis er sie losließ und auf die Füße stellte.
    „Ich kann allein laufen!" schrie sie ihn an.
    „Dann tu es auch!" forderte er und blickte besorgt zu dem Netz hinauf, das sich beängstigend schnell herabsenkte.
    Nora gehorchte. Sie rannte neben ihm her, kämpfte sich durch die Menge entgegenkommender Menschen, behielt das Netz im Auge und erreichte mit Mühe und Not einen Hauseingang. Kaum hatte sie das Portal betreten, als der armdicke Netzsaum klatschend hinter ihr auf den Boden prallte.
    Erschrocken fuhr die Frau herum.
    Sie sah, wie sich das Netz zusammenzog und etwa hundert Männer, Frauen und Kinder in sich einschloß, die sich ebenso verzweifelt wie vergeblich dagegen wehrten.
    „Danke", keuchte sie. „Wir wären jetzt auch im Netz gewesen, wenn du nicht gehandelt hättest."
    Kopflos, bleich, mit vor Angst verzerrten Gesichtern flüchteten Männer, Frauen und Kinder aus dem Inneren des Riesengebäudes heraus und an ihnen vorbei. Sie drängten sich nach draußen.
    Es schien, als sitze ihnen das Grauen im Nacken, als hätten sie gerade im Inneren des Wohnturms, in dem einige tausend Menschen lebten, am meisten zu befürchten. Kopflos rannten sie nach draußen, wo sich das Netz unaufhaltsam zusammenzog.
    Nora sah, daß sie zu den Seiten auszuweichen versuchten, es zumeist jedoch nicht schafften und stürzten. Männer, Frauen und Kinder klammerten sich wie Ertrinkende an die Maschen des Netzes, überzeugt davon, daß es als einziges Sicherheit bot, und sie ließen auch nicht los, als sich das Gespinst mit ungeheurer Kraft bewegte.
    Asman von Kynor hatte seinen Arm um die junge Frau gelegt und sich schützend vor sie gestellt. Immer wieder prallten Flüchtende gegen ihn und drängten sich an ihm vorbei. Er stemmte sich mit beiden Armen gegen die Wand, um auf diese Weise zu verhindern, daß er gegen Nora und Kristi gepreßt wurde.
    Unter seinen Armen hindurch sah sie, daß sich das Netz nun endgültig zusammengezogen hatte. Hunderte von Menschen waren darin gefangen wie ein Fischschwarm, der von einem Trawler eingeholt wurde. Damit nicht genug. Über dem Netz schwebte ein riesiger Mannschaftstransporter der Dscherro und zog es langsam mit den darin eingeschlossenen Menschen hoch.
    Und auch jetzt ließen diejenigen nicht los, die sich außen ans Netz gekrallt hatten. Sie erkannten die Gefahr nicht.
    „Sie dürfen nicht länger festhalten!" schrie Nora, doch ihre Stimme ging unter im Lärm der keuchenden, tobenden, drängenden und stampfenden Menge, die aus dem Haus

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