1881 - Chaostage
kamen, da es keinen Ausweg mehr für sie zu geben schien. Sie wich nicht von Asmans Seite, kämpfte mühsam gegen die zunehmende Angst an, war jedoch nicht bereit, sich in den Strom der Flüchtenden einzureihen.
Es krachte ohrenbetäubend, und sie sah, daß sich plötzlich ein riesiges Netz über dem Park ausbreitete. Es reichte nicht von einem der Wolkenkratzer zum anderen, deckte aber die gesamten Grünanlagen ab. Langsam schwebte es herab, und Nora erkannte, daß sie sich darin zusammen mit vielen anderen Menschen fangen würde, wenn sie ihren sicheren Platz nicht endlich verließ.
*
Cruno DeFaas rieb sich die Hände. Triumphierend blickte er die Mitarbeiter von SolTel an, die sich im zentralen Regieraum versammelt hatten. Hier liefen alle hereinkommenden Informationen zusammen, von dieser Stelle aus ging der Report Katie Joannes in alle Welt hinaus - mittlerweile sogar bis in die Eastside der Milchstraße.
„Es sind völlig geniale Bilder", schwärmte der Leitende Redakteur. „Absolut genial! Das Beste, was wir jemals auf dem Markt angeboten haben."
Er griff nach seinem Rotwein und trank einen Schluck. Dann lachte er laut auf.
„Kein Sender kann uns das Wasser reichen. Sie versuchen es alle, aber wir haben den entscheidenden zeitlichen Vorsprung."
Auf den Monitoren des Raums liefen erschreckende Bilder aus mehreren Teilen der Stadt ab, denn nicht nur Katie Joanne und Occar Singh waren unterwegs, um über die Ereignisse zu berichten, sondern auch andere Teams, wenngleich sie keinen so eindringlichen Report lieferten wie die beiden.
In Terrania war das Chaos ausgebrochen. Die Menschen hatten die Häuser und ihre Wohnungen verlassen und drängten auf die großen Verkehrswege, um in Panik aus der Stadt zu flüchten. NATHANS Bemühungen, die Menschen in Sicherheit zu bringen, waren weitgehend gescheitert. Die Dscherro feuerten ihre 5-D-Eiser genannten Energiekugeln überall ab, wo sich ihnen die Gelegenheit dazu bot, womit sie Roboter und Energiestraßen lahmlegten.
Aus aufgefangenen Funkgesprächen der Dscherro kannte man mittlerweile einige der Spezialausdrücke der Fremden. Daraus ging unter anderem hervor, daß sie die über verschiedene Stadtteile geschossenen Netze Dschamm nannten. Mit ihnen erreichten sie, daß Antigravgleiter nicht mehr entweichen konnten.
Als Ocheno bezeichnete fliegende Ovalkörper, aus denen zahlreiche Antennen ragten, drangen in die Stadt vor, spürten Energiequellen und deren Verteiler auf und neutralisierten sie.
Die Folge war, daß die Energieversorgung in einigen Stadtteilen trotz aller Reservesysteme zusammenbrach, daß betroffene Antigravbusse abstürzten und Prallgleiter orientierungslos gegen Hausmauern rasten, wo sie zerschellten.
Assal Ylani kam mit einer Meldung zu Cruno DeFaas.
„Katie sollte das wissen", sagte sie. „Unbedingt!"
Er überflog die Notiz und stimmte zu.
„Ich will eine Schaltung zu ihr. Sofort! Wo ist sie?"
„Zwischen Kanchenjunga und Monggon-Ost."
Sekunden später erschien das Bild der Reporterin im Holowürfel vor ihm. Katie Joannes Gesicht war von Rauch, Ruß und Asche verschmiert. Die blonden Locken hingen ihr schlaff ins Gesicht, doch in ihren Augen brannte ein Feuer, wie er es nie zuvor gesehen hatte.
„Hör zu, Mädchen!" rief er. „Die Dscherro sind auf vielen Fronten durchgebrochen. Zunächst sah es danach aus, als käme es ihnen auf kein bestimmtes Stadtgebiet an. Jetzt wird klar, daß es ihre Taktik war, unsere Gegenkräfte möglichst zu zersplittern."
„Wohin geht ihre Hauptrichtung?"
„Sie haben mit umfangreichen Kräften Kurs auf den Flottenraumhafen genommen. Es ist das dem Faktorelement am nächsten gelegene Mega-Ziel. Cistolo Khans Beiboote haben die Verfolgung aufgenommen. Sie schießen sogar, aber sie werden nichts ausrichten, weil die Dscherro sich mitten durch den Strom von Flüchtlingen bewegen."
„Der Raumhafen ist zu weit von Kanchenjunga entfernt", meinte die Reporterin. „Bevor wir dort sind, ist schon alles vorbei."
„Versuch's trotzdem. Starke Kontingente unserer Abwehr werfen sich den Dscherro entgegen", fuhr DeFaas fort. „Mit anderen Worten, es gibt einen heißen Tanz."
„Bin schon auf dem Weg", versprach sie ohne Zögern.
Der Leitende Redakteur ließ sich in seinen Sessel sinken und genoß einen weiteren Schluck Rotwein. Und noch einmal rieb er sich die Hände.
„Freunde, das ist eine historische Stunde für unseren Sender", freute er sich. „Hoffen wir, daß Katie mit heiler Haut
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