Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1885 - Zwischen den SphÀrenrÀdern

Titel: 1885 - Zwischen den SphÀrenrÀdern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Phantast - oder ein besonders hartnäckiger Realist; es hing vom Standort des Betrachters ab.
    Der Nonggo machte sich keinerlei Illusionen über seine Zukunft. Er war Techniker, ein sehr guter sogar, von Kollegen und Vorgesetzen anerkannt und - abgesehen von seinem Raumfahrtspleen - bei jedermann beliebt und hoch angesehen. Aber er konnte sich mühelos ausrechnen, daß das allein nicht ausreichte, eine richtige Karriere zu machen. Techniker wurden gebraucht, hatten aber eine vergleichsweise niedrige gesellschaftliche Stellung.
    Zenndicyl Pervorat Zeun aber war ehrgeizig, er wollte etwas aus sich machen.
    Die einzige Chance, die sich ihm bot, war die Raumfahrt, und er war bereit, sich für das Erreichen dieses Zieles zu quälen, beispielsweise dadurch, daß er versuchte, sich an ein Leben ohne Neuron zu gewöhnen.
    Wenn er Glück hatte - und ein wenig Tüchtigkeit auf anderem Gebiet entwickelte -, stand einer Karriere nicht mehr viel im Wege. Besonders in der Raumfahrt wurden Techniker gebraucht, und man kam dabei in Kontakt zu anderen Lebensformen, die gar kein neuronisches Netz kannten und in ihrer Kommunikation entsprechend gehemmt und behindert waren. Wenn er sich auf diesem Gebiet profilierte, dann konnte er möglicherweise in den diplomatischen Dienst treten, sich einen mehr oder weniger prächtigen Umhang zulegen und damit bei den Nonggo zu Hause gelegentlich herumstolzieren.
    Auf diese Äußerlichkeiten legte Zenndicyl Pervorat Zeun allerdings weniger Wert; er war einfach neugierig, unternehmungslustig und wißbegierig auf Dinge, die es im Netz nicht zu finden gab.
    Außerdem ...
    Die ersten Heliotischen Bollwerke waren inzwischen im Teuller-System eingetroffen; was das zu bedeuten hatte, war Zenndicyl Pervorat Zeun klar. Das berühmte, legendenumwitterte Konstituierende Jahr stand in absehbarer Zeit bevor, der Zeitpunkt, zu dem die Allianz mit den anderen Mitgliedern der Koalition Thoregon tatsächlich in Kraft treten würde. Dann würde man endlich Vertreter der anderen Völker kennenlernen, die an der Koalition beteiligt waren: Galornen, Helioten, Baolin-Nda und andere, darunter angeblich sogar die seltsamen Terraner, von denen Zenndicyl schon einige erstaunliche Gerüchte zu Ohren gekommen waren.
    Das war es, was Zenndicyl Pervorat Zeun erreichen wollte: fremde Galaxien aufsuchen, Lebewesen kennenlernen, die nicht nur ganz anders aussahen als die Nonggo, sondern auch anders dachten, handelten und empfanden.
    Wie hielten es beispielsweise die Galornen aus, gänzlich ohne neuronisches Netz auszukommen, und das während des ganzen Lebens? Offenbar war so etwas durchaus möglich schließlich hatten auch die Nonggo vor Jahrtausenden ohne das wundervolle Netz leben können, ohne dabei umzukommen, wahnsinnig zu werden oder restlos zu verblöden.
    Zenndicyl Pervorat Zeun machte einen langen Atemzug und blickte auf die Uhr. Eine halbe Stunde hielt er schon durch, ein wenig mehr als die Hälfte seines persönlichen Rekords. Und von Mal zu Mal fiel es leichter vorausgesetzt, er hatte sich zu dem Entschluß durchgerungen, es erneut zu probieren.
    Eigentümlich - den Entschluß dazu zu fassen fiel ihm jedesmal schwerer, der eigentliche Versuch selbst belastete ihn immer weniger. Warum das so war, wußte Zenndicyl nicht. Selbst in der unauslotbar großen Datensammlung des neuronischen Netzes er hatte es überprüft - gab es nur spärliche Informationen zu diesem Thema.
    Der Test fiel Zenndicyl leichter, hatte er festgestellt, wenn er in seinem Kopf gewissermaßen das neuronische Netz simulierte. Anstatt sich die filmische Darstellung einer Raumfahrt anzusehen, stellte er sich die entsprechenden Szenen einfach vor. Natürlich waren solche Erlebnisse bei weitem nicht so eindrucksvoll wie im Netz, das technisch unterstützt wurde, aber es war aufregender: Die innere Darstellung wechselte, abhängig von ihm selbst, unaufhörlich, von einer Szene zur anderen. Die Bilder waren unscharf und verschwommen, in ihren Farbwerten nicht einheitlich, Geräusche fehlten mitunter ganz, und sehr oft fehlten ganze Szenenfolgen, weil er abrupt von einem seelischen Gegenstand zum anderen sprang.
    Mal stellte er sich vor, wie er ganz allein sein Raumschiff vor dem Absturz oder einer Explosion bewahrte, während der Kommandant, immer mit dem Netz verbunden, mit seiner Verzweiflung beschäftigt war.
    Dann wieder stellte er sich vor, wie er ausgezeichnet und belobigt wurde, wie er Kontakt aufnahm zur Herrscherin eines großen Sternenreiches,

Weitere Kostenlose Bücher