1892 - Als das Sternlicht erlosch
verantwortungsvolle Position gehoben werden durfte. Er tat nicht nur das, er präsentierte Silkon als Gegen-Seelenhirtin, die so ziemlich alles auf den Kopf stellte, was Siebenton in seinen Ansprachen und auf seinen Reisen predigte.
Sie war sein letztes verzweifeltes Mittel, für seine Niederlage Rache zu nehmen und den Rivalen zu vernichten. Wenn er von der Letzten Schlacht sprach, dann meinte er es auch so.
Der alte, umnachtete Mann residierte mit Silkon und einigen zehntausend Anhängern auf einem Planeten namens Amran, und er wurde wirtschaftlich, finanziell und technologisch unterstützt von einflußreichen Kreisen auf vielen Welten, die in der Abschaffung des Shaogen-Kults in seiner bisherigen Form große Chancen für gute Geschäfte und Gewinne sahen.
Lokhouts Körper war hohl, und sein Geist vom Fanatismus zerfressen. Doch genau dieser Fanatismus machte ihn zu einem strategischen Genie, und Silkon war exakt die Waffe, die er brauchte. Indem er eine Frau als Herausforderer präsentierte, besetzte er eine Position, die Siebenton gerne selbst einmal vertreten hätte, sobald die Zeit dafür reif gewesen wäre. Es wäre eines der größten Reformvorhaben des Seelenhirten gewesen, eines Tages die Diskriminierung der Frauen in der mönchischen Gesellschaft abzuschaffen und Gleichberechtigung herbeizuführen. Doch so weit war er noch lange nicht gewesen.
Lokhout, der vor der Wahl des neuen Seelenhirten kraß die gegenteilige Meinung vertreten hätte, zählte nun all die Vorzüge einer konsequenten Emanzipation auf. Frauen waren kräftiger und spontaner. Frauen entwickelten Ehrgeiz. Frauen konnten mehr und besser arbeiten. Frauen gebaren die Kinder und konnten über die Erziehung mannigfaltigen Einfluß auf die Zukunft ausüben. Lokhout verriet fast alle seiner früheren Positionen, um Silkon aufzubauen und nach vorne zu pushen, und Silkon nahm es dankbar an.
Sie hatte die Intelligenz und den Wissensdurst ihrer Mutter ebenso wie den krankhaften Ehrgeiz ihres Vaters geerbt. Sie hatte keine Kinder und nie eine Beziehung zu einem Mann gehabt. Sie war bei Lokhout aufgewachsen und haßte Siebenton, der sie, wie sie meinte, als Kind verlassen und vergessen hatte, als sich Siebenton nach dem Geschlechtswechsel entschloß, zu den Priestern zu gehen. Silkon war damals gerade vier Jahre alt gewesen.
Als Siebentons andere Tochter darum bat, ihn gegen die Schwester unterstützen zu dürfen, konnte er nicht mehr ablehnen. Er wollte nicht auch sie noch verlieren. Paturch, die ihn vor der Wahl unterstützt hatte, war ebenso klug und engagiert wie Silkon, stand aber loyal zum Shaogen-Sternkult und konnte den Tag kaum erwarten, an dem sie zum Er werden würde. Bis dahin waren es aber noch mindestens 25 Jahre.
„Lokhouts und Silkons Ziel ist es, dich zum Gespött der ganzen Galaxis zu machen", sagte sie an dem Abend, an dem sie zum erstenmal seine Gemächer in der Inversen Wache betreten durfte.
Siebenton hatte, jetzt, da er selbst unter Zugzwang stand, auf die Politik des Gegners reagiert und es zugelassen, daß Frauen sein Allerheiligstes betreten durften. Für Arratax war dies allerdings zu spät gekommen.
Sie war bereits Priesterschüler, nachdem sie ähnlich früh zum Mann geworden war wie Siebenton selbst.
„Silkon läßt sich von ihren Anhängern als Gegenhirtin feiern, und täglich bekommt sie mehr Zulauf", argumentierte Paturch. „Sie fordert dich mit ihren Hetzreden immer wieder aufs neue heraus, und die wenigsten ahnen, wer wirklich dahintersteckt. Lokhout hält sich geschickt im Hintergrund. Die Verblendeten sehen nur die strahlende junge Frau."
„Was soll ich tun, deiner Meinung nach?" fragte der Seelenhirte.
„Sie angreifen", forderte Paturch. „Sie auf ihrem Domizilplaneten mit dem KREUZMOND VON WOLKENORT aufsuchen und all ihre Schiffe, die sie sich zusammengekauft hat, vernichten. Du mußt sie mundtot machen. Ihre Parolen sind die des Traal, schlimmer noch als die der Sekten, die sich nach dem Aussetzen des Sternlichts gebildet hatten und fast alle wieder verschwunden sind. Doch deren eingefleischte Anhänger scharen sich jetzt um Silkon. Du mußt dem ein Ende bereiten."
„Mit Gewalt also?" fragte Siebenton fröstelnd.
Sie überlegte kurz und nickte dann heftig.
„Nur so hast du eine Chance. Die Verzweifelten und Unentschlossenen, die Zweifler und die Suchenden erwarten, daß der Seelenhirte ein Zeichen setzt. Du hast dich niemals versteckt, also warum tust du es jetzt?
Starte mit dem KREUZMOND,
Weitere Kostenlose Bücher