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1892 - Als das Sternlicht erlosch

Titel: 1892 - Als das Sternlicht erlosch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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traten auf und sprachen auf immer größeren, zuerst spontanen und dann organisierten Veranstaltungen. Sie redeten von einer „göttlichen Strafe" und einer Buße, die das Volk tun sollte - ohne diese jedoch schon näher zu definieren. Sie proklamierten ein neues Zeitalter, in dem jeder nun auf sich selbst gestellt und nur sich selbst verantwortlich sei.
    Siebenton konnte es nicht fassen: Das waren bereits genau die Lehren, die der Traal-Gegenkult vertrat!
    Es dauerte nur wenige Wochen, da hatten sich die ersten Sekten um die verschiedenen Agitatoren gebildet, die jeder für sich die reine Wahrheit gefunden zu haben vorgaben. Die Bevölkerung Wolkenorts wandte sich ihnen nur zögernd zu, aber auf anderen Planeten war es schlimmer.
    Siebenton rief die Seelenhirten von Phasenberg und von Toun zu sich, und zum erstenmal seit langer Zeit trafen sich diese drei höchsten Repräsentanten des in die Enge geratenen Glaubens, um zu beraten.
    Doch auch gemeinsam fanden sie kein Mittel gegen die Hoffnungslosigkeit und das sich ausbreitende Sektentum. Am Abend nach ihrer Zusammenkunft sprachen alle drei von einer großen Bühne vor den Toren der Stadt aus zu allen Planeten. Daß sich mehr als eine Million Mönche und Andersartige zu diesem Auftritt zusammenfanden, bewies, daß der Shaogen-Kult immer noch die größte Anhängerschaft besaß.
    Nachdem die beiden anderen Seelenhirten gesprochen hatten, hielt Siebenton eine flammende Rede, von deren Wucht er selbst überrascht war. Er steigerte sich in diese Rede hinein wie in einen Rausch, sah die vielen Gesichter vor sich, die Lichter und hörte nicht auf, bis er sich vollkommen erschöpft hatte. Er sprach, als ginge es hier und jetzt um den Fortbestand der Zivilisation in Shaogen-Himmelreich.
    „Und ich sage euch", appellierte er an die Massen, „es ist eine göttliche Prüfung! Unser Gott hat sich nicht von uns abgewandt. Er will sehen, wie stark euer Glaube ist. Und wenn ihr euch schon nach so kurzer Zeit anderen Propheten zuwendet, dann seid ihr es, die sich von ihm abgewendet haben! Er sieht es, auch ohne das Sternlicht! Gott lebt, und Gott wird über jeden von euch richten, wenn die Zeit gekommen ist. Geht in euch und zeigt Reue! Seid stark im Glauben, er ist die größte Kraft, um die Zeit der Dunkelheit zu überstehen. Denn eines Tages wird das Licht wieder leuchten, und dann werden jene am lautesten schreien, die jetzt ihren Glauben verraten! Kehrt um, ihr Abtrünnigen! Noch ist es nicht zu spät! Kehrt zurück auf den Pfad des einzigen wahren Glaubens, laßt uns die Zeit dieser Prüfung gemeinsam durchstehen. Zusammen schaffen wir es! Getrennt sind wir tatsächlich dem Untergang geweiht! Gottprüft uns, und er wird die Abtrünnigen am Ende strafen und die Standhaften belohnen! Das ist der Sinn dieser Prüfung!"
    Am Ende brach er fast zusammen. Crabach war bei ihm und stützte ihn. Mit der freien Hand winkte er dem Volk zu, das ihn frenetisch feierte. Mit dieser Rede holte Siebenton dem Shaogen-Kult viele derjenigen zurück, die ihn verlassen hatten.
    Aber er konnte das Unheil nur aufhalten, nicht stoppen. Noch einmal erholte sich der Kult - nur um dann um so schneller abzugleiten. Denn Monate und Jahre vergingen, ohne daß sich Siebentons Prophezeiung erfüllte und das Sternlicht wieder schien.
    Brovn, der abgesetzte AußenwächterOberbefehlshaber, schwang sich kurz vor seinem Tod zu Siebentons Gegenspieler auf und wiederholte seine alten Vorwürfe gegen ihn. Er starb mit 350 Jahren, was für einen Mönch ein unglaubliches Alter war. Sein Körper war am Ende nur noch eine kranke, hohle Hülle gewesen, doch eine innere Flamme hatte ihn aufrechterhalten, die Flamme des Fanatismus.
    Und noch ein alter Mann besaß diese Flamme.
    Lokhout hatte ebenfalls die dreihundert Jahre erreicht. Auch er war ein körperliches Wrack, das gepflegt und gestützt werden mußte. Aber sein Haß auf Siebenton war so groß, daß er ihn sich gegen den Tod auflehnen ließ, bis er seine Rache vollziehen konnte. Er selbst war dazu nicht in der Lage. Er war nur derjenige, der von seinem Krankenstuhl aus die Fäden zog.
    Sein Paladin in dem, was er die Letzte Schlacht nannte, war eine Frau. Es war keine andere als Siebentons eigene Tochter Silkon, 84 Jahre alt und genauso fanatisch wie ihr Vater.
     
    *
     
    Es paßte in diese dunklen Jahre, daß Lokhout über alle geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze des Shaogen-Kults hinwegging und mit der uralten Tradition brach, daß nie eine Frau in eine

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