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1894 - Das vergessene Volk

Titel: 1894 - Das vergessene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wirklich nicht. Er paßt sich hervorragend der Umgebung an, versteht alle Taktiken des Anschleichens und Verbergens. Er schlägt plötzlich zu, keiner kann ihm entkommen. Wärme zieht ihn magisch an, obwohl er dann seine Anpassungsfähigkeit verliert und eine auffallende Farbe annimmt.
    Am liebsten überrascht er seine Opfer, wenn sie entspannen oder schlafen. Und nur, wenn sie allein sind. Größere Ansammlungen mag er nicht, vielleicht fürchtet er sich, ich weiß es nicht. Aber er ist ein sehr heimlicher Räuber, der eine ganz spezielle Jagdtechnik entwickelt hat, von der er niemals abweicht.
    Also haben wir vor langer Zeit Zahlenschlösser an unseren Hütten angebracht, damit er sich nicht einfach heimlich hineinschleichen und sein Opfer dann überraschen kann. So verschließen wir unser Heim, wenn wir zu Hause sind und wenn wir es verlassen.
    Glücklicherweise weiß ich nicht, wie der Shh’taterone aussieht, denn ich habe nie einen gesehen. Aber ich weiß, daß es ihn gibt. Welchen Sinn hätten unsere Schlösser denn sonst? Der Marmellore und die anderen Räuber sind bei weitem nicht so gefährlich für uns. Sie meiden unsere Siedlung; wenn überhaupt, greifen sie nur an, wenn sich einer von uns weiter hinauswagt und ohne Begleitung. Es war schon schwierig für uns, überhaupt ein MarmelloreNest zu finden und den Brüter zu überwältigen.
    Jedes Leben existiert hier nur sehr selten; am seltensten kommt sicherlich der Shh’taterone vor.
    Vielleicht hält er auch einen langen Hungerschlaf, wenn er nicht genug Nahrung findet, und erwacht erst, wenn das Wetter günstiger ist.
    Doch jetzt ist er wach, das weiß ich. Wir haben einige Tote gefunden, von denen nur noch eine leere Hülle übriggeblieben ist. Kein normaler Tod kann so eine Entstellung verursachen, nicht über Nacht. Von den Überlieferungen her gibt es für mich keinen Zweifel, daß der Shh’taterone wieder umgeht, zum ersten Mal seit langer Zeit, weil manche ihre Türen nicht mehr verschließen.
    Drei sind schon tot. Wie viele werden noch folgen? Ich muß Prurro davor bewahren, um alles, was mir heilig ist. Irgendwo muß es noch etwas Göttliches geben, es kann nicht sein, daß mit dem Erlöschen des Sternlichts alles erloschen ist - Glauben und Hoffnung, Vertrauen und Verläßlichkeit.
    Prurro glaubt natürlich nicht an diese „Kindermär", denn bis vor kurzem hat sie noch nie von dem Shh’taterone gehört. Sie hat ihre Tür bisher aufgrund ihrer Erziehung verschlossen und nicht, weil sie an den Räuber glaubt.
    „Wenn du nicht weißt, wie er aussieht, warum glaubst du dann trotzdem hartnäckig an ihn?" hat mich Prurro mit der ganzen Weisheit ihrer Jugend gefragt.
    Ich kann sie ja verstehen. Dennoch halte ich an meinem Glauben fest. Doch ich ändere meine Taktik.
    „Prurro, hat es dir bisher geschadet, stets dein Heim verschlossen zu halten?" fragte ich sie ganz nüchtern.
    „Nein."
    „Nun also, warum willst du jetzt damit aufhören?"
    „Weil ich keinen Sinn darin sehe."
    „Warum hast du es dann früher getan?"
    „Aus Gehorsam dir gegenüber und weil ich noch glaubte. Aber das Sternlicht ist erloschen, und ich fühle mich kalt und leer."
    Ich öffnete meine Arme und drückte sie an mich. Ihre Nase, die schon wieder ein Stück gewachsen war, war dabei ein wenig hinderlich. Prurro zitterte, vielleicht weil sie fror. So konnten wir uns wenigstens ein bißchen Schutz und eine Art Wärme geben, die die Technik uns nicht vermitteln kann.
    „So glaub mir doch", sagte ich so sanft wie möglich. „Es gibt den Shh’taterone wirklich. Unsere Vorfahren haben deswegen die Schlösser angebracht, denn sonst hätten sie wirklich keinen Sinn, das ist wahr."
    „Vielleicht ist er ja schon ausgestorben, Vater. Nicht nur wir, auch alle anderen werden immer weniger.
    Die Khukhetan ziehen nur noch in kleinen Gruppen über die Steppe, denn es gibt kaum mehr Grasknoten.
    Kolkenhain ist eine sterbende Welt."
    „Mag sein, Prurro, aber ich will das Risiko nicht eingehen. Es tut uns nicht weh, wenn wir weiterhin vorsichtig sind. Vergiß nicht, die Toten hatten alle ihre Türen nicht verschlossen, im Gegensatz zu uns.
    Versprich mir, daß du deine Tür verschließt, auch wenn du keinen Sinn darin siehst."
    Sie hat mir das Versprechen gegeben.
    Und dem Sternlicht sei Dank auch gehalten.
     
    *
     
    Ich habe Prurros Vorschlag wegen der Tetragonalen mit der Gemeinschaft besprochen, doch bisher haben alle abgelehnt, in den Archiven zu suchen. Sie fürchten sich vor der

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