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1894 - Das vergessene Volk

Titel: 1894 - Das vergessene Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wie alles andere längst geworden ist. Dennoch habe ich das Bedürfnis, vom Vergessenen Volk zu berichten, das zum Untergang verurteilt ist. Das Vergessene Volk sind wir.
    Heute sind Kull, Sedro, Ringan und viele andere gestorben.
    Ich schreibe bewußt gestorben, nicht sie gingen ins Tod-Erleben über. Denn das können wir nicht mehr.
    Sie sind tot.
    (Ich muß eine Pause machen, so sehr ergreift mich das Entsetzen.) Sie sind alle sehr viel jünger gewesen als ich. Ringan hat nicht einmal mehr das göttliche Sternlicht erlebt. Ich empfinde es als blanken Hohn, daß ich als der Älteste immer noch weiter lebe, während meine Artgenossen nacheinander zugrunde gehen.
    Zum Teil sind sie an Schwäche gestorben, aber nicht alle. Sedro und Ringan starben im Kampf gegen den Marmellore. Es ist von vornherein ein aussichtsloser Kampf gewesen, aber sie haben nicht aufgeben wollen.
    Meine Hand zittert immer noch, während ich dies niederschreibe. Fast verläßt mich die Kraft, doch ich darf mich nicht so gehenlassen.
    Es ist eine aberwitzige Ironie, daß wir nicht einmal mehr die technischen Mittel zur Verfügung haben, um solche Aufzeichnungen ohne mühsamen Aufwand zu führen. Aber vieles ist einfach kaputt, und wir können es nicht reparieren. Wir haben noch Glück, daß immerhin die Wärme- und Luftregulierung funktioniert.
    Viele haben sich in ihren Hütten verkrochen und verdämmern den Tag. Sie hoffen auf diese Art und Weise ihren Hunger vergessen zu können.
    Ich alter Narr! Ich verbrauche unnötige Energie mit dem Schreiben. Aber was soll ich sonst tun? Ich habe Angst. Angst, daß es wahrhaftig kein Tod-Erleben mehr für mich gibt, seitdem das Sternlicht erloschen ist. Angst, daß ich dereinst der Letzte meines Volkes sein werde. Mich weiterhin an mein Leben klammere, weil es kein TodErleben mehr gibt. Kann man sich das vorstellen?
    Ich kann es nicht. Ich kann mich erinnern, daß es irgendwo in Himmelreich Völker gibt, die niemals vom Sternlicht durchleuchtet und erfüllt wurden. Sie glauben nicht an ein Tod-Erleben, und sie sind entsprechend aggressiv und grausam. Wird das nun auch aus den Mönchen? Sie sind so viel stärker als wir, voller Lebenskraft. Wir verdämmern nun unsere Tage, doch sie müssen weiterhin für Recht und Ordnung sorgen. Was wird nun aus Shaogen, dem wunderbaren Reich?
    Wir werden einfach dahingehen, uns auflösen ins Nichts. Nachdem unsere Bedeutung schon dahin ist, ist es bis zum endgültigen Vergessen kein großer Schritt mehr. Doch bisher haben wir immer an die Erfüllung des TodErlebens geglaubt ...
    (Nein, ich darf nicht darüber nachdenken, schon gar nicht darüber schreiben. Es ist zu furchtbaff.) Ich weiß nicht genau, was geschehen ist. Das Erlöschen des Shaogen-Sternlichts ist schon mehrere ZehnerZyklen her. Inzwischen hat die Zahl unserer Nachkommenschaft rapide abgenommen. Trotzdem erscheinen mir selbst die wenigen Geburten immer noch wie ein Wunder. Diese Kinder sind natürlich alle sehr schwächlich, von einer unüberwindlichen Trauer durchdrungen, die von uns auf sie übergegangen ist. Sie wissen nicht, welchen Verlust wir erlitten haben, doch sie spüren, daß ihnen etwas sehr Wichtiges, Unerläßliches fehlt. Sie haben keinen starken Lebenswillen mehr, doch die Angst vor dem Nichts ist bei manchen noch größer, weswegen Sedro und Ringan sich auch zum Kampf entschlossen hatten.
    Und ihr Opfer hat auch etwas genutzt, so konnten wir wenigstens das Nest des Marmellore aufspüren.
    Seine Eier helfen uns gerade so über die nächste Zeit hinweg, aber es ist natürlich nicht die richtige Nahrung.
    Zu wenig zum Leben, zum Sterben aber zu viel. Ich weiß wirklich nicht, wie das weitergehen soll. Ich kann erneute Selbstopferungen nicht zulassen, trotzdem brauchen wir Nahrung.
    Früher haben wir uns nicht auf die Suche danach machen müssen ...
     
    *
     
    Es scheint so, daß sich seit Erlöschen des Sternlichts überhaupt niemand mehr an uns erinnert. Wir werden nur noch als das unbedeutendste aller Völker des Himmelreichs im Uralten Archiv bewahrt werden, in irgendeinem verstaubten Winkel, zusammen mit anderen vergessenen Datenspeichern.
    Es ist vermessen genug anzunehmen, daß wir uns überhaupt in diesem Archiv befinden sollen ... aber daran muß ich einfach glauben.
    Wir mögen ein kleines Volk sein, das niemals die Raumfahrt betrieben hat. Aber wir sind nicht dumm, und wir haben das Wissen bewahrt. Wir kennen das Volk der Mönche, auch noch nach der langen Zeit. Wir erinnern uns an

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