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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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darum will ich deinem Gedächtnisse zu Hilfe kommen. Erinnerst du dich jener Neumondnacht vor unserem Aufbruche nach dem Tigris, als wir unsere Reise nach Persien antraten?“
    „Ja.“
    „Da hat, nach Mitternacht sogar, deine Hanneh mit einem Manne, der nicht Hadschi Halef war, eine ziemlich lange Zeit hinter euern Zelten gesteckt.“
    Da warf er beide Arme freudig empor und rief, indem er tief und wie von einer großen Last befreit Atem holte, in frohem Tone aus:
    „Hamdullillah! Da wird mir ja das Herz gleich wieder leicht! O Sihdi, was für eine außerordentliche Bangigkeit hast du in meine Seele gelegt! Es war, als ob mir das ganze Glück meines Lebens zerrissen und zertrümmert werden solle. Hätte ein anderer so zu mir gesprochen wie du, gleich wäre ihm mein Messer in den Leib gefahren, zur Strafe dafür, daß er es wagte, Hanneh, das köstliche Ebenbild der reinen Sonne, mit seinen Verdächtigungen zu beschmutzen. Da du es aber warst, der also sprach, so konnten die Worte, welche mir so tiefen Schmerz bereiteten, doch keine Lüge sein; sie mußten Wahrheit enthalten. Darum fühlte ich mich niedergeschmettert wie ein kleiner Käfer, auf welchen ein großer Berg herabgefallen ist. Nun ich aber höre; daß du jene Nacht vor unserem Aufbruche meinst, ist dieser Berg wieder verschwunden, und der Käfer zappelt lustig weiter, denn ich weiß, daß du selbst der fremde Mann gewesen bist, der damals mit ihr gesprochen hat!“
    „Und das macht dich nicht unglücklich?“
    „Unglücklich? Fällt mir gar nicht ein! Und wenn ich tausend Hannehs hätte, die alle so schön und so unvergleichlich wären, wie diese eine, einzige, dir könnte ich sie alle, alle anvertrauen!“
    „Ich glaube es dir. Aber weißt du, was du mit dieser für mich so ehrenvollen Versicherung getan hast?“
    „Ja.“
    „Nun, was?“
    „Ich habe dir ein ungeheures Lob gespendet, ein geradezu beispielloses Vertrauen erwiesen!“
    „Allerdings; aber zugleich hast du noch etwas anderes getan.“
    „Von diesem etwas anderem habe ich keine Ahnung. Was ist es?“
    „Du hast deine Anklage gegen das Abendland zurückgezogen und dich mit unseren Eisenbahnen einverstanden erklärt.“
    „Ist mir gar nicht in den Sinn gekommen, Sihdi! Eure Eisenbahnen haben es mit mir verdorben, vollständig verdorben. Es fällt mir gar nicht ein, nicht einmal im Traume, mich mit ihnen auszusöhnen!“
    „Du hast es aber doch getan, und zwar nicht im Traume, sondern soeben jetzt, im vollständig wachen Zustande!“
    „Wieso?“
    „Paß auf! Ich frage dich: Du hältst es für verboten, daß Frauen mit anderen Männern im Wagen der Eisenbahn beisammensitzen?“
    „Ja, streng verboten! Davon gehe ich nicht ab!“
    „Du hältst es ferner für verboten, daß Frauen mit anderen Männern, zumal in der Nacht und hinter den Zelten, beisammenstehen?“
    „Eigentlich ja; aber wenn du es bist, so ist es erlaubt.“
    „Warum da?“
    „Weil ich weiß, daß ich sie dir anvertrauen kann.“
    „Gut! Im Wagen der Eisenbahn sitzen unsere Frauen auch nur in der Nähe von Männern, denen wir sie anvertrauen können! Andere Männer würden von den Beamten sofort hinausgeworfen oder gar arretiert und bestraft werden!“
    „Wirklich? Das finde ich allerdings sehr lobenswert!“
    „Wenn aber zum Beispiel du dich in einem solchen Wagen befindest, dann würde jeder Mann seiner Frau oder seiner Tochter erlauben, sich in deine Nähe zu setzen.“
    „Meinst du?“ fragte er geschmeichelt.
    „Ja.“
    „Wirklich?“
    „Ja, denn man sieht dir die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ja gleich beim ersten Blicke an!“
    „Hm! Würde ich auch mit ihr sprechen dürfen?“
    „Sie würde es dir ganz gern erlauben.“
    „Ihr guten Rat geben, wenn sie welchen braucht?“
    „Natürlich!“
    „Ihr sogar helfen, wenn sie meiner Hilfe bedarf?“
    „Gewiß! Das ist grad der große Vorteil, den unsere Frauen und Töchter während der Reise genießen, daß sie von jedem Mitreisenden unterstützt und beschützt werden!“
    „Du, Sihdi, das finde ich reizend, sehr reizend! Du weißt, wie gern ich meine Nebenmenschen beschütze. Es ist das schon bei Männern schön; wie schön muß es da erst bei Frauen sein! Denke dir, wenn ich als Dank ein freundliches Lächeln dafür bekäme!“
    „Das wäre dir gewiß!“
    „Wirklich? Sie würde lächeln?“
    „Aber ja! Wenn du ihr einen freundlichen Dienst erweisest, lächelt sie dich auch freundlich an.“
    „Sihdi, ich bitte dich, von diesem

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