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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Mohammedaner trotz ihres sonstigen Verhaltens zu uns unbedingt tun mußten, doch taten sie es leise, ohne uns ihre Stimmen hören zu lassen, ein Zeichen von Mißachtung, welches wir aber so ruhig hinnahmen, als ob wir es gar nicht bemerkten. Dann ging ich mit Halef zum Zelte seiner Hanneh, um ein Feuer zu machen, zu welchem wir heut unterwegs gelegentlich dürres Gezweig geschnitten hatten. Die ‚lieblichste und wohlschmeckendste unter allen Köchinnen des Erdkreises‘, wie Halef sein Weibchen nannte, wenn von ihrer Kochkunst die Rede war, wollte uns Kaffee kochen und dann in der heißen Asche Kurß tari backen, das ist frisches Brot in kleiner Kuchenform. Wir hatten zum edlen Werke des Kaffeekochens einen Kessel mitgenommen, und die Haddedihn hielten alle ihre auch für heiße Flüssigkeiten haltbaren Lederbecher bereit, um sich ihre Portion des duftigen Getränkes geben zu lassen.
    Als der Wohlgeruch desselben sich vom Feuer aus nach allen Richtungen verbreitete, wurden die Fremden wieder lebendig. Sie hielten eine kurze, leise Beratung, nach welcher der ‚Junge‘ aufstand und zu uns kam.
    „Wir wollen auch Kaffee!“ sagte er, indem er uns ein ja nicht zu kleines Kürbisgefäß hinhielt.
    Er hatte das nicht etwa bittend gesagt, sondern in einem Tone, als ob er nur zu fordern brauche. Halef machte sofort Miene, aufzuspringen und ihn zornig zurechtzuweisen; ich hielt ihn aber am Arm nieder und übernahm die Beantwortung selbst, die sehr kurz und bestimmt klang:
    „Der ist nur für uns.“
    „Für uns auch!“ behauptete der Mensch.
    Ich zuckte die Achsel und sagte nichts weiter; auch Halef schwieg.
    „Bekomme ich welchen?“ fuhr der Unverschämte mich an.
    „Nein, nein, nein, und zum vierten, fünften, zehnten und hundertsten, tausendsten Male nein!“ krachte jetzt der kleine Hadschi los, der seinen Zorn nun nicht länger beherrschen konnte.
    Da drehte sich der Mann scharf auf der Ferse um und ging fort. Seine Leute hatten jedes Wort gehört; sie steckten die Köpfe zusammen. Was sie da sagten, konnte uns sehr gleichgültig sein.
    „Sihdi, meinst du, daß wir uns vor diesen Leuten in acht nehmen müssen?“ fragte Halef.
    „Nein“, antwortete ich; „gar nicht!“
    „Ich auch nicht. Wir sind zweiundfünfzig wohlbewaffnete Männer und sie nur fünf verschmachtete Personen. Trotzdem aber denke ich, daß wir während der Nacht nicht alle schlafen dürfen.“
    „Das ist natürlich auch meine Meinung. Bestimme also von deinen Leuten einige, welche einander bis früh ablösen, um munter zu bleiben!“
    Später, als der Duft des Brotes sich bemerkbar machte, wurde der ‚Junge‘ wieder her zu uns geschickt.
    „Gebt uns auch Brot!“ forderte er in demselben Tone, in welchem er vorhin Kaffee verlangt hatte.
    „Das ist auch nur für uns“, antwortete ich wieder.
    „Wir wollen auch essen!“
    „So eßt das, was ihr habt!“
    Er mußte ohne Respektierung seines Befehles wieder fortgehen, kehrte aber bald mit einem neuen Verlangen zurück:
    „So gebt uns Wasser, einen vollen Schlauch!“
    „Es ist alle geworden.“
    „Ich sehe doch da die Dschirab (Wasserschläuche) liegen!“
    „Die sind nur noch für uns. Was wir übrig hatten, habt ihr schon bekommen.“
    „Kennt ihr die Gesetze und Gebote der Wüste und der Gastfreundschaft so wenig, daß ihr uns sogar das Wasser vorenthaltet, welches wir zu verlangen haben?“
    „Wir kennen alle Gesetze und Gebote, sogar die Vorschriften der Höflichkeit, welche aber euch vollständig unbekannt zu sein scheinen. Und nun mach dich fort von uns, sonst – – –“
    „Sonst fahre ich dir in die Beine, daß du nicht nur gehen, sondern in alle Winde fliegen lernst!“ schrie ihn Halef, mir in die Rede fallend, zornig an. „Wasser, Brot, Kaffee! Vielleicht verlangt dieser Kerl auch noch Kawuara (Kaviar) und eine Istridiar (Auster), die so groß wie eine Tosbadschy afrita (Riesenschildkröte) ist!“
    Der kleine Hadschi hatte nämlich Schildkröten, Austern und Kaviar als Delikatessen kennen gelernt, als er mit mir in Konstantinopel war. Der Mekkaner, wenn er wirklich einer war, drehte sich mit einer stolzen, wegwerfenden Handbewegung um und kehrte zu seinen Angehörigen zurück, welche längere Zeit miteinander berieten. Als sie zu einem Entschluß gekommen waren, stand der Alte auf und kam langsam und trotz seiner sichtlichen Schwäche in einer Haltung herbei, als ob sein hocherhobenes Haupt gewohnt sei, eine Krone zu tragen.
    „Ihr habt meinen Sohn nun

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