Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Dschebel (Berg, Gebirge) Schammar, den sie als Mittelpunkt ihres ausgedehnten Gebietes betrachten. Als Angehörige dieses Stammes hätten wir eigentlich jetzt dorthin reiten sollen, zumal der nächste und auch beste Weg nach Mekka über den Dschebel Schammar führte; aber ich war mit Halef und seinem Sohne dort gewesen; man kannte mich als Christ, und es wäre gar nicht zu verheimlichen gewesen, daß ich auch mit nach Mekka wollte. Das hätte sehr wahrscheinlich nicht nur zu Verdrießlichkeiten, sondern sogar zu ernsten Auftritten Veranlassung gegeben, welche zu vermeiden, wir lieber einen Umweg machen und den Dschebel Schammar gar nicht berühren wollten. Leicht war das freilich nicht, besonders der uns unbekannten Wasserverhältnisse wegen. Fünfzig Mann mit Pferden und Kamelen wollen trinken, und in der arabischen Wüste, die nicht weniger schrecklich als die Sahara ist, kann der Wassermangel leicht verderblich werden. Glücklicherweise hatte ein Krieger vom Beduinenstamme der Beni Harb sich eines Haddedihnmädchens wegen, welches er liebte, aber nicht dazu bewegen konnte, ihm zu seinem Stamme zu folgen, in den ihrigen aufnehmen lassen. Er war ein ernster, gewandter, sehr erfahrener und zuverlässiger junger Mann, der die Gegend, durch welche wir reiten mußten, sehr genau kannte. Dieser behauptete, genug Bijar (Brunnen) und Ujun (Quellen) zu kennen, wo wir Wasser finden würden; er werde unser Führer sein, und wir könnten ihm getrost unser Vertrauen schenken. Wir beschlossen, uns an diese seine Versicherung zu halten, worauf er nicht wenig stolz war, und haben es auch darum nicht zu bereuen gehabt.
    Für Hanneh wurde ein großer Tachterwahn bestimmt, den zwei Kamele zu tragen hatten. Er war sehr geräumig und bequem; sie konnte sitzen oder liegen, wie sie wollte, und sogar auf den Kissen sich ganz ausstrecken. Ein Dach aus bunten, reichgestickten Stoffen bot ihr genügenden Schutz vor den Sonnenstrahlen. Da unser Weg durch die Wüste führte und wir fünfzig Krieger zählten, mußten wir darauf verzichten, diese Leute mit Pferden beritten zu machen, welche täglich trinken müssen. Die Haddedihn sind berühmt wegen ihrer Zucht vortrefflicher Reitkamele; sie besitzen große Herden dieser Tiere, und so konnten wir also eine gute Auswahl treffen. Das Reitkamel wird Hedschihn genannt, während das Lastkamel Dschemal heißt. Die besten Reitkamele sah man früher beim Stamme der Bischari, weshalb sie Bischarin-Hedschihns genannt wurden. Der Plural lautet Hudschuhn. Die Schammar und also auch die Haddedihn sind so klug gewesen, sich dieses vorzügliche Material zu erwerben, und züchten nun Reitkamele, welche denen der Bischari wenigstens gleichkommen, aber meiner Ansicht nach sie sogar übertreffen.
    Also solche Hudschuhn wollten wir reiten. Die mausgrau gefärbten hält man für die besten und ausdauerndsten Renner. Halef suchte deren mehrere für sich und mich und auch als Reserve aus. Außerdem war es uns beiden, aber auch nur uns, keinem andern Haddedihn, gestattet, unsere Pferde mitzunehmen. Der Hadschi behauptete, daß dies zu Repräsentationszwecken notwendig sei. Da er der berühmte Scheik der Haddedihn sei und ich der ebenso berühmte Gelehrte Hadschi Akil Schatir el Maghreb aus dem fernen Wadi Draha, so gehe es gar nicht anders, als daß wir in der heiligen Stadt und deren Umgebung und auch sonst bei wichtigen oder festlichen Gelegenheiten vorzügliche Pferde von reinstem Blute reiten müßten. Sein Rappe hieß Barkh (Blitz) und war ein ganz vorzüglicher Nedjedihengst. Mein Pferd, auch ein Rapphengst, war Assil (Der Edle) Ben Rih, ein gleichwertiger Sohn meines herrlichen Rih, welcher unter mir erschossen wurde. Die Kugel, welche ihn traf, hatte eigentlich meinem Herzen gegolten. Zahllose Briefe meiner Leserinnen und Leser sprechen von den Tränen, welche beim Lesen seines Todes vergossen worden sind. Man braucht sich ihrer nicht zu schämen. Mir selbst werden noch heut die Augen naß, wenn ich an diese traurige, ergreifende Szene denke. Jetzt ritt ich, wie bereits gesagt, Assil, seinen ebenbürtigen Sohn, der mich schon mit hohen Ehren durch ganz Persien getragen hatte und ein hochedles Pferd war, auf welches ich mich in jeder Beziehung verlassen konnte. Er war mir lieber als Halefs Barkh.
    Noch kurz vor unserm Aufbruche konnte Halef den dringenden Bitten seines Sohnes, doch auch für ihn ein Pferd mitzunehmen, nicht mehr widerstehen. Es wurde für ihn die herrliche Schimmelstute Kawamah (Die Schnelle)

Weitere Kostenlose Bücher