1906 - Begegnung auf Curayo
mit deinen Worten zu sagen: Das ist nicht gerade tolkelig!"
„Aber es ist sehr großzügig, dir so weit entgegenzukommen." Norer war fraglos davon überzeugt, ihm ein überzeugendes Angebot gemacht zu haben. „Ich kann den Auftrag nur in meiner Gegenwart erledigen", argumentierte Gucky, „Selbst wenn ich meine Zeit um nur ein Jahr verpassen würde, könnte ich nichts tun. Ich muß punktgenau in meine Gegenwart zurückkehren."
„Mauseohr und Biberschwanz, du verlangst viel", stöhnte der Zeitgänger. „Was ist das für ein Auftrag, den du unbedingt erledigen willst? Wenn du stichhaltige Argumente dafür vorbringen kannst, werde ich es mir überlegen, ob ich dich nicht doch in die Grenzzeit bringen kann."
„Ich kann den Auftrag nicht exakt definieren", gab Gucky zu. „Ich weiß nur, daß mein Freund Icho Tolot und ich ein, Ding namens Jii'Nevever auf Curayo befreien sollen."
„Jii'Nevever? Oh!"
„Du kennst Jii'Nevever?" Gucky hatte ein feines Ohr für die Nuancen der Aussagen seines Gegenübers, und er spürte, wie überrascht Norer war. „Ich habe den Begriff doch schon einmal erwähnt."
„Tatsächlich?" Norer schien überrascht, ging aber leichthin über den Vorwurf hinweg. „Wahrscheinlich habe ich nicht richtig zugehört", behauptete er. „Du weißt, wer oder was Jii'Nevever ist!" bohrte Gucky nach. Er wollte nicht, daß der Zeitgänger wieder auf ein anderes Thema kam. „Allerdings! Es war die Insel der Zeit, von der wir geflüchtet sind", entgegnete sein Begleiter. „Und was war der Grund für deine Panik?"
„Gerade zum Zeitpunkt unserer Ankunft ist die Paradoxzeit entstanden, in der ich später gefangen war", erläuterte Norer. „Verstehst du? Ich war ihr gerade entkommen und wollte nicht noch einmal in diese Falle geraten. Beinahe wäre es passiert. Glücklicherweise konnten wir uns noch rechtzeitig zurückziehen."
Gucky brauchte einige Zeit, um zu erfassen, was geschehen war, und sich in dem Gewirr der Aussagen des Zeitgängers zurechtzufinden. Doch allmählich ging ihm auf, weshalb Norer so panikartig reagiert hatte. „Ich muß in meine Gegenwart zurück", forderte er energisch.
Dabei war er fest entschlossen, nicht lockerzulassen. Er hatte keine andere Wahl, wenn er nicht zu einem Irrläufer der Zeit werden wollte. Norer mußte bis in den Bereich vordringen, der für ihn „Grenzzeit" war, selbst wenn er dabei ein hohes persönliches Risiko einging. „Es ist zu gefährlich", weigerte sich der Zeitgänger. „Mag sein, aber es gibt keine andere Möglichkeit."
Norer überlegte einen Moment, dann erwiderte er: „Ich könnte dich betrügen und dich einfach irgendwo in der Zeit ausklinken, um dich allein zu lassen. Du könntest dich nicht dagegen wehren."
Gucky war sich der Gefahr bewußt. Er war auf Gedeih und Verderb auf Norer und dessen Aufrichtigkeit angewiesen. Ohne ihn konnte er gar nichts ausrichten; er würde sich irgendwo in der Ewigkeit verlieren.
Vielleicht stieß er dort auf Ernst Ellert, den terranischen Teletemporarier, der lange durch die Zeit geirrt war, bevor er zum Boten von ES wurde? „So etwas entspricht nicht deinem Charakter", erklärte er. „Komm jetzt!
Bring mich in meine Gegenwart zurück."
„Vielleicht können wir miteinander handeln", sagte der Zeitgänger. „Ich könnte dich in eine ferne Vergangenheit bringen, in der Jii'Nevever noch nicht in eine Paradoxzeit eingebettet war. Dann könntest du Jii'Nevever warnen und verhindern, daß die Paradoxzeit wirksam wird."
„Du glaubst doch nicht im Ernst, daß ich mich auf so was einlasse?" rief der Ilt. „Wenn ich ein Ereignis, das bereits eingetreten ist, rückgängig mache, tritt erst recht eine Verschärfung der Zeitparadoxa ein, und es wird vermehrt zu unkontrollierbaren negativen Auswirkungen kommen. Das ist dir doch klar. Oder etwa nicht?"
Norer zog buchstäblich den Kopf ein. Er wußte natürlich, daß der Ilt recht hatte und daß ein Chaos, entstehen würde, wenn er seinem Vorschlag folgte. „Also gut", lenkte er enttäuscht ein. „Ich bringe dich zurück in deine Gegenwart. Ich werde es zumindest versuchen."
„Ich danke dir, Norer."
Der Zeitgänger stieß einen Klagelaut aus. „Gerade habe ich mich an dich und deine Gesellschaft gewöhnt, und nun muß ich mich wieder von dir trennen."
„Wenn du Gesellschaft magst, warum schließt du dich dann nicht einem anderen Zeitgänger an?" fragte der Ilt.
Norer ließ einige Augenblicke verstreichen, bevor er antwortete. „Ich verzeihe dir
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