1906 - Begegnung auf Curayo
diese Bemerkung, weil du so gut wie nichts von uns Zeitgängern weißt. Dein Vorschlag war sehr unanständig und hat mich in Verlegenheit gebracht. Wir Zeitgänger sind niemals zusammen - ausgenom men für eine kurze Zeit, wenn wir uns lieben."
Gucky nahm sich vor, auf weitere Vorschläge dieser Art zu verzichten.
Er wußte in der Tat so gut wie nicht von den Zeitgängern, woher sie kamen, wie die Evolution sie hervorgebracht hatte, wie sie zu dem geworden waren, was sie waren, wovon sie lebten, wie sie dachten und fühlten, welche Pläne sie hatten -, falls sie überhaupt welche hatten ,wie lange sie lebten und was der Dinge mehr waren.
Er hatte gerade einen von ihnen kennengelernt und dabei festgestellt, daß er bei allem Sensationshunger nicht gerade der Mutigste war, sich gern am Elend anderer ergötzte, die Liebe und die Zeugung seines Nachwuchses in ein paar Minuten erledigte, ziemlich oberflächlich war und ansonsten so ziemlich alles als „schnorm" empfand.
Doch es gab gewisse Empfindlichkeiten, und es schien besser zu sein, daran nicht zu rühren.
Da er nicht vorhatte, länger als unbedingt nötig mit dem Zeitgänger zusammenzubleiben, drängte er darauf, nun endlich in seine Gegenwart zurückzukehren.
Obwohl Norer sich grundsätzlich bereit erklärt hatte, ihn dorthin zu führen, zierte er sich noch ein wenig, brach schließlich aber mit ihm auf und fädelte sich in eine der leuchtenden Zeitspuren ein.
Es ging in die Zukunft. Annähernd zehntausend Jahre waren zu überwinden. Je schneller er mit dem Zeitgänger an der Zeitspur entlang glitt, desto mehr Bedenken kamen Gucky.
Norer verfügte über keinerlei technische Ausrüstung. Aufgrund seines Aussehens lag nahe, daß er ein - wie auch immer gearteter - energetischer Nebel war. Auszuschließen aber war nicht, daß sein nebulöser Körper von ganz anderer Konsistenz war, sich vielleicht aus Millionen von winzigen Tröpfchen eines Konglomerats von Chemikalien und biologischen Stoffen zusammensetzte, die auf geheimnisvolle Weise miteinander in Verbindung' standen und miteinander kommunizierten.
Wie hatten die Zeitgänger unter diesen Umständen die Intelligenz entwikkeln können, über die sie fraglos verfügten? Wie konnten sie auf den Tag genau jenen Punkt auf der' Zeitspur finden, zu dem sie nach einer Zeitreise von Tausenden von Jahren finden wollten?
Der Ilt spürte, wie sich in ihm etwas verkrampfte.
Konnte er Norer wirklich vertrauen?
Bestand nicht angesichts der Gefahren im Grenzbereich tatsächlich die Möglichkeit, daß er ihn „irgendwo in der Nähe" des Tages oder, gar des Jahres absetzte, zu dem er kommen mußte, um Icho Tolot helfen zu können?
Es ging um den 5. Februar 1290 NGZ, um jenen Tag, an dem er im Feld Müder Zeit gestrandet und an dem er von Icho Tolot getrennt worden war. Zu diesem Tag mußte er zurückkehren, oder die Chance verringerte sich drastisch, daß er den Freund jemals wiederfand.
Gucky beobachtete den Zeitgänger aufmerksam, und er merkte, wie er unruhig und unsicher wurde.
Die Zeitspur, die Norer gewählt hatte, wurde unklar und diffus. Sie zerfaserte sich, und der Zeitgänger stieg aus.
Er landete mit Gucky in jenem Gebiet, in dem er ihn auf dem Feld Müder Zeit aufgelesen hatte, jedoch etwa einen Kilometer davon entfernt. Der Ilt erkannte die Gegend sofort wieder, und er atmete auf.
Doch dann stockte ihm der Atem. Er blickte dorthin, wo der Zeittaucher gelandet und wo er selbst im Zeitfeld gestrandet war.
Von der Raumfähre war überhaupt nichts zu sehen. „Was ist los?" fragte er. „Irgend etwas stimmt jetzt gar nicht."
„Du hast doch gesehen, was mit der Zeitspur war", erwiderte Norer mit schwankender Stimme. „Es ist pykelig, aber nicht zu ändern."
„Du hast gleich einen Pickel obendrauf auf deinem Nebel""drohte der Ilt. „Es sei denn, daß du mir jetzt endlich die Wahrheit sagst. Was ist passiert?"
„Ich mußte aussteigen. Die Zeitspur wurde zu diffus. Wenn ich länger darauf geblieben wäre, hätte es mich alles kosten können, was schnorm für mich ist."
„Ja, ja, das habe ich ja schon kapiert", fuhr Gucky ihn unwirsch an. „Ich will keine Entschuldigungen hören, sondern die Wahrheit. Oder ich mache dir Dampf unter dem Hintern, was auch immer das bei dir bewirken mag. Also?" I. „Wir sind zu früh dran", eröffnete ihm Norer, der zweifellos eingeschüchtert war. „Aber das macht nichts. Du brauchst nur so lange zu warten, bis der, Zeitpunkt, gekommen ist, aus dem du von mir aus
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