1916 - Krieg der Träume
auf den Boden, im Schneidersitz. Seine Untergebenen zögerten, diesem Beispiel zu folgen. Erst als der Gleiter anfuhr, hockten sie sich ebenfalls hin.
So etwas wie Straßen im üblichen Sinne gab es in dieser Hauptstadt nicht; die Wege und Pfade hatten sich offenbar im Laufe der Zeit durch das Hin- und Herlaufen von Millionen Bewohnern herausgebildet. Tifflor konnte die Jandaren sehen, wie sie sich auf diesen Pfaden bewegten. Sie taten es sehr schnell, und bei jedem einzelnen schien die Bewegung auch sehr zielgerichtet zu sein. Niemand hatte eine Gangart eingeschlagen, die man als müßiges Bummeln oder Herumschlendern hätte bezeichnen können.
Aber insgesamt wirkte das Ganze wie ein chaotisches Durchein anderwimmeln. und Tifflor fühlte sich unwillkürlich an das Bild eines Ameisenhaufens erinnert.
Keiner der Jandaren auf der Straße schien von den Besuchern Notiz zu nehmen. Niemand blieb stehen, um die Fremden staunend anzugaffen - was bei den Jandaren für Tifflor wahrscheinlich gar nicht zu erkennen sein würde.
Schließlich konnten sie rundum blicken. Dennoch hatte er den starken Eindruck, als bemerkten ihn die Jandaren gar nicht - oder sie reagierten einfach nicht auf diesen Anblick.
Julian Tifflor deutete auf den großen Berg in der Mitte des Stadtgebietes.
„Lebt dort eure Gebieterin?" fragte er.
„So ist es", bestätigte sein Gesprächspartner. „Die Gebieterin erwartet euch, um eure Unterwerfung anzunehmen."
Sehr diplomatisch war das nicht, fand Julian Tifflor, aber er ersparte sich eine Reaktion. Die Unterredung mit der Herrscherin der Jandaren würde ohnehin jenen Verlauf nehmen, den er im Sinn hatte, und keineswegs so ausfallen, wie sich der Admiral das vorstellte.
Ein schwacher Wind trieb seltsame Düfte über die Oberfläche, harzige Gerüche, betäubende Aromen nach Früchten und Blüten. Wenn die Jandaren Landwirtschaft betrieben, konnten sie sich in Puydor sehr schnell eine führende Stellung auf dem Nahrungsmittelsektor erobern, vorausgesetzt, die Landesfrüchte hielten geschmacklich, was sie an Düften versprachen.
Tifflor nickte sanft. In Augenblicken wie diesen fühlte er wieder einmal, wie segensreich es gewesen war, sich Jii'Nevever, der Träumerin von Puydor, anzuschließen und für sie zu arbeiten. Jii'Nevevers Herrschaft über Puydor mußte sich mittel- und langfristig als ein wahrer Segen für die Galaxis erweisen.
Wo sie herrschte, gab es Harmonie, Zusammenarbeit zu gegenseitigem Nutzen, Frieden und Ruhe. Bei einigen Völkern, die in ihr Reich eingegliedert worden waren, hatten die unaufhörlichen inneren Zwistigkeiten gewissermaßen über Nacht aufgehört; statt dessen waren nunmehr Friede und Sanftmut vorherrschend.
Julian Tifflor war sicher: Einer Galaxis in diesem Kosmos konnte kein besseres, kein glücklicheres Schicksal beschieden sein, als von der Träumerin von Puydor beherrscht zu werden. Wobei der Ausdruck „beherrschen" ohnehin ziemlich absurd war, denn es war kennzeichnend für den Einflußbereich der Träumerin, daß die Lebewesen in diesen Gebieten von sich aus den Nutzen der Jii'Nevever erkannt hatten und aus innerem An trieb danach strebten, genau jenen inneren und äußeren Frieden zu erreichen, der für den Machtbereich kennzeichnend war.
Schon bald würde das auch für das Imperium von Jandahar gelten. Die Jandaren würden aufhören, unterworfene Völker als schlechtbezahlte Dienstboten zu halten oder neue Völker zu knechten. Es gab in den Weiten Puydors genügend Welten, auf denen die Jandaren würden siedeln können. und in einer friedlichen Galaxis, umgeben von befreundeten Völkern, war es nicht mehr nötig, sich ein geschlossenes Machtgebiet zu erobern, das man mit militärischen Mitteln gegen echte oder vermeintliche Angreifer verteidigen konnte.
Die Gleiterkolonne hielt vor dem „Palast" der Herrscherin von Jandar an. Bei der Annäherung konnte Tifflor sehen, daß die Oberfläche dieses Berges sehr sorgfältig geglättet und anschließend mit einem verwirrenden System von Schriftzeichen und Symbolen überzogen worden war. Wahrscheinlich hatte jedes dieser Bilder eine politische, religiöse oder kultische Bedeutung für die Jandaren.
Geleitet von den Jandaren, stiegen die Passagiere des Gleiters aus. Vor ihnen öffnete sich der Zugang zum Palast. Tifflor konnte eine Schar Bewaffneter sehen, die den Eingang absicherten - eine tiefe, nur schwach erleuchtete Höhle, in die er von seinem Gastgeber hineingeführt wurde.
Offenbar hatten die
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