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1936 - Im Para-Bunker

Titel: 1936 - Im Para-Bunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Erstens, der Mensch war noch am Leben, und zweitens hatte er beim Stand der Medizin im dreizehnten Jahrhundert NGZ recht gute Chancen, am Leben zu bleiben und auch wieder gesund zu werden.
    Für Nichtfachleute hatte dieser Anblick noch immer einen Anstrich von Horrorkabinett. Der Mensch war hier reduziert auf ein paar zusammenhängende Stücke Fleisch und Gewebe, das der Funktionstüchtigkeit unterschiedlicher und unverständlicher Apparate ausgeliefert war, gewissermaßen in einem Schwebezustand zwischen Leben und Tod. Wer so etwas sah, hatte meist nur den einen Gedanken: Diesem Zustand möge ein Ende gemacht werden, in der einen oder anderen Art und Weise. Genesung oder Tod - aber bitte keine lange Existenz in diesem technizistischen Zwischenreich.
    Und das, was ich gerade beschrieben hatte, war der Normalzustand, der in diesem besonderen Fall gar nicht mehr zutraf.
    „Dagoberta Hubnyk", erklärte der behandelnde Arzt. Er war noch jung, kaum über fünfzig, und die Verfassung seiner Patientin ging ihm ordentlich an die Nieren.
    Die Frau war zirka .einhundertdreißig Jahre alt, sie war hochgradig adipös - im Klartext: fettleibig - ,hatte strähniges Haar, und häßlich war sie auch noch. Das ging jedenfalls aus den Unterlagen und Abbildungen hervor, die von ihr existierten und die wir eingesehen hatten. Aber solche Dinge hatten in dieser Umgebung keinerlei Bedeutung mehr.
    Vielleicht gehörte Dagoberta Hubnyk zu jenen Personen, die es auch in unserer Zeit noch gab, die niemals den Anschluß an die soziale Mehrheit gefunden hatten. Sie lebte wahrscheinlich am Rande der Gesellschaft, sowohl räumlich als auch sozial - und das war jetzt ebenfalls uninteressant.
    „Die Patientin hatte vor etwas mehr als achtzig Jahren einen schweren Gleiterunfall mit massiven inneren Verletzungen - Leber, Nieren, Milz, Herz, Lungen", wußte der Kollege zu berichten. „Außerdem massive Knochenbrüche ‘vor allem im Brustbereich. Die Organe mußten entfernt und durch Implantate ersetzt werden, desgleichen die Knochen. Dabei wurde damals auf Material zurückgegriffen, in das zur Strukturverbesserung größere Mengen von Metallatomen einbettet worden waren. Und man mußte ihre Schädeldecke komplett aus Metall neu erschaffen und ihr implantieren. Wahrscheinlich hat sie es ausschließlich diesem besonderen Umstand zu verdanken, daß sie noch am Leben ist." Er zögerte. „Wenn man das überhaupt so nennen kann!"
    Ich nickte. „Richtig", sagte ich. „Mikrowellenstrahlung wird von Metall reflektiert. Wie ist ihr Zustand jetzt?"
    „Äußerst kritisch", antwortete der Mediziner gereizt. Ich ahnte: Er hatte Angst, diese Patientin zu verlieren. „Der weitaus größte Teil der Weichteile ist restlos zerstört, auch Teile der inneren Organe und des Gehirns. Es kommt einem Wunder gleich, daß sie immer noch am Leben ist."
    „Werdet ihr sie hinbekommen?"
    Er atmete tief ein und aus.
    „Ich fürchte, nein", sagte er dann leise. „Das Gehirn ist so angegriffen, daß es sich wahrscheinlich nicht mehr erholen wird. Alles andere können wir ersetzen, nach und nach, aber das Gehirn ..."
    Ich konnte ihn. verstehen. Im Notfall war es möglich, aus einigen wenigen guterhaltenen Zellen nach und nach einen kompletten Menschenkörper zu synthetisieren. Woher das Fleisch kam, wie es entstanden und gewachsen war, das spielte keine Rolle, solange es so funktionierte, wie man es erwartete.
    Aber. das Hirn war nicht einfach nur eine Ansammlung von Zellen, die man in der Retorte nachzüchten konnte. Das Hirn war zugleich auch der Datenspeicher des Organismus, der Sitz der Persönlichkeit, der aus dem Haufen Fleisch und Knochen ein lebendes, intelligentes, eigenständiges Wesen machte, ein Individuum.
    Sicher war es möglich, ein Gehirn aus entsprechenden Zellstämmen wachsen zu lassen, und grundsätzlich war dieses Gehirn dann auch im stande, alle wesentlichen Funktionen auszuführen, die von einem menschlichen Gehirn erwartet werden durften: Steuerung des gesamten Organismus, Verarbeitung von ein- und ausgehenden Daten und vieles mehr. Es war schon lange intensiv daran gearbeitet worden, einem solchen Kunsthirn detaillierte Informationen einzupflanzen, die letztlich auf ein vollständiges lebendes Wesen hinausliefen, aber niemals war man bisher damit erfolgreich gewesen, eine Persönlichkeit, deren organische Datengrundlage zerstört War, wieder erfolgreich zu rekonstruieren.
    Unwillkürlich warf ich wieder einen Blick auf das Krankenlager. Vom Körper

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