1938 - Die Farben des Bösen
die richtigen Bahnen hätte lenken können. Seine Fähigkeiten haben ihn zum Supermutanten gemacht, der, bezogen auf seinen inzwischen labilen geistigen Zustand, unkontrollierbar ist.
Letztlich hätte man ihn auch nicht präventiv - und menschenunwürdig einsperren können, denn den Anti-ESPERSchirm hätte doch niemand zu dem damaligen Zeitpunkt eingesetzt. Immerhin gelang es nach wenigen Tagen, Garron damit festzusetzen.
Ich bedaure, was mit ihm geschehen ist, und ich bin voller Entsetzen über seine grausamen Taten. Aber ich kann ihn nicht verdammen, denn ich habe ihn schließlich vor dem Unfall gekannt. Ich hoffe, daß Garron eines Tages lernt, das Ungeheuer in sich zu bändigen und seine Kräfte in positive Bahnen zu lenken.
1.
Grüne Zahlen
(Anfang Juli 1290 NGZ)
Georg Zima war in diesen Tagen zu einem Alptraum für seine Mitarbeiter geworden. Stets auf dem Sprung und in Hektik, aufgrund seiner untersetzten Statur immer rotgesichtig und schwitzend, verlangte er von sich selbst 200 Prozent Einsatz und von seinem Stab natürlich das Dreifache davon. Oder sollte er etwa alles selbst machen? Und wirklich noch mit seinen blutjungen 42 Jahren einen Herzinfarkt bekommen, wie ihm schon mehrfach angedichtet worden war?
„Am besten entlasse ich euch alle!" wetterte er oft abends, wenn sich die letzten Getreuen schlechten Gewissens aus dem Büro schlichen, weil sie zu Hause eine Familie und vielleicht ein klein wenig Privatleben hatten. „Dann habe ich auf einen Schlag den meisten Ärger vom Hals, brauche mich nur noch um die eigentliche Aufgabe zu kümmern und kann abends auch mal die Füße faul auf den Tisch legen!"
Georg Zima war kein schlechter Mensch, ganz im Gegenteil. Er war nur ein absoluter Workaholic. An seine lautstarken Ausbrüche konnte man sich gewöhnen und gutmütig darüber hinwegsehen. An seine hochgeschraubten Ansprüche jedoch mußte man erst einmal herankommen und das gelang nun einmal keinem.
Das weckte in den meisten den Ehrgeiz, es dem „Dicken" einmal richtig zu zeigen, ihn in einem denkwürdigen Augenblick zur Sprachlosigkeit zu verdammen, wenn man endlich einmal besser war als er.
Wenn man ihn von seinem hohen Roß herunterfegte und ihm zeigte, wo sein eigentlicher Platz war.
Ohne Zweifel gaben nur wenige, die sich in diese Höhle des Löwen wagten, schnell wieder auf. Die meisten stellten sich dieser Herausforderung, um ihren Ehrgeiz und ihr Können unter Beweis zu stellen. Jeder sah sich selbst als Profi, als hervorragend talentiert und für den höchsten Posten geeignet an, sonst hätte er diese Chance gar nicht erst bekommen.
Ohne Frage war auch die Bezahlung gut.
Georg war der engste Vertraute Solder Brants und damit die „gute Seele". Ohne ihn ging überhaupt nichts. Er und Solder kannten sich seit den frühen Tagen der Liberalen Einheit, als sie noch eine sehr kleine, wenig bedeutende Partei gewesen war.
Solder war stets der Politiker gewesen; der Mann, der eloquent in der Öffentlichkeit für die Überzeugungen seiner Partei eintrat. Der Mann, der es verstand, andere mit seinen Argumenten zu überzeugen und zu führen. Und der beseelt war von dem Wunsch, für sein Volk zu sprechen und zu sorgen, von der höchsten Position des Staates aus. Dies um so mehr, als er selbst in die Gefangenschaft der Dscherro geraten war.
Georg war von diesem furchtbaren Erlebnis glücklicherweise verschont worden. Er war und blieb der Koordinator im Hintergrund, der dafür sorgte, daß der Parteivorsitzende immer ins rechte Licht gerückt wurde.
Da er bereits als sehr junger Mann großen Ehrgeiz und ein ausgezeichnetes taktisches Gespür besessen hatte, konnte er heute auf eine mehr als zwanzigjährige Karriere zurückblicken. Seine Arbeit ermöglichte ihm eine Menge Kontakte und Zugänge zu Bereichen, von denen die meisten anderen Menschen nicht einmal wußten, daß sie existierten.
Nachdem Joskar Jankinnen mit seiner finanziellen Unterstützung den Umzug in ein großes Bürogebäude an der westlichen Peripherie von Terrania ermöglicht hatte, war der Mitarbeiterstab um einiges gewachsen ebenso wie die Aufgaben. Der Wahltermin lag nicht mehr fern, und bis dahin konnte und mußte noch eine Menge bewegt werden, damit das Ergebnis nach den Wünschen der Partei ausfiel.
So war unter anderem Linda Kordes hinzugekommen. Ihr hatte Georg Zima nach kurzer Zeit die Büroleitung anvertraut, und sie war zu seiner persönlichen Assistentin geworden. Sie war nicht minder engagiert
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