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1938 - Die Farben des Bösen

Titel: 1938 - Die Farben des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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als er, ebenfalls Parteimitglied und von Solder Brant überzeugt. Überprüfungen hatten ergeben, daß sie absolut loyal war.
    Sie war die einzige Person, die in der Frühe noch vor Georg Zima da war.
     
    *
     
    „Guten Morgen", begrüßte sie Georg stets gut gelaunt, hellwach und frühlingshaft frisch. Eine zarte Parfümnote umwehte sie, nicht aufdringlich, aber unverkennbar.
    Georg brachte morgens noch nicht viel heraus. Er war nie ausgeschlafen, schaffte es aber nicht, länger als bis halb sechs im Bett zu bleiben, obwohl er nie vor Mitternacht ins Bett kam.
    Sein Gehirn arbeitete unermüdlich und gönnte seinem Körper nur selten eine Pause. Dementsprechend aß er zu schnell und ungesund und bewegte sich zuwenig. Um stets auf Hochtouren zu laufen, naschte er zwischendrin Süßes, um sich die nötige Energie zu verschaffen.
    Linda, eine absolute Körperästhetin, nahm es still leidend hin und sah ihn selten direkt an. Zwischen ihnen herrschte die stille Übereinkunft, niemals den anderen zu kritisieren und sich nur auf die Arbeit zu konzentrieren.
    Da jeder ein Profi auf seinem Gebiet war, kamen sie prächtig miteinander aus.
    „Mmblmmbl", kam es von Georg zurück, ein Zeichen, daß er ziemlich wach und gut gelaunt war. Sonst sagte er nämlich gar nichts.
    Linda folgte ihm in sein Büro und aktivierte nacheinander die Holos, die - ohne Ton - die Nachrichten der Fernsehsender brachten, Statistiken, neue Marketingstrategien, Werbekonzepte und so weiter.
    „Du weißt es wohl schon?" fuhr sie unterdessen munter fort. „Es ist einfach fantastisch!"
    „Grmrrm", machte Georg. Er beugte sich über einige Akten, öffnete dann eine Arbeitstischschublade, zögerte jedoch, mit der Hand hineinzugreifen. Sein Gesicht nahm einen fast schuldbewußten Ausdruck an.
    Linda drehte sich diskret zur Seite, sah aber natürlich aus dein Augenwinkel, wie er sich hastig ein großes Stück Ferrano-Schokolade in. den Mund schob. Vermutlich hatte er wieder mal keine Zeit fürs Frühstück gehabt. Genüßlich lutschte und kaute er, sein volles Gesicht nahm einen fast entspannten, zufriedenen Ausdruck an. Ein seltener Moment der Ruhe und Harmonie.
    Linda wartete, bis Georg auffällig die Akten umherschob, und beendete ihre scheinbare Konzentration auf die Holos. „Ich kann es gar nicht erwarten, dir die neuesten Zahlen zu, nennen, auch wenn du sie schon kennst."
    „Ich habe nur ein paar Gerüchte in den Frühnachrichten mitbekommen", erwiderte Georg, nun wach und aufmerksam. „Also, leg los!"
    Dies war der wichtigste Moment des Tages: die neuesten Umfrageergebnisse. Nur deshalb kam Linda so früh, denn das wollte sie sich nicht nehmen lassen. Sie mußte als erste die Statistik einsehen und aufbereiten, als erste erfahren, wie es stand, und es dann Georg in der angemessenen Form beibringen.
    Anhand dieser’ Daten wurde der Arbeitstag vorbereitet und alles Erforderliche eingeleitet. Linda konnte entsprechend die Aufgaben delegieren und Georg die Ergebnisse präsentieren.
    „Den neuesten Hochrechnungen nach haben wir einen neuen Höchststand erreicht"; strahlte Linda.
    Sie berührte einige Sensorfelder auf Zimas Schreibtisch, und ein Holo wurde fast vollständig mit einer neongrünen Zahl ausgefüllt: 48 Prozent. Auf dem Schirm daneben wurden erläuternd dazu Grafiken und Zahlen dargestellt, über den Anteil der befragten Bevölkerung, die Schichten, das Alter und andere Einzelpositionen.
    „Das ist erfreulich", sagte Georg langsam.
    Linda starrte ihn verdutzt an, ihre langen Wimpern schlossen sich halb über den violetten Augen. „Mehr hast du dazu nicht zu sagen? Es sind doch nur noch eineinhalb Monate bis zur Wahl, und es ist gar keine Frage, daß Solder die Daschmagan überflügeln wird! Wir sind aus dem roten über den schwarzen Bereich hinaus in den grünen vorgedrungen, was vor Wochen selbst für Solder noch undenkbar schien! Er hatte damals auf schwarze 35 Prozent gesetzt!"
    „Wir sollten uns nicht zu voreilig auf Lorbeeren ausruhen, die wir noch nicht geerntet haben", blieb Georg gelassen. Da er auch derzeit noch manchmal die Reden für Solder schrieb, hatte er genügend solcher Bemerkungen auf Lager, die er sich von den großen Rednern aller Zeiten Terras entlieh.
    „Hä? Lorbeeren?" stieß Linda hervor. Sie bemerkte ein vergnügtes Funkeln in Georgs wasserblauen Augen, war ihm jedoch nicht böse. Dafür schätzte sie ihn zu sehr. Auch wenn er sich manchmal in der herablassenden Rolle gefiel, konnte sie eine Menge von ihm

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