1939 - Auf den Spuren eines Gottes
eines lebenden Wesens nicht ausschließlich durch eine einzige Funktion, sondern durch ein ganzes Bündel von Kräften und Funktionen zustande kommt. Wegen der unabdingbaren Klassifizierung und qualitativen Beurteilung sollten diese Intelligenzfaktoren einzeln erfaßt werden.
Icho Tolot, halutischer Wissenschaftler, in seiner Studie Psychologie galaktischer Völker aus dem Jahr 2638 n. Chr. (terranische Zeitrechnung)
*
„Sie sind wieder da!" Icho Tolot deutete kurz auf die Monitoren, um Tifflor und Gucky auf Smyrnen aufmerksam zu machen.
Die Wesen schwammen wie fünf Meter lange Kalmare durch das Ammoniak-Methan-Gemisch. Sie waren außerordentlich schnell.
„Sie erinnern mich an die Delphine der Erde, die vor dem Bug eines Schiffes durch das Wasser gleiten, um die dabei entstehenden Druckwellen und Wirbel für sich zu nutzen", sagte der Terraner, „und ich frage mich, ob Pezzo-Orr sich nicht gewaltig irrt, wenn er glaubt, daß die Smyrnen auftauchen, um uns den Weg zu zeigen."
„Du könntest recht haben", stimmte der Haluter zu.
Tifflor beobachtete die seltsamen Wesen, die sie nur anhand der Infrarotortung erfassen, jedoch nicht direkt sehen konnten. Daher zeichneten sich auf den Monitoren auch nicht die Gestalten in ihren Farben: ab, wie das menschliche Auge sie sehen würde, sondern nur computergestützte Zeichnungen, die allerdings die exakten Bewegungen, die Konturen und die genaue Position der Wesen angaben.
Erfragte sich, ob die Smyrnen irgend etwas mit jenem rätselhaften Intelligenzwesen zutun hatten, dessen Gedankenimpulse Gucky buchstäblich umgeworfen hatten. Bildeten sie in ihrer Gesamtheit womöglich dieses Wesen? Und wenn es so war, welche Absicht verfolgten sie? Waren sie auf der Jagd nach dem Tronium-Azint, das die Bodengleiter in Containern mitführten?
Oder waren die Smyrnen nur als Tiere einzustufen, die in den Wirbeln und den Druckwellen um die Bodengleiter spielten -vergleichbar den Delphinen?
Er wandte sich an den Mausbiber und stellte ihm die entsprechenden Fragen, doch Gucky zuckte bedauernd mit den Achseln.
„Darauf hätte ich selbst gern eine Antwort", sagte er. „Ich versuche die ganze Zeit über, etwas in dieser Richtung herauszufinden, aber die Störfelder sind so stark, daß ich nichts ausrichte. Ich muß vielmehr vorsichtig sein, damit es bei mir hier oben keinen Kurzschluß gibt."
Er tippte sich mit dem Zeigefinger an den Kopf.
Tifflor nickte verstehend. Er kannte Gucky lange genug, um zu wissen, daß er sich zwar gern nachlässig ausdrückte, aber es in solchen Situationen sehr ernst meinte. Wenn er von einem drohenden „Kurzschluß" sprach, befand sich der Kleine in einer gefährlichen Lage. Er war zweifellos so beeindruckt von der unbekannten Intelligenz, daß er kein Risiko eingehen wollte.
„Vor uns ist etwas", meldete Icho Tolot. „Es könnte eine der Versorgungskuppeln sein."
Sie wandten sich den Monitoren zu, auf denen sich einige bogenförmige Reflexe abzeichneten. Der Bodengleiter Pezzo-Orrs schob sich als erster auf sie zu. Gleichzeitig kamen einige beschwörende Worte des Yamma-Hüters über Funk. Er sprach die von ihm und seiner Sippe verehrte Gottheit an, erflehte ihren Schutz und bat zugleich um deutliche Hinweise auf den Kurs, den sie einschlagen mußten.
„Da ist nichts mehr, womit sich irgend jemand versorgen könnte", erkannte der Haluter.
Mittlerweile hatte er sich der Versorgungskuppel so weit genähert, daß Einzelheiten auszumachen waren. Nur noch einige bogenförmige Träger waren vorhanden. Ansonsten lag der Rest des Depots in Trümmern.
Auf einen Befehl Tifflors spielte die Positronik den Bauplan der Kuppel ein, so daß sie sehen konnten, wie sie ursprünglich ausgesehen, welche Einrichtungen sie enthalten hatte und wie groß die Besatzung der Laienpriester gewesen sein mußte, die hier gelebt hatte.
Der Computer errechnete, daß nur noch acht Prozent der ehemaligen Versorgungsstation vorhanden waren, wobei der bestehende Rest lediglich aus dem unbrauchbarem Gerüst der Kuppel und einigen zerstören Bodeneinrichtungen bestand.
Von der Besatzung lebte ganz offensichtlich niemand mehr.
„Weiter!" hallte die Stimme Pezzo-Orrs aus den Lautsprechern. „Die Besatzung der Station muß schwere Fehler begangen und dadurch alles vernichtet haben!"
„Oder eine andere Macht hat eingegriffen und beseitigt, was ihr nicht gefiel", fügte Icho Tolot mit erstaunlich leiser und einfühlsamer Stimme hinzu.
Der dunkelhäutige Koloß,
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