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194 - Die Hölle der Erkenntnis

194 - Die Hölle der Erkenntnis

Titel: 194 - Die Hölle der Erkenntnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Schwert.
    »Mir scheint, du hast einen brandneuen persönlichen Feind«, sagte Matt, während er seinen Anzug durchs Wasser zog.
    »Den hatte ich schon vorher, doch jetzt sind wenigstens die Fronten klar.«
    Beide machten sich nichts vor: Die Anangu waren zu allem entschlossen, und sie würden bis zum letzten Mann kämpfen, wenn ihr unheimlicher Regent ihnen den Kampf befahl. Doch offensichtlich befahl die ominöse Macht ihnen in diesem Moment Zurückhaltung. Daraus konnte Matt nur einen Schluss ziehen: Der Finder hatte Pläne mit ihm und Rulfan und wollte nicht, dass sie verletzt wurden.
    Er stieg aus dem Teich und wrang das Wasser aus seinen Kleidern. Rulfan drückte ihm Ulros’ Schwert in die Hand und sprang ins Wasser.
    Einer der Anangu deutete auf das Gestell mit den Tüchern und den Kleidern. Matt ging hin, entfaltete eines der Tücher und trocknete sich ab. Die fremden Sachen – lederner Lendenschurz, Hose aus Pflanzenfasern und Felljacke – zog er nicht an. Er wickelte sich das feuchte Tuch um die Lenden.
    Seine eigenen Kleider waren aus einer speziellen Faser gewebt.
    Die Kolonisten auf dem Mars hatten diese Art von Textilien entwickelt. In der zentralaustralischen Nachmittagssonne würden sie rasch trocknen.
    Ulros trat mit fünf Kriegern vor. »Gib uns deinen Stab«, verlangte er. Matt fiel es wie Schuppen von den Augen: Deswegen also hatten sie die Kleider durchwühlt – sie waren auf den Kombacter scharf!
    »Was für einen Stab, Erster Wächter des Uluru? Wovon sprichst du?«
    »Von der schmalen Keule, mit der du Blitze verschleudern kannst!«
    »Ich habe sie nicht mehr.« Matthew Drax hob demonstrativ seine feuchten Kleider an. »Oder hast du ihn irgendwo gesehen?«
    »Wo ist er?«
    Glücklicherweise hatte Rulfan und nicht er selbst den Kombacter im Telepathenlager versteckt, und Matt kannte das Versteck nur vage. Doch auch diesen erleichterten Gedanken musste er irgendwie vor den Hirnschnüfflern verbergen. Also dachte er an Mord. Genauer: an das Gemetzel, das Daagson unter den Schafsleuten angerichtet hatte. Die Wut darüber war noch immer so groß, dass sie alle anderen Emotionen überdeckte. Zusätzlich brachte sie Matt auf einen anderen Gedanken: »Daagson hat mir den Stab gestohlen«, behauptete er.
    »Deswegen wollte ich ja wissen, wo dein Vorgänger steckt«, nahm Rulfan den Faden auf, während er aus dem Wasser stieg. »Mein Freund will seinen Stab nämlich zurückhaben.« Er ging zu dem Gestell und trocknete sich ab.
    »Also, wo steckt Daagson?«, fragte Matt.
    Die Anangu reagierten nicht, sie bohrten auch nicht weiter nach dem Kombacter. Zwei mögliche Schlussfolgerungen zog Matthew daraus: Entweder hatten sie während des kurzen Wortwechsels Rulfans Gedanken belauscht und wussten nun also, wo der Kombacter versteckt war, oder…
    Oder sie können es nicht nachprüfen – was bedeutet, dass Daagson nicht mehr hier am Uluru ist, dachte Matt. Wenn er tot wäre, hätten sie den Kombacter schließlich bei ihm gefunden.
    Rulfan zog die fremden Kleider an und warf sich eine eigenen, nassen über die Schulter. Die Anangu führten die beiden Männer aus der Höhle zurück ins Freie.
    Das Lager der Telepathen war menschenleer. Sie ließen es hinter sich und marschierten zur schmalen Westseite des Uluru.
    Aus den Augenwinkeln registrierte Matt Drax erleichtert, dass kein Wächter ihrer Eskorte zu den Zelten und Hütten lief.
    Genau das aber wäre geschehen, wenn die Anangu das Versteck des Kombacters in Rulfans Gedanken entdeckt hätten.
    Sein Blick begegnete dem des Albinos. Der nickte ihm zu, und in seinen Augen stand so etwas wie Genugtuung. Der Mann aus der Vergangenheit begriff, dass Rulfan dieselbe Beobachtung gemacht hatte und vermutlich dieselbe Schlussfolgerung aus ihr zog.
    Ein paar Minuten später entdeckten sie eine Menschenmenge. Die Leute hockten im dürren Gras einer flachen Kuhle. Je näher sie kamen, desto mehr Menschen sahen sie in den Hängen der Senke. Es waren die Telepathen.
    Warum aber hatten sie sich fast zwei Kilometer weit vom Uluru zurückgezogen? Matt Drax fand keine Erklärung dafür.
    Ein paar verkrüppelte Bäume standen rings um die etwa dreihundert Meter durchmessende Kuhle, irgendeine Eukalyptusart. In dem flach abfallenden Gelände wuchsen Büsche und Sträucher hier und dort. Zwischen ihnen saßen überall Menschen. In der Mitte der fast kreisrunden Senke, an ihrer tiefsten Stelle also, thronte ein quaderförmiger rötlicher Findling von vielleicht drei Meter

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