1946 - Der Fünfte Bote
blassgrünen Schuppen, die darunter zum Vorschein kamen.
Mhogenas mehrfach wiederholte Behauptung, der Fünfte Bote von Thoregon zu sein, schien von einem sechs Zentimeter breiten, schwarzen Armband an seinem rechten Handgelenk bestätigt zu werden. Als leitender Arzt der Wachtruppe am Pilz dom wusste Hennig, dass es sich dabei um ein Passantum handelte, das dem Träger den Zutritt zur Brücke der Unendlichkeit erst ermöglichte. „Ich dachte, wir wollten den Raumanzug abdichten!" warf Wellershoff ein. Güskar Hennig knurrte leise. Das hatten sie vorgehabt, bevor ihnen in vollem Umfang klargeworden war, wie schwer die Verletzungen des Maahks waren. Was nutzte ein dichter Raumanzug, wenn sein Träger tot war? Jetzt kam es nur darauf an, sein Leben zu retten. Man würde schon andere Bekleidung für ihn auftreiben, die ihn vor der Sauerstoffatmosphäre schützte. Bis dahin musste er eben in dem Energiezelt bleiben.
Ein Problem nach dem anderen, dachte Güskar. Der Vielzweck-Tentakel schob eine Injektionsnadel in die blass grüne, fast farblose Haut des Wesens.
Hennig glaubte, ein Zischen zu hören, mit dem das Apsozid verabreicht wurde, aber das war natürlich reine Einbildung. Dann fuhren die Greifarme Paddel aus, die sich an die Brust des Maahks schmiegten. Im nächsten Augenblick zuckte dessen massiger Körper wie unter dem Schlag einer unsichtbaren Faust zusammen und dann ein paar Zentimeter in die Höhe. Der Ton der Überwachungsgeräte blieb gleich, änderte sich auch nicht nach dem dritten Stromstoß. „Keine Reaktion!" meldete der Syntron. „Verdammt", wiederholte sich Güskar. Der Metabolismus eines Maahks war ihm völlig fremd. „Das ist nicht nur ein Eierleger, sondern auch ein Methanatmer ..."
„Dieser Begriff ist insofern irreführend", dozierte der Medo-Syntron in nüchternem Tonfall, „als dass die Maahks in erster Linie Wasserstoff atmen, der im Gegensatz zu Methan im Körper unmittelbar reaktionsfähig ist, also energiebildend. Methan hingegen ist in seinen Reaktionen äußerst energiearm und müsste erst aufgespaltet werden, um Wasserstoff zu bilden. Methan wird von den Maahks bei der Atmung nur in Spuren aufgenommen. Mit ihrer Nahrung führen die Maahks ihrem Stoffwechsel hingegen Stickstoffverbindungen unterschiedlicher Art zu, die als Oxidationsmittel für den eingeatmeten Sauerstoff dienen. Die Zellen der Maahks gewinnen ihre Energie, indem sie aus diesen Stickstoffverbindungen NH- oder NH2-Radikale abspalten, die dann mit dem Wasser zu Ammoniak reagieren.
Ausgeatmet wird dann in erster Linie Ammoniak, das sich bei dem gegebenen Druck und den aktuellen Temperaturen noch nicht verflüssigt."
„Das ist es!" warf Dr. Mock ein. „Wir müssen die Atmosphäre im Energiezelt verändern. Wasserstoffanteil erhöhen, Methan- und Ammoniakanteile senken!" Hennig warf Wellershoff einen finsteren Blick zu. Der Medo-Techniker hatte irgendwo in aller Schnelle in einem syntronischen Speicher nachgesehen und das Atemgemisch für das Energiezelt zusammengestellt. Warum hatte er das nicht überprüft? „Also gut", akzeptierte er den Vorschlag. „So machen wir es. Und dann wieder defibrilieren!"
„Warte!" rief die Medikerin. „Vorher noch einmal hundertfünfzig Milligramm Apsozid."
„Davon rate ich dringend ab", widersprach der Syntron. „Bei dem katastrophalen Allgemeinzustand des Patienten ..."
„Ohne die Injektion schafft er es nicht!" unterbrach Dr. Mock. Güskar Hennig nagte an seiner Unterlippe. Ich habe keine Zeit für lange Überlegungen, dachte er. Ich muss mich sofort entscheiden, sonst stirbt der Patient mir unter den Händen weg. Sonst hole ich ihn nicht mehr zurück, berichtigte er sich. Der Patient war soeben gestorben. „Hundertfünfzig Milligramm, dann defibrilieren", entschied er. „Und reinen Wasserstoff zuführen." Der Medo-Syntron befolgte die Anweisung. Der Körper des Maahks zuckte hoch, dreimal, viermal, fiel so schwer auf die Unterlage zurück, dass sie geradezu erbebte.
Ob die erhöhte Wasserstoffkonzentration dem Metabolismus des Maahks einen Anstoß gegeben hatte, ob es am Apsozid lag oder an beidem, wusste Güskar Hennig nicht zu sagen. Jedenfalls verzeichneten die Überwachungsgeräte wieder einen Puls. Das Schrillen verstummte, wurde durch einen unregelmäßigen Piepston ersetzt. Hennig atmete auf. Zwar war nach der Standardzeit des Solsystems soeben ein neuer Tag angebrochen, doch es war erst ein paar Minuten her, dass der Maahk aus dem Pilzdom getaumelt war,
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