1946 - Der Fünfte Bote
sein Werk vollenden, dachte Hennig. Aber das dürfte nicht so einfach sein. Der Bote war aus dem Pilz dom gekommen, und man benötigte ein Passantum, um ihn oder eins seiner Gegenstücke zu betreten. Ein Ara trat neben Güskar, über zwei Meter groß, hager wie ein Gerippe, feingliedrig. Rote Albinoaugen stellten einen starken Kontrast zu der fast farblosen Haut und den ebensolchen Haaren dar, die man kaum ausmachen konnte. „Ich bin Murx-Voxia", sagte er, „der verantwortliche Chefarzt. Du hast den Patienten behandelt?"
„Ja", bestätigte Güskar. „Herz stillstand. Zweimal je einhundertundfünfzig Milligramm Apsozid. Wir haben ihn defibriliert. Eine Weile sah es so aus, als könnten wir ihn nicht zurückholen. Dann haben wir sein Atemgemisch mit reinem Wasserstoff versetzt. Vielleicht lag es daran." Murx-Voxia nickte. „Begleite mich", sagte er. „Eventuell kannst du mir noch weitere nützliche Informationen geben." Er ging schnellen Schrittes den Korridor entlang.
Güskar Hennig hätte dem Ara am liebsten gesagt, er solle sich an Dr. Mock wenden und möge ihn nach Trokan zurückkehren lassen, doch nachdem die direkte Verantwortung für das Leben des Patienten von seinen Schultern genommen worden war, kehrte ein Rest jener beruflichen Ethik zurück, die er schon verloren geglaubt hatte. Jeder noch so kleine Hinweis konnte über Leben und Tod entscheiden. Er durfte sich seiner Pflicht nicht entziehen. Dennoch ... „Dr. Mock sollte uns ebenfalls begleiten", sagte er. „Sie weiß mehr über Maahks als ich."
„Selbstverständlich:" Ein Wink von Murx-Voxia, und die Agenten machten der Medikerin Platz. Hinter ihnen war der Patient wieder zu Bewusstsein gekommen. „Die kosmische Herausforderung", vernahm Güskar sein krächzendes Interkosmo. „Wir dachten, sie sei schon längst bestanden ... aber sie ist erst jetzt gekommen... wir können uns ihr nicht entziehen..." Murx-Voxia sah Hennig an. „Phantasiert er?" fragte der Ara. Der Arzt von Trokan zuckte mit den Achseln. „Er behauptet, der Fünfte Bote von Thoregon zu sein und dem Volk der Gharrer zu entstammen."
„Das weiß ich bereits", sagte der Chefarzt. „Man hat mich über jedes seiner Worte informiert. Wenn er tatsächlich der Fünfte Bote ist ..." Der galaktische Mediziner verstummte. Er musste auch nicht fortfahren. Güskar Hennig wusste, was er meinte. Dann .lastete auf ihnen eine unvorstellbare Verantwortung, die weit über die bloße Rettung des Lebens eines Schwerverletzten hinausging. „Seid ihr hier für die Behandlung von Maahks eingerichtet?" fragte er. „Unsere Xenoklinik hat den Überfall der Dscherro halbwegs überstanden und wurde inzwischen komplett wiederhergestellt und mit neuester Medo-Technik eingerichtet, wie man sie nicht einmal auf Mimas findet", entgegnete Murx-Voxia. Keineswegs stolz, sondern nüchtern und sachlich. „Die Einlieferung eines sogenannten Methanatmers kam zwar überraschend, stellte aber kein Problem für uns dar."
Abrupt blieb er vor einem Energieschirm stehen, der eine von vier Wänden eines sechs Mal sechs Meter großen Raums bildete. Die drei anderen bestanden aus ganz normalem Synthoplastmaterial. Vier für extreme Umweltbedingungen konstruierte Spezial-Medoroboter warteten hinter dem Schirm auf Anweisungen. Die Agenten schoben das Energiezelt mit Mhogena durch eine Strukturschleuse in den Raum. Das energetische Gebilde erlosch, und die Medoroboter schwebten zum Patienten und befreiten ihn mit Hilfe mechanischer Skalpelle von seinem Raumanzug.
Ungeduldig beobachtete Murx-Voxia ihr Vorgehen. „Wir haben die Isolierstation mit Wasserstoff mit starken Verunreinigungen aus Methan und Ammoniak gefüllt", erklärte er. „Die Schwerkraft im Raum beträgt zwei Komma acht Gravo, die Temperatur siebenundachtzig Grad. Maahks sind zwar zwei Komma neun bis drei Komma eins Gravos gewöhnt, doch wir halten den Wert etwas niedriger, um den Metabolismus des Patienten zu entlasten." Hennig nickte. Er konnte die Medoroboter bei der Arbeit gen au verfolgen. Sowohl Methan als auch Wasserstoff waren farb- und geruchlose Gase. In dieser Mischung waren sie harmlos. Erst in Verbindung mit Sauerstoff reagierten beide explosiv.
Der Syntron leitete die Messergebnisse weiter, die die Instrumente der Medoroboter sammelten. „Der Körper des Patienten weist Schussverletzungen und Verbrennungen auf, das linke Knie ist fast vollständig zerstrahlt worden. Er leidet an einer Sauerstoffvergiftung, wahrscheinlich eine Folge der
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