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196 - Auf der Flucht

196 - Auf der Flucht

Titel: 196 - Auf der Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz und Jana Paradigi
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wirst du erkennen, dass ich der einzig Richtige für dich bin.
    Nach zwei Jahren der Zucht würde er genug Emukus besitzen, um sich der alljährlichen Karawane anzuschließen. Er würde mit den Alten an die Westküste nach Geraald’on reiten, Felle, Milch und Fleisch an die ansässigen Weißen verkaufen, um Kantana mit Stoffen und Schmuckmuscheln zu beschenken. Jeder soll sehen können, dass du mit mir die beste Wahl getroffen hast. »Tschilp! Tschilp!« Strys aufgeregte Rufe rissen Yunupi aus seinen Träumen. Er blickte auf und sah den gefiederten Freund in wildem Zickzackflug heransausen.
    »Was…?« Er stockte, als er den Grund für die Panik des Budgerigars hinter ihm aufziehen sah. Hunderte von Buschfleggen fegten wie ein Gewittersturm über das Feld geradewegs auf Yunupi und Tarr zu!
    »Schnell, zum See! Bei den Bäumen am Ufer finden wir Deckung!«, schrie der Vater.
    Doch Yunupi rührte sich nicht. Er war vor Angst unfähig, auch nur einen Schritt zu tun.
    »Yunupi!« Die Stimme des Vaters mischte sich zwischen Strys Piepsen und dem anschwellenden Surren der Insekten. Fressmonster – erbarmungslos, unersättlich. Und erschreckend schön. Die Chitinpanzer glühten gelb im Licht der Nachmittagssonne. Das durchscheinende Blau der Flügelpaare verschmolz mit dem Azur des Himmels. Die Augen glichen riesigen Trauben aus Tautropfen, in denen sich Millionen kleiner Regenbogen spiegelten.
    Als wären sie aus den Tränen der Regenbogenschlange geformt , dachte Yunupi bewundernd und starrte wie hypnotisiert auf den Pulk der Angreifer.
    »Der Treibstab! Schwing ihn, halt sie damit auf Abstand!« Tarr war umgekehrt, um seinem Sohn beizustehen. Schulter an Schulter blickten sie dem Feind entgegen.
    Als die fliegenden Ungeheuer sie fast erreicht hatten, wachte Yunupi endlich auf. Doch statt den Anweisungen des Vaters zu folgen, ließ er das Treibwerkzeug fallen, sank auf die Knie und wimmerte wie ein Kind.
    »Sohn!« Tarr baute sich schützend über Yunupi auf, schlüpfte mit einer Hand in die geflochtene Schlaufe seines Stocks, riss ihn hoch über den Kopf und wirbelte ihn; mitten hinein in die Masse der Fleggen.
    Das an den dünnen Kanten messerscharfe Holz schnitt pfeifend durch die Leiber der Angreifer. Gelber Schleim spritzte auf Yunupis Körper, Chitinfetzen blieben in seinen verfilzten Zöpfen hängen, Flügel trudelten zu Boden, gefolgt von den noch zappelnden Rümpfen.
    So schnell, wie er gekommen war, drehte der Schwarm wieder ab.
    Anscheinend waren die Fleggen noch nicht hungrig genug, oder sie witterten lohnenswertere Beute.
    Tarr keuchte schwer, sein Arm mit dem Treibstab sank schlaff herab. Ohne ein Wort, ohne seinen Sohn überhaupt eines Blickes zu würdigen, drehte er sich um und machte sich auf den Rückweg.
    Yunupi hob erst den Kopf, als er ein zaghaftes Piepsen hörte. Stry tauchte zwischen den Halmen auf. Dünn und verängstigt hüpfte er heran, flatterte auf Yunupis blutige Schulter und knibbelte seinen Herrn tröstend am Ohr.
    »Du bist wie ich, was, Stry? Du weißt dich zu ducken«, flüsterte Yunupi mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen. In solchen Momenten, wenn er sich als der größte Versager der Welt empfand, dachte er an seine Mutter Sunya. Dann träumte er, dass er von einer Delegation Städter abgeholt, zu Sunya gebracht und gefeiert wurde.
    In diesen Tagträumen war seine Mutter eine angesehene Frau und er ihr lange gesuchtes, von Bestien geraubtes Kind. Sie erschien sogar als Heilige, und er war das bis dahin von allen verkannte Genie – angesehen, bewundert, begehrt.
    Der fresswütige Pulk schwebte als flimmernde Wolke einige hundert Meter entfernt über einer mit Melaleuca-Sträuchern (herzblättriger Honig-Teebaum) bewachsenen Senke. Dann raste er plötzlich los und war bald außer Sicht. Wahrscheinlich haben sie eines der versprengten Emukus erwischt , dachte Yunupi bitter und betrachtete seinen von Wunden übersäten Körper. Auch sein Vater, der inzwischen stehen geblieben war und wartete, ohne sich umzudrehen, hatte deutliche Spuren des Kampfes davongetragen. Ein halbes Dutzend abgerissener Stachel steckten in seinem durch Sonne und Alter faltig gewordenen, erdig braunen Oberkörper, umrahmt von Schrammen und tiefen Einstichen.
    »Wir sollten zurückgehen«, erklang ungeduldig Tarrs Stimme.
    »Das Blut wird sie sonst erneut anlocken.«
    »Wir müssen den anderen davon berichten. Unser Stamm ist nicht mehr sicher in diesem Tal! Und der Yowie…«
    »Der Yowie wird kommen!«

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