1963 - Die Gestalter
nicht Gabrel Gurh war, der sein besonderes Augenmerk auf ihn richtete. Er spürte es an einem eigenartigen Prickeln auf seinem Rücken. Er empfand es, als bohrten sich Tausende von winzigen Eisnadeln in die Haut des jeweiligen Wesens, das er als Wirt gewählt hatte.
Jedesmal wenn sich dieses eigenartige Gefühl einstellte, hatte er mit der Suche nach demjenigen begonnen, der ihn offenbar belauerte, doch stets vergeblich. Fraglos existierte jemand außerhalb der Familie, der ihn beobachtete, aber er gab sich nicht zu erkennen, sondern schien ihn geduldig und ausdauernd zu studieren. Sha Bassa konnte ihn auch nicht identifizieren, nachdem wiederum einige hundert Jahre vergangen waren.
Allmählich ließ die Wachsamkeit der Familie nach, ihr Argwohn schwand, und Sha Bassa konnte damit beginnen, den Boden für seine Aktionen - und für seine Rache an Jorim Azao - zu bereiten. Wichtigste Voraussetzung für alle weiteren Schritte war, dass er es den anderen Gestaltern unmöglich oder doch extrem schwierig für sie machte, ihn zu orten, sobald er in der Welt der Organischen unterwegs war. Selbst wenn sie unmittelbar vor einem Truzenen oder einem Yac-Real standen und mit ihm verhandelten, durften sie nicht merken, dass er diesen übernommen hatte.
Mit der ihm eigenen Geduld arbeitete er an sich, um dieses Ziel zu erreichen, und es war vollkommen uninteressant für ihn, dass darüber wiederum Jahrhunderte verstrichen. Er nutzte jede sich bietende Gelegenheit, um in die Galaxis hinauszugehen, zu lernen und zu trainieren. Nach und nach brachte er es zu einer wahren Meisterschaft bei der Beherrschung der verschiedenen Lebewesen. Seine Kenntnisse über ihre Kultur, ihre Technik und ihre Lebensgewohnheiten, über die politischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge ihres gesellschaftlichen Konstrukts stiegen so weit an, dass er sich buchstäblich in jedem gesellschaftlichen Kreis bewegen konnte, ohne irgendjemandem aufzufallen.
Je weiter er sich perfektionierte, desto näher rückte der Tag, an dem er sich auf Jorim Azao stürzen konnte, um sich an ihm zu rächen. Aber nicht nur an seiner eigenen Ausbildung arbeitete Sha Bassa. Er hielt auch Ausschau nach Krisenherden in Karakhoum. Es galt, eine Falle für Jorim Azao aufzubauen. Es gab viele Möglichkeiten. Eine aber schien ihm besonders vielversprechend zu sein. Sha Bassa konzentrierte sich auf zwei Sonnensysteme, die sehr nah beieinander standen und die eine kosmische Kuriosität darstellten. Einer der Planeten bewegte sich auf einer Bahn um seine Sonne die ihn bis in das benachbarte System hineinbrachte. In regelmäßigen Abständen riss das Band zu der einen Sonne, und er glitt in eine Umlaufbahn um die andere Sonne, um dort für eine Weile zu bleiben und dann zu dem alten System zurückzukehren.
Das allein hätte nicht genügt, um einen Krisenherd zu schaffen, doch der Planet wurde wegen der wertvollen Grundstoffe, die es dort gab, zum Zankapfel zwischen Yac-Real und Truzenen.
„Der Planet driftet ab und wir verlieren alles", sagte der Truzene Prgon. „Aber die stinkenden Echsen sollen ihre helle Freude an den Anlagen haben." Er meinte genau das Gegenteil, denn als er dem Kommando nun den Befehl gab, die Fabrikationsanlagen in den Bergbauschächten des Planeten Yaya-4 mit speziell von der Industrie entwickelten Kristallen zu präparieren, legte er mörderische Waffen. Die Kristalle waren winzig klein und nur mit Hilfe von Spezialgeräten aufzuspüren. In einigen Wochen schon würden die Yac-Real den Planeten in Besitz nehmen. Dann würden sie die Anlagen nutzen, um die wertvollen Grundstoffe abzubauen. Sobald sie dabei mit den Kristallen in Berührung kamen, lösten sich ihre Schutzanzüge auf. Keiner von ihnen würde eine Überlebenschance haben. Prgon verfolgte, wie die Kristalle in den Stollen, den technischen Zentralen und in den Verwaltungstrakten verteilt wurden. Dann befahl er den Rückzug. Als die Kommandoeinheit den Planeten verließ, wich auch Sha Bassa aus Körper und Geist des Truzenen Prgon.
Die Spezialeinheit der Yac-Real stieß völlig überraschend in der Hauptstadt des Planeten Assosso-3 vor. Sie war von der Ortung unbemerkt gelandet, und sie nutzte nun die Dunkelheit und ein ganzes Arsenal von High-Tech-Geräten, um bis ins Zentrum der Stadt zu gelangen. Dort bereiteten die Truzenen für den nächsten Tag ein großes Fest vor. Zehntausende von Besuchern würden sich auf dem Platz vor dem Parlamentsgebäude versammeln, um an dem Fest teilzunehmen.
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