1974 - Hetzjagd am Black Hole
eilen zu können. Vereinzelt vernahm ich das pseudolebendige Muster des künstlichen Bewusstseins von Errantadhur. Irgendwo in ihrem Zentrum lebte ein Errante, den ich nur vage erfassen konnte. Sein Name lautete Wi voTer und mit ihm verbanden die Kosmischen Ingenieure den respektvollen Begriff „der Älteste". Die kilometergroße „Stadt" glich äußerlich sehr jener, in die vor langer Zeit Kytoma unseren alten Freund Alaska Saedelaere geführt hatte. Die Ähnlichkeit war natürlich kein Zufall; immerhin war ein Großteil der errantischen Vorfahren ins Kollektiv der Querionen eingegangen.
Noch jetzt staunte ich über die Zusammenhänge, die in der Langen Überlieferung des Errantischen Almanachs aufgezeigt wurden. Mehrmals hatte ich in den vergangenen Stunden die auf meine Anzug-Minipositronik überspielten Dateien durchgesehen. Aus Ge vaThos eindringlichen Gedanken ging hervor, dass sie brennend dar an interessiert war, mehr über das zu erfahren, was ich zu diesen Geschichtsdaten beisteuern konnte. Immerhin hatte ich vieles hautnah und höchstpersönlich erlebt; Sonneningenieure, Paddler, das Auffinden Tengri Lethos' gemeinsam mit Baar Lun...
Für Augenblicke fühlte ich das verstärkte Pochen des Zellaktivators in der Schulter; das machte mir klar, wie alt ich inzwischen war. Vielleicht ergibt sich ja später die Gelegenheit zu einem angeregten Plausch, dachte ich versonnen. So könnten wir das langweilige Warten überbrücken, bis die Erranten ihre Vorbereitungen abgeschlossen haben...
Zunächst konzentrierte ich mich weiter auf das Schreckliche Dreigestirn. So nannte ich unsere drei Gegner in MATERIA. Nachdem MATERIA fast ES .aufgestöbert hatte, war die zornige Woge Torr Samahos unüberhörbar gewesen. Vor Shabazzas Meister hatte sogar ich beachtlichen Respekt. Ich wusste den Kerl nicht so richtig einzuschätzen. Haupteindruck bei ihm war der einer bedrohlichdüsteren Wolke, hinter der sich offensichtlich ein ziemlich beachtliches paraorientiertes Potential verbarg.
Ganz sicher war ich mir allerdings nicht. Torr Samaho war irgendwie nicht zu fassen, fast so, als befände er sich gar nicht ganz im vertrauten Standarduniversum, sondern auf merkwürdige Weise jenseits davon. Ein aktives Espern seiner Struktur verbot sich von selbst, und so war ich auf die von ihm ausgehenden Impulse angewiesen, die zwangsläufig mehrfachen Verzerrungen unterlagen. In der Hauptsache handelte es sich bei dem Aufgeschnappten um Emotionen wie im Falle seines wirklich gewaltigen Zorns. Ein fast permanenter Eindruck war daneben der von extremer Selbstsicherheit und großem Machtbewusstsein, welcher bei jedem anderen als pure Überheblichkeit hätte ausgelegt werden können.
Bei diesem Burschen jedoch war es eine Selbsteinschätzung, die - dessen war ich mir sicher - voll und ganz der realen Situation entsprach. Egal, wie man es nennen wollte: Shabazzas Meister war objektiv eine wirklich mächtige Persönlichkeit. Vergleichbares hatte ich bislang nur bei dem Kosmokraten-Roboter Laire oder dem Mächtigen Kemoauc erlebt oder bei ES und den anderen Superintelligenzen, mit denen wir es schon zu tun gehabt hatten!
Im Vergleich dazu wirkten die Ausströmungen Shabazzas bei näherer Betrachtung beinahe lächerlich, ja wie aufgeplustert. Von ihm empfing ich seit einiger Zeit verstärkte Impulse, da er sich ziemlich intensiv mit der eigenen Vergangenheit beschäftigte. Derart intensiv sogar, dass es mir vermehrt gelang, ganze Szenen und verbal formulierte Sequenzen aufzuschnappen. Ein leichtes Frösteln befiel mich. Die mitschwingenden Emotionen waren äußerst unangenehm. Der Typ erwies sich als einer der unangenehmsten Art. Lug und Trug waren ihm zweifellos in die Seele gebrannt. Er erschien mir als geborener Intrigant, Lügner und Trickser. Mehr noch - er war ein eiskalter Mörder! Und das, seit...
Ich hielt die Luft an. Plötzlich empfing ich Bilder von im All treibender Asteroiden. Unregelmäßig geformte Felsbrocken, langsam vor sich hin trudelnd. Scheinbar leblos, dennoch verband sich mit ihnen der Eindruck des Lebendigen! Und dann ein einzelner Begriff: Gestalter! Perry hatte davon berichtet. Gestalter - das erste Thoregon-Volk! Kann das denn sein...? fragte ich mich. Shabazzas Aktivitäten bewiesen sehr großes Insiderwissen! Er wusste von den Heliotischen Bollwerken, dem Deltaraum der Baolin-Nda und all diesen Dingen, lange bevor wir darüber informiert wurden. Er hat vor mehr als fünfzig Jahren Tiff und Mike abgefangen
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