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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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abend gesehen«, sagte ich. »Hat kein Wort darüber verloren.«
    »Der Scheißer ist einfach auf und davon, hat Gaz gesagt.«
    »Up, up and away«, sagte Gilman von der Manchester Evening News desinteressiert.
    »Auf geht’s«, flüsterte das neue Gesicht.
    Runde zwei:
    Eine Seitentür geht auf, alles wird still, alles erstarrt.
    DCS George Oldman, ein paar Zivilbullen, ein Streifenpolizist.
    Keine Verwandten.
    Die Bande riecht es, Clare ist tot.
    Die Bande denkt, keine Leiche.
    Die Bande denkt, keine Neuigkeiten.
    Die Bande riecht es, die Story ist tot.
    DCS Oldman schaut mir haßerfüllt direkt in die Augen und forden mich heraus.
    Ich rieche den tollen Duft von Brut, denke an Henry Cooper und seine Werbeauftritte: › SPLASH IT ALL OVER .‹
     
    Die ersten Schauer eines schweren Gewitters.
    Ich krieche westwärts aus Leeds hinaus in Richtung Rochdale, die Notizen auf dem Schoß, den Blick auf die Mauern der düsteren Fabriken und stillgelegten Webereien gerichtet:
    Wahlplakate, Matsch und Kleister.
    Ein Zirkus hier, ein Zirkus dort, heute hier, morgen fort.
    Big Brother is watching you.
    Angst essen Seele auf.
    Ich schaltete mein Philips Pocket Memo ein, spulte während der Fahrt die Pressekonferenz zurück und suchte nach Einzelheiten.
    Es war für alle die reinste Zeitverschwendung gewesen, nur für mich nicht, denn keine Neuigkeiten waren für Edward Dunford, den Gerichtsreporter für Nordengland, der vagen Vermutungen nachging, gute Neuigkeiten.
    Die Sorge wächst natürlich …
    Oldman haue sich an seine Story geklammert: absolut nichts, trotz aller Bemühungen seiner besten Leute.
    Die Öffentlichkeit hatte Hinweise geliefert, auch einige Beobachtungen, doch bisher hatten die besten Leute nichts, worauf sie aufbauen konnten.
    Wir möchten betonen, daß jeder, der über irgendwelche Informationen verfugt, und mögen sie noch so unbedeutend scheinen, dringend das nächste Polizeirevier aufsuchen oder anrufen sollte …
    Dann hatte es eine Reihe von ergebnislosen Fragen und Antworten gegeben.
    Ich hielt den Mund, nicht eine verdammte Silbe.
    Oldman richtete seine Antworten direkt an mich, schaute mich unverwandt an, blinzelte nicht.
    Vielen Dank, meine Herren. Das wäre alles für heute …
    Und als DCS Oldman aufstand, zwinkerte er mir vielsagend zu.
    Gilmans Stimme am Ende der Aufnahme: Was zum Teufel habt ihr beide denn am Laufen?
    Vollgas, Leeds hinter mir, ich stellte das Band ab, Heizung und Radio an und lauschte, wie die Sorge in den Lokalsendern zunahm und die Story auch auf überregionaler Ebene verbreitet wurde.
    Jedes Arschloch wollte zubeißen, aber die Story weigerte sich, zu Boden zu gehen und zu krepieren.
    Ich gab ihnen noch einen weiteren Tag ohne Leiche, bevor die Story auf Seite zwei wanderte; am Freitag würde der einwöchige Jahrestag begangen werden mit einer Rekonstruktion des Tatherganges durch die Polizei, was die Geschichte kurz wieder auf die Titelseite heben würde.
    Und dann war wieder Samstag, Sport auf allen Kanälen.
    Mit einem Arm auf dem Lenkrad schaltete ich das Radio aus und blätterte durch Kathryns säuberlich getippte DIN-A4-Seiten auf meinem Schoß. Ich drückte auf Aufnahme und skandierte vor mich hin:
    »Susan Louise Ridyard. Vermißt seit dem 20. März 1972, zehn Jahre alt. Wurde zuletzt gesehen vor der Holy Trinity Junior and Infants School, Rochdale, 15.55 Uhr.
    Umfangreiche polizeiliche Suchmaßnahmen und landesweite Aufmerksamkeit erbrachten nichts, null, nada. George Oldman führte die Untersuchung, obwohl es sich um einen Fall in Lancashire handelte. Er hatte darum gebeten.«
    Castleford und …?
    Rochdale.
    Verdammter Lügner.
    »Die Untersuchung ist offiziell noch immer nicht eingestellt. Den Eltern geht es soweit gut, es gibt noch zwei weitere Kinder. Sie hängen immer noch im ganzen Land Poster aus. Haben eine Hypothek aufs Haus aufgenommen, um die Kosten dafür zu begleichen.«
    Ich schaltete das Band aus, grinste, dachte, leck mich am Arsch, Barry Gannon, wußte, daß die Ridyards sofort wieder bei ihrer eigenen Geschichte sein würden, wußte, daß ich ihnen keine Neuigkeiten brachte, aber immerhin frische Publicity.
    Ich hielt am Rand von Rochdale neben einer frischgestrichenen roten Telefonzelle.
     
    Eine Viertelstunde später setzte ich rückwärts in die Einfahrt zur Doppelhaushälfte der Ridyards, gelegen in einem ruhigen Viertel von Rochdale.
    Es pißte.
    Mr. Ridyard stand an der Haustür.
    Ich stieg aus und sagte: »Guten Morgen.«
    »Hübsches

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