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1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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hinter dem Schreibtisch. Er mochte solche Stühle nicht. Er war zu alt, um zuzulassen, daß sein Körper plötzlich gedreht oder von unsichtbaren Federn und verborgenen Kugellagern nach oben gedrückt wurde. Er griff in die Tasche und holte das Telegramm heraus, das ihn aus Campo di Fiori nach Mailand gebracht hatte, das Telegramm aus Rom, das besagte, daß die Fontini-Cristis gezeichnet waren.
    Aber gezeichnet wofür? Von wem? Auf wessen Befehl?
    Fragen, die man nicht am Telefon stellen konnte, denn das Telefon war ein Instrument des Staates. Der Staat. Immer der Staat. Sichtbar und unsichtbar. Ein Staat, der beobachtete, einen verfolgte, lauschte, sich in private Angelegenheiten mischte. Der Informant in Rom, der das Telegramm in einfachem Code abgesetzt hatte, würde am Telefon keine Fragen beantworten können.
    Wir haben keine Antwort aus Mailand bekommen und nehmen uns deshalb die Freiheit, an Sie persönlich zu schreiben. Fünf Sendungen mit Kipphebeln für Flugzeugmaschinen defekt. Rom besteht auf sofortigem Ersatz. Wiederhole: sofort. Bitte vor Tagesende telefonisch bestätigen.
    Die Zahl »fünf« bezog sich auf die Fontini-Cristis, weil die Familie aus fünf Männern bestand - einem Vater und vier Söhnen. Alles, was mit dem Wort »Hebel« in Verbindung stand, bedeutete plötzlich eingetretene Gefahr höchsten Grades. Die Wiederholung des Wortes »sofort« sprach für sich selbst: Er durfte keinen Augenblick vergeuden, der Erhalt des Telegramms mußte telefonisch sofort nach Eintreffen in Mailand bestätigt werden. Anschließend würde der Kontakt zu anderen Männern gesucht werden, würde man Strategien überprüfen, Pläne machen. Doch jetzt war es zu spät.
    Das Telegramm war an diesem Nachmittag an Savarone geschickt worden. Vittorio mußte sein Telegramm um elf erhalten haben, und doch hatte sein Sohn weder nach Rom geantwortet noch ihn in Campo di Fiori alarmiert. Das Ende des Tages stand unmittelbar bevor. Zu spät.
    Es war unverzeihlich. Männer riskierten täglich ihr Leben und das Leben ihrer Familien im Kampf gegen Mussolini.
    Es war nicht immer so gewesen, dachte Savarone und starrte die Bürotür an, hoffte, die Sekretärin würde dort mit einer Nachricht über Vittorios augenblicklichen Aufenthaltsort auftauchen. Einmal war alles ganz anders gewesen. Am Anfang hatten die Fontini-Cristis Il Duce unterstützt. Der schwache, unentschlossene König Viktor Emanuel ließ zu, daß Italien starb. Benito Mussolini hatte eine Alternative aufgezeigt. Er war einmal selbst nach Campo di Fiori gekommen, um sich mit dem Patriarchen der Fontini-Cristis zu treffen, hatte ein Bündnis gesucht - so wie Machiavelli einmal auf die gleiche Weise die Unterstützung der Fürsten suchte -, und er war damals lebendig und von Sendungsbewußtsein erfüllt gewesen und erfüllt von einem Versprechen, das ganz Italien galt.
    Das lag sechzehn Jahre zurück, und seit jener Zeit hatte Mussolini nur von seiner eigenen Rhetorik gelebt. Er hatte die Nation ihres Rechtes zum freien Denken beraubt, die Menschen ihrer Freiheit der Wahl. Er hatte die Aristokraten getäuscht - sie ausgenutzt und ihre gemeinsamen Ziele verleugnet. Er hatte das Land in einen völlig nutzlosen Krieg in Afrika gestürzt. Und alles nur zum persönlichen Ruhm dieses Cäsar Maximus. Er hatte die Seele Italiens gestohlen, und Savarone hatte gelobt, ihn aufzuhalten. Fontini-Cristi hatte die »Fürsten« des Nordens gesammelt, und die Revolte nahm lautlos ihren Weg.
    Campo di Fiori war der Versammlungsplatz der Enttäuschten geworden. Die riesigen Ländereien mit ihren Wäldern, Hügeln und Gewässern eigneten sich für die geheimen Konferenzen, die gewöhnlich in der Nacht stattfanden. Aber nicht immer; es gab auch Zusammenkünfte, die Tageslicht erforderten, dann nämlich, wenn jüngere Männer von anderen erfahrenen jüngeren Männern in den Künsten einer neuen, fremdartigen Kriegführung ausgebildet wurden: mit dem Messer, dem Seil, der Kette und dem Haken. Sie hatten sich sogar einen Namen gegeben: Partigiani.
    Die Partisanen. Ein Name, der sich von Nation zu Nation verbreitete. Dies waren die Spiele Italiens, dachte Savarone. »Die Spiele Italiens« war der Name, den sein Sohn ihnen gegeben hatte, ein Spottwort von einem arroganten, eigensüchtigen Aristocratico, der nur sein eigenes Vermögen ernst nahm...
    Nein, das stimmte nicht ganz. Auch die Leitung von Fontini-Cristi nahm Vittorio ernst, solange der Druck des Marktes seinen eigenen Plänen

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