1986 Das Gift (SM)
suchten mit erhöhter Aufmerksamkeit die einzelnen Uferpartien, auch den Luftraum über der bahía und die offene See nach Anzeichen für einen weiteren Gegenschlag ab und kontrollierten den Monitor. Doch am Ufer und auf dem Bildschirm war alles normal. Auch Luftraum und Meer schienen frei zu sein. Sie hatten von Beginn an auch die Möglichkeit erwogen, daß ein U-Boot sich vor die Bucht legen könnte, rechneten jedoch nicht damit. Dann müßte es nämlich aus den USA stammen, und San Diego, der nächstgelegene USMarinestützpunkt, war fast dreitausend Kilometer entfernt. Felix hatte sich gründlich informiert: Die mexikanische Flotte bestand aus zwei Zerstörern, sechs Begleitfregatten, drei Dutzend Korvetten und fast ebenso vielen Wachfahrzeugen, fünf Fluß- und zwei Landungsschiffen, einigen Werkstattfahrzeugen, ein paar Tankern und Schleppern. Dieses bescheidene Kontingent war dann auch noch auf die Marinestützpunkte des Landes verteilt, und das waren nicht weniger als zehn: Tampico, Coatzacoalcos und Ciudad del Carmen auf der atlantischen, Salina Cruz, Lázaro Cárdenas, Acapulco, Mazatlán, Guaymas, La Paz, Ensenada und Puerto Madero auf der pazifischen Seite. Vor der Base Naval – sie hatten es während ihrer zahlreichen Stadtfahrten gesehen – lagen nie mehr als drei Schiffe. Natürlich konnte Felix sich für die Stichhaltigkeit der eingeholten Informationen nicht verbürgen, aber gerade die wichtigste Feststellung, nämlich die, daß zur mexikanischen Flotte kein einziges U-Boot gehörte, hatte er sich mehrfach bestätigen lassen.
Richard zog die Unterwasserscooter an Deck, legte die Taucherausrüstungen dazu, ebenso die Lampen, die mit Leuchtzeichen versehenen Kompasse und die für den Transport des Geldes bestimmten wasserdichten Behälter. Es waren mit Riemen ausgestattete Kunststoffboxen, die man sich um den Leib schnallen oder auch an die Scooter hängen konnte.
Die durch den Tod ihrer Partner überflüssig gewordenen Gegenstände durften nicht an Bord bleiben, denn sollte die FLECHA wider Erwarten aufgebracht werden, während sie sich noch auf dem Weg ans Ufer befanden, würden die Verfolger ihre Schlüsse daraus ziehen.
»Was machen wir damit?« fragte Richard und zeigte auf die nutzlos gewordenen Geräte, die er im Heck zusammengetragen hatte.
Leo senkte das Glas, drehte sich um. »Über Bord damit!« sagte er.
»Und wenn sie nicht untergehen?«
»Was? Bei dem Gewicht? Die Scooter zum Beispiel sind schwer genug.«
»Ja, aber sie sind austariert, haben ein Luftpolster. Gott sei Dank! Sonst würden die Dinger uns beim Tauchen runterziehen.« Richard klopfte mit dem Schraubenzieher gegen einen der metallenen Mäntel.
»Ist doppelwandig.«
»Dann bohr ein paar Löcher rein!«
»Das kostet aber ’ne Menge Zeit.«
»Felix hilft dir dabei. Ich mach’ den Ausguck solange allein.«
Trotzdem dauerte es eine halbe Stunde, die beiden etwa meterlangen, schlanken, mit Steuerung, Propeller, Handgriffen und Schutzklappen versehenen Unterwasserschlitten versenkbar zu machen. Die anderen überflüssigen Geräte banden sie an den Handgriffen der Schlitten fest, und dann hievten sie die schweren Bündel über Bord. Eine Weile hielten sie sich oben; doch bald gluckerte das Wasser in die Scooter hinein und zog sie mitsamt dem vielfältigen Anhang in die Tiefe.
21.15 Uhr.
Felix stand wieder auf seinem Posten.
»Nichts«, sagte Leo. Beide hatten ihre Gläser auf den Hafen gerichtet. Aber die Entfernung war zu groß, und so sahen sie nur ein Gewirr von Lichtern. »Ist auch noch zu früh«, fuhr Leo fort, und dann fragte er Richard: »Hast du wirklich alles vorbereitet? Von dem Moment an, in dem das Boot wieder ablegt, bis zu unserem Eintauchen ins Wasser sollte nicht mehr als eine halbe Stunde vergehen. Schaffen wir das?«
»Easy.«
»Sind die Geldboxen geöffnet, und hast du die Verschlüsse geprüft? Sonst müssen wir womöglich, wenn wir an Land sind, die grünen Lappen erst mal auswringen.«
»Verschlüsse sind überprüft.«
»Sind für jeden vier Boxen da?«
»Ja.«
»Und haben jeweils zwei davon einen Karabinerhaken zum Einhängen in die Handgriffe der Scooter?«
»Haben sie.«
»Und die FLECHA? Ist sie reisefertig?«
»Es ist alles so, wie wir es x-mal durchgesprochen haben.
Der Autopilot ist eingeschaltet und der Timer für den Kurswechsel auch.«
»Und Prinz Heinrich? Hat er Hose und Pullover an und seine Mütze auf dem Kopf?«
Richard lachte. »Ich stell’ ihn doch nicht nackt ans
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