1989 - Countdown für Chearth
an.
„Weiter das Friedenssignal senden, aber sonst nichts tun", ordnete die Kartanin an.
Das Knotenschiff nahm weiter direkten Kurs auf die beiden Kleinraumer.
„Wollen die uns etwa rammen?" fragte der Erste Pilot beunruhigt. „Sollen wir die Schutzschirme aktivieren?"
„Nein", widersprach Dao-Lin. „Wir tun überhaupt nichts."
„Aber wenn..."
„Wir lassen uns nicht provozieren. Wir bleiben in dieser Position und warten ab. Sendet das Signal, aber versucht nicht, Kontakt aufzunehmen. Jeder hier weiß genau, weswegen wir unterwegs sind. Wenn sie etwas von uns wissen wollen, werden sie sich melden."
Aranda Norrands Nervosität nahm zu. Nicht, weil sie Angst um sich hatte. Es ging ihr um die Kartanin. Sie hätte es unter keinen Umständen zugelassen, daß Dao-Lin unter ihrem Kommando in Gefangenschaft geriet oder sogar getötet wurde.
„Gibt es Hinweise auf die Aktivierung ihrer Waffensysteme?"
„Nein, kein Energieanstieg in diesen Bereichen. Vielleicht wollen sie uns wirklich rammen."
Die Maahks verhielten sich ruhig; als relativ gefühlskalte Wesen hatten sie mit dieser Situation sicher kein großes Problem.
Um so mehr aber die Menschen auf der DOLAMO. Die Luft knisterte fast vor Anspannung. Instinktiv bereitete sich jeder innerlich auf einen Kampf vor. Alle Gefechtsstationen waren besetzt, aber weiterhin inaktiv. Es war eine harte Geduldsprobe.
„Wir werden uns verspäten", brummte Murak Tham. „Möglicherweise provozieren sie genau das. Sie wollen uns hinhalten, um den Austausch zu verschieben und unsere Nervenstärke zu erproben. Oder einen Grund für einen Angriff zu haben."
„Alles ist möglich", entgegnete Dao-Lin ruhig. Sie strich glättend über die zarte Flaumbehaarung auf der flachen Katzennase.
Das Knotenschiff nahm mit seinen Ausmaßen inzwischen die gesamte Fläche des Holoschirms ein. Nicht mehr lange, und der Zusammenstoß war unvermeidbar.
Der Syntron erhielt die Anweisung, die Schutzschirme nicht hochzufahren, was nicht leicht durchsetzbar war. Der Bordrechner wies ununterbrochen auf das zu hohe Risiko und die damit verbundenen Gefahren hin; sowie auf seine Programmierung, unter allen Umständen die Besatzung zu schützen. Er bezifferte auch alle paar Augenblicke die hohe Wahrscheinlichkeitsrate, in wenigen Sekunden in tausend Einzelteile zerrissen zu werden, und rüttelte damit zusätzlich an den ohnehin zum Zerreißen angespannten Nerven.
Dao-Lin schwieg. Ihr Blick schien in weite Fernen gerichtet, als wäre sie gar nicht anwesend. Die Lider waren halb über den kristallklaren Augen geschlossen. Ihr Körper verharrte in Ruhestellung, nicht einmal die kurzen, runden Ohren spielten.
Aranda Norrand fiel es schwer, still zu bleiben. Sie wollte sich aber keine Blöße geben. Als Kommandantin wäre es längst ihre Pflicht gewesen, Schiff und Mannschaft zu schützen und etwas zu unternehmen. Aber Dao-Lin hatte die Befehlsgewalt übernommen, und es wäre ihr nie eingefallen, sie in Frage zu stellen.
„Ausweichmanöver", sagte die Kartanin schließlich, aber so leise, daß es Murak Tham fast überhört hätte.
Erleichtert stieß er den angehaltenen Atem aus. Seine Finger flogen über die Kontrollen. Die DOLAMO, gefolgt von dem maahkschen Beiboot, tauchte gerade noch rechtzeitig unter dem sich weiterhin auf Kollisionskurs befindlichen Knotenschiff durch und kehrte auf den ursprünglichen Kurs zurück.
„Halbe Lichtgeschwindigkeit", ordnete Dao-Lin an. „Kurs halten! Die Verzögerung ist nur minimal, wir werden nicht versuchen, die Zeit wieder hereinzuholen."
Sie wurden nicht verfolgt, auch begann kein zweites Schiff ein ähnliches Manöver. Die algiotischen Schiffe hingen still und bedrohlich im Raum, ein riesiges Heer rund um die beiden Kleinraumer herum. Jeden Moment konnten sie das Feuer eröffnen; das Leben konnte in ein paar Sekunden aufhören, ohne daß den Galaktikern bewußt geworden wäre, was mit ihnen geschah.
Aber nichts ereignete sich.
„Was haben die sich dabei gedacht?" knurrte der Erste Pilot wütend. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Dao-Lin regte sich nicht. Sie schien über ganz andere Dinge nachzudenken; der Flug schien sie nicht mehr zu interessieren.
Sie setzte sich in einen freien Sessel, legte die langen, schlanken Beine auf eine Konsole und beobachtete weiter das All draußen.
*
Allmählich wurden die Reihen lichter, die Anzahl der Schiffe geringer. Schließlich zogen sie sich ganz aus dem Gesichtsfeld zurück, und ein
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