1990 - Der Silberwolf
unseren Labors gar nicht herstellen. Es ist zu groß." Die Überlegung, dass folglich die Terraner den Sender bauen müssten, gefiel Rudyr überhaupt nicht. Sicher, Kirk Albado war ihm nicht gerade sympathisch, aber er gönnte ihm den Erfolg mehr als riesenhaften Menschen, die er höchstens vom Hörensagen kannte. „Es ist die einfachste Lösung", machte ihm der Syntron begreiflich. „Eine Verkleinerung würde bedeuten, dass die Emissionen der Sechshundert Gigawatt-Anlage im Potenzenbereich ansteigen. Es müssten zusätzliche Abschirmungen eingebaut werden."
Der Junge richtete sich auf. „Das Ei darf nur einen Meter neunundneunzig dick sein!" Zwei Meter durchmaß die große Ladeluke in der Montagehalle.
Wenn sie das Format nicht schafften, mussten sie den Container beschädigen oder die Arbeiten in der Riesenwelt der Terraner durchführen. Eine teilweise, wenn auch nur vorübergehende Zerstörung des eigenen Lebensraums - damit hätte sich kein Siganese angefreundet. Die bedrückende Umgebung „draußen" war nicht gerade förderlich, wenn es um Kreativität und Präzision ging. „Es erfordert eine Neukonstruktion des Hypersenders", sagte der Syntron überflüssigerweise. Rudyr öffnete eines der mikrokosmischen Speicherfelder mit den mathematischphysikalischen Datenbanken. Er gab zwei Dutzend Anweisungen ein und starrte verbissen auf das Holo-Display. „Das Problem mit der zu schwachen Leistung und den zu hohen Emissionen löst sich von selbst", sagte er begeistert. „Der Sender muss lediglich den Teil des Hyperspektrums mit der natürlichen Paranormalität abdecken. Alle anderen Frequenzen können vernachlässigt werden.
Dadurch sinken die Emissionen beträchtlich. Rechne mir das aus und passe die Konstruktion entsprechend an!"
„Kirk Albado hält es für zu gefährlich, solange die Netze nicht unmittelbar am Subjekt getestet sind. Aus Sicherheitsgründen will er das gesamte UHF-Band abdecken."
„Ich werde ihn vom Gegenteil überzeugen." Der Syntron benötigte für die Neuberechnung des Senders vier Sekunden. Rudyr wusste, dass er in dieser Zeit alle Eventualitäten durchcheckte und die Erfahrungen von bald dreitausend Jahren terranischer Raumfahrt sowie die jahrtausendelangen Vorarbeiten der Arkoniden mit berücksichtigte. Eine alte Positronik hätte dafür mindestens eine halbe Stunde gebraucht. Dank der mikrokosmischen Datenfelder waren diese Zeiten längst vorbei. Stolz erfüllte den Neunzehnjährigen. Seine Arbeit würde wesentlich dazu beitragen, die Algioten aus Chearth zu verjagen. Dann konnte in der Galaxis des Fünften Boten wieder Frieden einkehren.
Lazari erschien unter der Tür und riss ihn aus seinen Gedanken. „Ich soll dich abholen. Wir feiern Weihnachten." Rudyr schlug sich an die Stirn. „Das Fest. Fast hätte ich es vergessen." Hastig folgte er seinem Vater hinüber in das Wohnzimmer. Der Baum leuchtete in gelbem Licht. Bunte Engel tanzten an den Zweigen, und oben auf der Spitze saß ein kristallener Stern und glitzerte in allen Farben des sichtbaren Spektrums. „Frohe Weihnachten, mein Junge." Seine Mutter trat hinter dem Baum hervor. Sie duftete nach Quakom-Nüssen und Lebkuchen. Saidi umarmte ihn - wie lange war das her, dass sie es zum letzten Mal getan hatte? Zwei Jahre? Drei Jahre? „Du wirst deinen Weg gehen wie jeder von uns. Alles Gute für das neue Jahr." Sie drückte ihn an sich, bis er keine Luft mehr bekam. „Danke, Mutter, vielen Dank." Sie verteilte die Geschenke, die um den Topf des geschmückten Mikro-Bonsai herumlagen. In der Hauptsache handelte es sich um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, die in einem Schiff fern der Heimat kaum zu bekommen waren. Alles, was sich in den Monaten seit dem Abflug von Camelot an Sehnsüchten aufgestaut hatte, schien sich jetzt in diesen kleinen Aufmerksamkeiten zu manifestieren. „Es... es ... tut mir leid", brach es aus Rudyr hervor. Er stand mit leeren Händen da und hatte rein gar nichts, was er seinen Eltern schenken konnte. „Bleib, wie du bist!" sagte Lazari leise. „Ein liebevoller und aufmerksamer Sohn. Damit machst du uns beiden das größte Geschenk, das es geben kann." Und nach einem fragenden Blick auf Saidi fuhr er fort: „Geh jetzt hinaus vor die Wohnung! Dort wartet unser eigentliches Geschenk auf dich, mein..."
Rudyr überlegte krampfhaft, wovon sein Vater sprechen mochte. Er hörte am Tonfall, dass es etwas Bedeutendes sein musste. Übergangslos schienen seine Schuhe am Boden festzukleben. Er gab
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