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1991 - Mhogenas Entscheidung

Titel: 1991 - Mhogenas Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Ruhe noch Kraft, vereinigt mich nicht mit der Schöpfung.
    Vielmehr scheint er mich zu verhöhnen. Er verstärkt meinen Schmerz. Den Ekel vor mir selbst. Er hält mir ein Zerrbild vor.
    In einem Bergsee, vielleicht zweihundert Meter unter mir, spiegelt sich meine Gestalt. Obwohl er geschützt in einer Mulde liegt, die der Wind nicht erreichen kann, und die Wasseroberfläche völlig glatt ist, kommt mir mein Spiegelbild entstellt vor, gestaucht und im nächsten Augenblick wieder in die Länge gezogen. Genau wie die Wolken am Himmel.
    Es ist mir so fremd, daß ich mich selbst nicht erkenne. Wüßte ich nicht, daß ich der einzige Zweibeiner auf diesem Planeten bin, würde ich glauben, einem völlig exotischen Wesen gegenüberzustehen.
    Ich frage mich, was geschehen würde, wenn ich meinen Raumanzug einfach öffnete. Sauerstoff würde in meine Atmungsorgane eindringen, dann in die Bronchien, die sich zu einer Unzahl kleiner Lungenschläuche verästeln. Und schließlich in das schwammartige Organ, das sie zusammen mit der verdickten Wand des Magen-Darm-Trakts bilden. In die elastischen, von einer Muskelschicht umhüllten Blasen am Ende der Schläuche, die den Ein- und Ausstrom der Atemgase regeln.
    Normalerweise wird der Wasserstoff, den ich einatme, in diesem Schwammorgan mit Bestandteilen meiner Nahrung zur Reaktion gebracht. Er läßt sich nicht reversibel und locker an ein Trägermolekül binden. Sauerstoff ist völlig anders, viel aggressiver. Er würde sofort reagieren.
    Wie würde sich eine Sauerstoffvergiftung also bemerkbar machen? Werde ich langsam erstikken, wird mir schwarz vor den vier Augen, werde ich müde ins ewige Vergessen fallen? Oder wird die Reaktion des Sauerstoffs reinigendes Feuer durch meine Bronchien schicken, das sich dann in meine Leibeshöhle frißt, in die Arme, die Beine und den Kopf und meine Welt in einem flammenden Fanal auslöscht?
    Vielleicht wäre es einfacher, einen einzigen Schritt zu tun, der mich über die Steilklippe trägt. Mein Körper würde zweihundert Meter tief fallen und dann am Ufer des Sees aufschlagen. Einen Sturz aus dieser Höhe kann ich nicht überleben.
    Vielleicht wird mein ganzes Leben an meinem inneren Auge vorbeiziehen. Ich würde Chethona und Ravet wiedersehen, Phisagon und Botagho. Sie würden ein letztes Mal zu mir sprechen, mir die Geheimnisse enthüllen, die mir bislang verborgen geblieben sind. Oder mein Schattenbruder würde sich noch einmal melden und mir das Rätsel seiner Existenz enthüllen.
    Aber nein. Wenn mein ganzes Leben an mir vorbeizieht, dann auch die Ereignisse der letzten Tage. Ich würde gern sterben, ohne in meinen letzten Augenblicken daran erinnert zu werden.
    Aus dem See tief unter mir lodern plötzlich rote Flammen auf. Kalte rote Flammen.
    Ich schließe die Augen, und als ich sie wieder öffne, hat das Trugbild sich aufgelöst. Es war eine Vorspiegelung meines Unterbewußtseins, das mir damit sagen wollte, daß ich mich ewig an diese Geschehnisse erinnern werde.
    Ich bin Mhogena, ein Gharrer. Wie alle meines Volkes habe ich mich dem Frieden verschrieben. Meine Berufung zum Meister des Grauen Sandes und Fünften Boten von Thoregon hat mir eine höhere Verantwortung auferlegt als jedem anderen meiner Artgenossen.
    Und doch bin ich der schrecklichste Massenmörder, den die Galaxis Chearth in den letzten fünfzigtausend Jahren gesehen hat.
    Ich muß mich entscheiden, ob ich einfach springen oder den Helm des Raumanzugs öffnen soll.
     
     
     
    1.
     
    Atlan: Bei den Hügeln
    19. April 1291 NGZ
     
    „Nein", sagte Mhogena nachdrücklich.
    So zurückhaltend und sanftmütig der Fünfte Bote normalerweise war, so energisch wirkte er nun. „Ich halte das nach wie vor für den völlig falschen Weg."
    Er ist der stärkste Psi-Reflektor seines Volkes, mahnte mein Logiksektor zur Vorsicht. Er scheint über Fähigkeiten zu verfügen, die die anderen Gharrer nicht haben. Oder die die der anderen zumindest übersteigen. Jedenfalls schweigt er sich darüber aus, wie über so vieles, was die Gharrer, ihre paranormalen Begabungen und ihre Tätigkeit für die Koalition Thoregon betrifft.
    Befürchtest du etwa, er weiß, daß wir ihm nicht die ganze Wahrheit sagen?
    Der Extrasinn lachte spöttisch auf. Welch ein wunderbarer Euphemismus! Wir verschweigen ihm nicht einen Teil der Wahrheit, wir belügen und täuschen ihn.
    Im Interesse eines größeren Ganzen! Und ich habe selbst die größten moralischen Bedenken deswegen.
    Der Extrasinn erwiderte

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