1994 - Der letzte General
steuern konnte. An ihm vorbeizukommen war unmöglich. Sicher gab es darüber hin- aus eine Reihe syntronischer Sicherungen. Katie Joanne verließ den Pressebereich. Wenig später folgte sie einem langen Gang bis in eine Kantine für Angestellte des HQ-Hanse. In dem kreisrunden Raum herrschte lebhaftes Treiben. Die meisten Tische waren besetzt, und die Männer und Frauen, die für eine Weile Entspannung von der Arbeit suchten, unterhielten sich angeregt miteinander. Katie Joanne schnappte ein paar Bemerkungen auf. Es ging wie kaum anders zu erwarten war - um die Schwierigkeiten, die Paola Daschmagan mit Zorn Jynthasso hatte. Sie. verließ die Kantine auf der gegenüberliegenden Seite, schritt einen kurzen Gang entlang und kam dann an einen Verteiler, in dessen Mitte sich ein Schacht befand, der weit in die Tiefe führte. Er wurde durch ein reich verziertes Geländer. abgeschirmt, an dem Blumen aus allen Teilen der Erde hingen. Die Journalistin trat an das Geländer heran und blickte nach unten.
Vier Stockwerke tiefer machte sie das Holo einer Hinweistafel aus, die den Weg zum Alphazentrum anzeigte. Zugleich entdeckte sie aber auch die winzigen Sensoren an den Wänden, die den Schacht überwachten. Sie holte ein kleines Messgerät aus der Tasche und fand bestätigt, was sie bereits vermutet hatte. Die Sensoren reagierten auf eine veränderte Schwerkraft. Mit Hilfe ihres Gravo-Paks konnte sie sich also nicht in den Schacht sinken lassen, weil sie damit sofort einen Alarm ausgelöst hätte.
Katie grinste. Ob die Technokraten an menschliche Körperkraft gedacht haben? überlegte sie. Die Journalistin blickte sich sichernd um. Als sie feststellte, dass sie allein war, schlang sie ein millimeterdünnes Glasfaserband an die Brüstung. Mit geschicktem Schwung schnellte sie sich über das Geländer hinweg und ließ sich fallen. Sie stürzte in die Tiefe, und sie spürte, wie das Glasfaserband rasend schnell durch ihren Gürtel lief, sich dicht über dem Alphaholo spannte und sie dann abfing.
Sie packte das Geländer an der Seite des Schachts und zog sich hinüber. Dann löste sie das Band von ihrem Gürtel und setzte es einem elektrischen Impuls aus. Ein kaum sichtbarer Funke glitt an dem Band in die Höhe und löste es auf. Ein wenig Staub rieselte herab und wurde von den automatischen Anlagen abgesaugt. Katie Joanne hielt sich nicht unnötig auf, sondern lief in den Gang hinein, wobei sie den Alphahinweisen folgte.
Sie War erst ein paar Schritte weit gekommen, als sich eine Tür öffnete und eine Gruppe junger Männer und Frauen auf den Gang heraustrat. Es waren Regierungsmitarbeiter die heftig miteinander diskutieren. Man war sich nicht einig darüber, wer Nachfolger der getöteten Jasmin Garque werden sollte.
Die meisten waren nervös und gereizt. Wegen der ungeheuren Bedrohung aus dem All standen alle unter besonderer Anspannung. Die Journalistin nutzte die Gelegenheit und schloss sich der Gruppe an, um mit ihr bis ins Herz der Anlage vorzudringen. Niemand beachtete sie. Allen schien selbstverständlich, dass sie dabei war. Wer sich in diesem Teil des HQ-Hanse frei bewegte, musste wohl Mitarbeiter sein und ein Recht dazu haben.
Katie Joanne wunderte sich selbst über diese Denkweise. Aber vielleicht waren die Menschen durch die WAVE-Bedrohung auch zu sehr aufgeregt und abgelenkt.
Immerhin nutzte ihr die Aufregung, so dass sie auch von jenen Menschen nicht erkannt wurde, die ihre Sol Tel Sendungen kannten. Als sie einen größeren Gang erreichte, wurde es noch leichter, denn auf ihm eilten zahlreiche Männer und Frauen in großer Hektik hin und her. Eine Lautsprecherstimme verkündete, dass die Kosmische Fabrik sich der Erde immer weiter genähert habe. Bald müsse der kritische Punkt erreicht sein, an dem die Wachflotte des Solsystems den Abwehrkampf eröffnen werde. Sie wollte nicht übertreiben und nicht länger bei der Gruppe bleiben als unbedingt nötig. Deshalb bog sie in einen Seitengang ab und suchte eine Toilette auf. Als sie danach auf den Gang hinaustrat, konnte sie sich in einer anderen Gruppe bewegen und unauffällig weiter in das Herz der Anlage vor dringen. Als sie sich einem Sicherheitsschott näherte, stellte sich ein Mann aus der Gruppe vor das Syntronauge, um sich zu identifizieren, und das Schott öffnete sich. Katie Joanne schlüpfte mit hindurch.
Dann aber entdeckte sie Cohan Oghill, der ihr entgegenkam. Den kleinen, gebeugt gehenden Mann mit der meist gewichtig gerunzelten Stirn hatte sie
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