1994 - Der letzte General
auf die Erde fort. Unbeirrt und mit gleichbleibender Geschwindigkeit. Eine riesige, fliegende Festung, deren Armierung alles übertraf, was die Menschen dieser Zeit bisher kennengelernt hatten.
Während die meisten Reporter und Journalisten wild durcheinander redeten, konnte Katie Joanne sich nicht mehr auf den Beinen halten. Sie wollte stehen bleiben, doch die Beine gaben unter ihr nach. Sie fing sich mit den Armen an den Lehnen eines Sessels ab und ließ sich hineinsinken, um nicht auf den Boden zu fallen. Derartiges hatte sie zuvor noch nie erlebt. Es überraschte und verunsicherte sie, weil sie bis zu diesem Zeitpunkt sicher gewesen war, dass ihr so etwas nicht passieren konnte. Sie dachte daran, mit welcher Hartnäckigkeit sie versucht hatte, Jasmin Garque umzustimmen, um doch noch die Erlaubnis zu erhalten, den Flug der URSUS mitzumachen.
Hätte die Terranische Rätin für Verteidigung nachgegeben ... Alles in der Journalistin sträubte sich dagegen, diese Vorstellung. zu Ende zu denken.
Das Bild des explodierenden Raumschiffes wollte nicht weichen. Sie sah es vor sich, als ob es sich immer noch im Holo abzeichnete. Das änderte sich auch nicht, als sie die Augen schloss. Eine eigentümliche Kälte lähmte ihren Rücken. Sie merkte, dass einer der anderen Journalisten sie ansprach, doch sie verstand ihn nicht. Verwirrt blickte sie zu ihm auf. „Was ist?" fragte sie, fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht, rich tete sich auf und schüttelte die Gedanken ab, die ihr durch den Kopf gegangen waren. „Warst du nicht enttäuscht, weil Jasmin Garque dich nicht mitgenommen hat auf diesem Flug?" Die Frage klang neugierig, nicht spöttisch. Katie kannte den Mann schon lange. Er arbeitete für einen anderen Sender als sie, war jedoch bei weitem nicht so erfolgreich wie sie. Während sie stets versucht hatte, in die vorderste Front vorzudringen, um aktuell von dort zu berichten, war er meist in Deckung gegangen, wenn es gefährlich wurde.
Sie wollte den Brennpunkten des Geschehens möglichst nahe sein. So war es auch bei Jasmin Garque gewesen. Im Nachhinein fragte sich Katie, wo ihr klares Urteilsvermögen gewesen war, als sie sich bemüht hatte, einen Platz an Bord der URSUS zu bekommen. „Unwichtig", wehrte sie ihn ab und weigerte sich zugleich, ihm einen Ein. blick in ihre Gefühle zu geben. „Es geht los. Nach diesem erneuten Schlag gegen uns wird Zorn Jynthasso nicht mehr lange zögern. Zieh den Kopf ein, mein Freund! Wenn es da oben im Weltraum knallt, kriegen wir hier unten auch was ab. Garantiert."
„Du bist kalt wie eine Hundeschnauze, Katie Joanne!"„Verzieh dich! Für dich wird hier ein bisschen zu heiß getanzt!"
„Ich bleibe im HQ-Hanse." Er grinste breit. „Das ist der sicherste Platz auf der ganzen Erde."
„Hoffentlich irrst du dich nicht." Der Journalist schüttelte den Kopf und hob abwehrend beide Hände, als müsse er sie sich körperlich vom Leibe halten. „Du möchtest, dass ich verschwinde, Katie, weil du genau weißt, dass es zur Zeit nirgendwo interessantere Informationen gibt als hier. Dieses Mal bist du es nicht allein, die sich die Rosinen aus dem Kuchen holt." Sie verzog den Mund, wandte sich ab und verließ den Raum. Sie hatte keine Lust, sich mit ihm auseinander zusetzen. Sie ging ihren Weg, entschlossen und konsequent. Was andere Journalisten darüber dachten, war ihr egal.
Eines aber war so klar, dass sie nicht mehr darüber nachdenken musste: Sie wollte an den Brennpunkten des Geschehens sein, so hautnah wie nur eben möglich. Und dabei blieben nur zwei Möglichkeiten - das HQ-Hanse oder die MARTINUS. An Bord des Feldherrnhügels zu kommen, wie die Journalisten den Raumkreuzer mit dem ihnen eigenen Sarkasmus nannten, erschien ihr so gut wie unmöglich. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Zorn Jynthasso sie in der augenblicklichen Situation an Bord duldete.
Im HQ-Hanse hielt sie sich auf, war aber dennoch weit von dem entfernt, was für sie Brennpunkt war - von den Räumen, in denen sich die Erste Terranerin und ihr Stab aufhielten, von dem Bereich, in dem die großen Entscheidungen fielen. Katie beschloss zu Paola Daschmagan vorzudringen, um Informationen aus erster Hand zu bekommen.
Vom Pressezentrum aus gab es nur einen einzigen Zugang zum inneren Bereich, und dieser wurde von einem überaus streng und unnachsichtig aussehenden Ordner bewacht. Der Mann saß hinter einer Panzerplastscheibe in einer Kabine, von der aus er eine transparente Tür aus Formenergie
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