2 Die Rinucci Brüder: Mein zärtlicher Verrführer
bekomme sie jedes Jahr von ihnen.“
„Kennen deine Eltern Neapel?“
„Nein. Ich habe sie einmal nach Paris mitgenommen und ihnen die Reise geschenkt, sonst waren sie noch nie im Ausland.“
„Ich muss für einige Tage geschäftlich weg. Du könntest sie einladen, dir in der Zeit Gesellschaft zu leisten“, schlug er vor. „Es würde ihnen sicher gefallen, besonders weil ab Ende April bis weit in den Mai hinein der Eintritt in die Museen frei ist. Außerdem gibt es Theateraufführungen, Konzerte und Prozessionen. Der Frühlingsanfang wird bei uns ausgiebig gefeiert. Ruf deine Eltern an, und lass sie kommen.“
Kurz entschlossen buchte und bezahlte sie den Flug für ihre Eltern, die die Einladung gern annahmen, und holte sie drei Tage später am Flughafen ab.
„Liebes, du siehst ja richtig abgemagert und erschöpft aus“, stellte ihre Mutter sogleich fest und trübte dadurch die Freude über das Wiedersehen etwas. „Arbeitest du zu viel?“
Der Aufenthalt in Neapel war für ihre Eltern eine wunderbare Abwechslung. Am Wochenende zeigte Olympia ihnen einige Sehenswürdigkeiten, und in der Sonne war es schon sehr warm. Am nächsten Montag besichtigten die beiden Pompeji, und Enrico lud alle zusammen zum Abendessen ein. Als sie nach dem ausgesprochen vergnüglichen Abend zurückkehrten, fanden sie Luke schlafend auf dem Sofa vor.
„Ich bin früher als geplant gekommen“, erklärte er, während er aufstand und sich die Augen rieb. „Die Verhandlungen konnten überraschend schnell abgeschlossen werden, außerdem wollte ich unsere Gäste kennenlernen.“
Harold und Angela, Olympias Eltern, waren begeistert von seinem Charme. Bis spät in die Nacht saßen sie zusammen, unterhielten sich, ließen sich Pizzas schmecken und tranken Wein. Am Ende waren sie die besten Freunde und duzten sich.
Als Olympias Eltern klar wurde, dass Luke auf dem Sofa schlafen würde, sagte Olympias Mutter: „Das ist doch nicht nötig. Nur weil wir hier sind, braucht ihr nicht so zu tun, als …“
„Ach, lass sie doch“, mischte ihr Vater sich ein.
„Ich dachte nur …“
„Die beiden wissen, was sie tun.“ Dann wünschte er seiner Tochter und Luke eine gute Nacht und zog seine Frau ins Schlafzimmer.
Luke blickte Olympia belustigt an. „Deine Mutter hat gerade ihr Einverständnis signalisiert, dass ich …“
„Ich weiß“, unterbrach Olympia ihn genauso belustigt. „Danke, dass du so nett zu meinen Eltern bist. Ich lege mich jetzt auch hin.“
„Möchtest du wirklich nicht, dass ich mitkomme? Deine Mutter hat doch nichts dagegen …“ „Luke, ich warne dich!“
„Okay, es war nur ein Versuch.“ Er seufzte betont dramatisch. „Dann muss ich wohl mit dem Sofa vorliebnehmen.“
Lachend sagten sie sich Gute Nacht.
Beim Frühstück am nächsten Morgen fiel Olympia wieder einmal auf, wie liebevoll ihre Eltern miteinander umgingen und wie viel Rücksicht und Verständnis sie füreinander aufbrachten. Fünfzig Jahre waren sie verheiratet und benahmen sich immer noch wie Frischverliebte.
Sie haben etwas gefunden, was ich nie finden werde, überlegte sie wehmütig.
11. KAPITEL
Nach dem Frühstück rief Luke seine Mutter an und verkündete anschließend, sie seien alle zusammen zum Abendessen in die Villa Rinucci eingeladen. Olympias Eltern wechselten vielsagende Blicke, und ihr wurde bewusst, dass sie sich in ihrer Vermutung bestätigt fühlten, Luke und sie hätten eine Beziehung.
Olympia wollte noch keine Erklärungen abgeben und verzichtete darauf, ihren Eltern die Illusion zu nehmen. Immerhin hatte Luke ihr geholfen, das Gesicht nicht zu verlieren, egal, ob er es absichtlich
oder unabsichtlich getan hatte. Er gab ihr jedoch nie das Gefühl, mehr von ihr zu wollen als Freundschaft, und nur aus dem Grund war es für sie möglich, mit ihm in einer Wohnung zu leben. Als sie am Abend in der Villa eintrafen, wurden sie von Lukes Eltern und seinen Brüdern Carlo und Ruggiero freundlich begrüßt. Und dann erschien auch Primo.
„Olympia, Sie wussten wahrscheinlich schon, dass er heute zurückgekommen ist, oder?“, fragte Hope.
„Nein, ich hatte keine Ahnung.“ Olympia war völlig überrascht und rang nach Fassung. Als er ihr die Hand reichte, die sich warm und kräftig anfühlte, waren ihre Nerven zum Zerreißen gespannt. „Ich habe noch nicht mit Enrico gesprochen“, erzählte er. „Als ich aber zu Hause anrief und meine Mutter erwähnte, wir hätten heute Abend Gäste, wollte ich natürlich dabei
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