2:0 für Oma
alle im Dorf, daß ich gelenkig bin, daß ich Schlittschuh und Rollschuh laufe und schwimme.“
„Aber kennen Sie denn die Regeln vom Fußballspiel?“
Oma lachte. Zum Erstaunen der Jungen sprach sie wie ein Profi über Stürmer, Läufer und Verteidiger. Sie wußte, was eine Vorlage und ein Abseits ist, ein Foul und ein Elfmeter. Doch schließlich klatschte sie in die Hände. „Genug der Worte, also los, ich habe nicht viel Zeit, muß zum Kaffee noch Kekse backen — fangen wir an!“
Sie setzte den Hut ab und legte ihn auf eine Bank neben dem Spielfeld. Einer der Jungen aus dem Nachbardorf grinste und flüsterte Eugen zu: „Die alte Schachtel ist wohl ein bißchen plemplem?!“
Aber da bekam er plötzlich einen Puff in den Rücken, und Eugen zischte: „Benimm dich, Oma Pieselang ist die beste Oma, die es gibt. Und wenn sie noch so bescheuert spielt, wir tun, als wenn sie ganz große Klasse ist, verstanden?“
Ganz große Klasse war Oma bei dem nun folgenden Fußballspiel nicht gerade, aber bescheuert spielte sie auf keinen Fall, sie stand ihren Mann oder vielmehr ihre Frau. Sie war ein brauchbarer Läufer, und die Jungen vergaßen in der Hitze des Gefechtes bald, wie komisch es aussah, wenn sie voranstürmte und ihr langer Rock flatterte und sie mit dem zierlichen Altdamenstiefel nach dem Ball stieß.
Sie war ein feiner Kumpel, der es auch nicht übelnahm, wenn man ihn aus Versehen einmal anrempelte. Plötzlich aber, mitten im temperamentvollsten Angriff, knickte Oma zusammen und humpelte beiseite. Die Jungen riefen:
„Was ist los, Frau Pieselang? Das Spiel ist doch noch nicht zu Ende!“
Oma setzte sich auf die Bank und hielt sich das Knie. „Ach du liebe Zeit, nun hab ich wieder mein Rheumaknie vergessen. Es war doch ein bißchen viel für meine alten Knochen. Entschuldigt, Kinder.“
Die Jungen standen betreten um sie herum. „Ist es sehr schlimm?“ fragte Eugen besorgt.
„Ach, kümmert euch nicht darum“, winkte Oma ab, „das bin ich schon gewöhnt, das geht wieder vorbei, spielt ruhig weiter!“
„Weiterspielen?“ fragte einer der Jungen ärgerlich. „Wie sollen wir weiterspielen, wenn uns ein Läufer fehlt?“
Oma überlegte. „Ob Mario für mich einspringt? Vielleicht ist er so nett.“
Die Jungen sahen sich ungewiß an. Mario? Den sie eigentlich nicht hatten dabeihaben wollen? Aber die Lust, das begonnene Spiel zu beenden, war größer als alle Hemmungen. Jan schlenderte zu Mario hinüber, der noch immer neben dem Tor im Gras hockte.
„Springst du für Oma ein?“
Mario schüttelte den Kopf. „Die wollen mich ja doch nicht haben.“
„Komm“, flüsterte Jan, „sei nicht blöd, mach mit, dann kannst du ihnen zeigen, wie gut du spielen kannst, dann werden die vielleicht staunen!“
Schweigend und widerwillig erhob sich Mario und stellte sich auf den Platz des Läufers, den Oma verlassen hatte.
„Los!“ rief Eugen. Dann flog der Ball, und die Jungen hetzten hinter ihm her über das Spielfeld, am wildesten Mario, und schon hatte er ein Tor geschossen, bald ein zweites und zum Schluß, nach einem harten Kampf, ein drittes.
Nach Spielende umringten die Jungen ihn. „Mensch, Mario, du bist wirklich ein As. Spielst du nächsten Sonntag wieder mit uns?“
Oma radelte unterdessen mit Rolf auf dem Gepäckträger nach Hause. „Wir müssen uns beeilen, schnell, schnell, die Kekse und der Kuchen müssen in den Ofen!“
„Aber Oma“, rief Rolf besorgt, „kannst du denn so doll trampeln, tut dir dabei nicht dein Knie weh?“
„Ach das Knie“, meinte Oma etwas verlegen. „Manchmal gehen die Schmerzen so schnell wieder weg, wie sie gekommen sind!“
Die Kekse und der Königskuchen kamen früh genug in den Ofen und standen knusprig und duftend am Nachmittag auf dem Kaffeetisch unter den Apfelbäumen im Garten, als die Familie Volpone vollzählig eintraf. Wie beim Spaghettiessen war es wieder eine lange Tafel, aber diesmal gab es keine feindlichen Fronten mehr. Die Jungen erzählten aufgeregt und lautstark von dem morgendlichen Fußballspiel, wie tapfer Oma sich gehalten und was für einen großen Erfolg Mario mit seinen drei Toren erzielt hatte. Die Nonna lachte über das ganze breite Gesicht und drückte Oma die Hand: „ Signora sein gutte Frau, vill gutt !“ Dann kostete sie kennerisch Omas Kekse und ließ sich das Rezept sagen.
Die Zwillinge tobten im Garten herum und jagten Mutters Hühner, bis Brigitte und Karoline, die immer auftauchte, wenn bei Pieselangs etwas
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