2:0 für Oma
einem verblüfften Schweigen brach Maria als erste in ein schallendes Gelächter aus, und alle anderen stimmten ein: die deutschen und die italienischen Kinder. Rolf war puterrot geworden unter seinem Feuerwehrhelm. Tränen der Wut traten ihm in die Augen, er zog seine Pistole und gab einen scharfen Wasserstrahl auf den ihm gegenübersitzenden Peppino ab, der sich vor Lachen krümmte. Ein neuer Lachsturm der Versammlung folgte, als Peppino mit patschnassem Gesicht verdutzt dasaß. Maria, Mario und Alessandro lachten und die deutschen Kinder auch. Die Nonna hielt sich vor Lachen den runden Bauch, und der Papa wischte sich die Lachtränen aus den Augen. Auch Oma schmunzelte. Nur Rolf lachte nicht. Er saß vor seinem Spaghettiteller, den Feuerwehrhelm tief in die Augen gezogen, damit niemand sah, daß ihm immer neue Tränen in die Augen traten. Aber die anderen merkten doch, daß er weinte, weil die Tränen jetzt anfingen, über seine Backen zu kullern.
Die Nonna sprang auf. „Mamma mia , povero bambino — nicht weinen, Nonna macht dir rasch eine Pizza, gute Pizza von gestrige Tag — subito !« Sie eilte davon und schob etwas in den Ofen. „Zehn Minuten und piccolo Rolf braucht keine dummen Spaghetti essen!“
Aber niemand kümmerte sich mehr um Rolf, weil sich schon wieder etwas Neues ereignete. Die Katze hatte den Wirbel ausgenutzt, war auf den Tisch gesprungen und steckte zum Jubel der Kinder eine Pfote in den Spaghettitopf. Julia sprang auf, packte die Katze am Nackenfell und trug sie vor die Tür. Die Zwillinge nutzten es aus, daß ihre Bewacherin nicht mehr neben ihnen saß, und versuchten, es der Katze nachzumachen. Sie stiegen auf ihre Stühle, griffen mit beiden Händen in den Topf und stopften sich die langen Nudeln in die Münder. Der Saft tropfte auf den Tisch und ihre Kleider.
„Mamma mia “, rief Julia und zerrte sie auf ihre Stühle zurück, wo sie schließlich kichernd, tomatenverschmiert und mit langen Spaghettibärten wieder landeten. Sie waren sehr stolz über den Lacherfolg, den sie hatten.
Maria, Mario und Alessandro zeigten jetzt den deutschen Kindern den Trick, wie man Spaghetti richtig ißt . Schließlich aßen Frieder und Jan ihre Teller unter den anfeuernden Rufen der anderen um die Wette leer. Nur Rolf schaute nicht hin, sondern saß am Tisch, das Gesicht in die Hände gestützt, in finsterem Schweigen, bis die Nonna mit einem großen Stück Pizza auf einem Teller erschien und es vor ihn hinstellte. Er wollte zuerst nicht essen, aber die Pizza duftete verführerisch. Nun, ein winziges Stückchen wollte er vielleicht probieren, doch es schmeckte zu gut. Er aß den ganzen Teller leer. Die Nonna strahlte, zeigte auf ihn und rief Oma triumphierend zu: „Pizza mit Knoblauch!“
Beim Karamelpudding , den Julia jetzt auftischte, gab es keine feindlichen Fronten mehr. Brigitte hatte Tina und Karoline Nina auf dem Schoß und fütterten sie, Mario, Jan und Alessandro redeten über den Tisch hinweg vom Fußball, Peppino borgte sich von Rolf Helm und Spritzpistole aus, die Nonna rief durch das Stimmengewirr Oma das Rezept des Karamelpuddings zu, Maria und Julia, die am Küchentisch in einer großen Schüssel Teller abwuschen, warfen ab und zu teils italienische, teils deutsche Worte in die verschiedenen Gespräche ein. Julia winkte Rolf und ließ ihn den Puddingtopf auskratzen.
Papa Volpone blickte in die Runde und lachte vergnügt. „ Gutte Freunde zu Besuch, bene , benissimo !“ Sein Gesicht verdunkelte sich. „Wenn nur Mama dabeisein könnte.“ Er sah Oma traurig an. „Mama von diese Kinder, meine liebe Frau Serafina, sein tot, bei Geburt von Tinina . Julia sehen ihr ganz gleich — darum Julia Liebling von mir .«
Nach dem Essen stürmten die Kinder nach draußen. Zuerst spielten sie Völkerball, und als sie müde wurden, setzten sie sich — Deutsche und Italiener eng nebeneinander — auf die Bank auf dem Hügel und erzählten sich etwas.
Auf dem Heimweg waren sich die Pieselangs einig, daß die Italienerkinder „gar nicht so schlimm“ waren, wie Brigitte sagte. Rolf war nicht mehr unglücklich, doch recht schweigsam. Er konnte abends schlecht einschlafen, wälzte sich im Bett herum und dachte über das mißglückte Spaghettiessen nach. Schließlich faßte er einen Entschluß.
Am Montag morgen kam Jan erst zehn vor acht Uhr zum Frühstück. Er konnte es sich eigentlich nicht leisten, wieder zu spät zur Schule zu kommen. Er schlurfte eilig mit offenen Schuhen
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