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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dorthin wollen, um ihren Medizintanz auszuführen?“
    „Weil dort mehrere ihrer Häuptlinge begraben sind. Aber jetzt nicht länger schwatzen, Mr. Snuffle; folgt mir weiter! Wir müssen erfahren, wo die Pferde sind. Es gilt nicht nur, die Gefangenen zu befreien, sondern auch die Pferde für sie zu beschaffen, weil uns sonst die Comanchen einholen würden.“
    Wir krochen von Busch zu Busch, um zunächst an die Talwand zu kommen. Eben als uns dies gelungen war, glaubte ich, über uns ein Geräusch zu hören.
    „Still!“ flüsterte ich Jim zu. „Habt Ihr nichts gehört?“
    „Nein“, antwortete er. „Ihr wohl?“
    „Ja.“
    „Wo?“
    „Da oben. Es war wie ein leises Niederrieseln von Sand. Es wird doch nicht etwa – – – –!“
    „Was?“
    „Euer Bruder. Das wäre die größte Dummheit, die er begehen könnte!“
    „Mein Bruder? Was soll mit ihm sein?“
    „Daß er seinen Vorsatz ausführen will, die Indsmen auch zu beschleichen.“
    „Fällt ihm nicht ein! Sollte mir nur kommen! Ich würde ihm – – –“
    Er vollendete den Satz nicht und wäre vor Schreck aufgesprungen, wenn ich ihn nicht schnell fest gepackt und niedergehalten hätte. „Sollte mir nur kommen“, hatte er gesagt. Ja, er kam, und zwar wie – nämlich sein Bruder! Erst gab es ein Rascheln von herabrollender und an die Büsche schlagender Erde, hierauf erscholl über uns der laute Ruf „Thunder-storm!“ und dann kam es von der Höhe herabgesaust und mitten zwischen die Indianer hinein, daß diese erst auseinandersprangen und sich dann mit lautem Geschrei auf den Menschen warfen. Denn ein Mensch war es, und zwar Tim Snuffle, welcher seinen Vorsatz doch ausgeführt hatte. Er war unglücklicherweise gerade wie wir an die vorhin erwähnte Stelle gekommen, wo es einen Erdrutsch gegeben hatte, aber weniger vorsichtig gewesen, als wir. Sich zu weit vorwagend, hatte er die lockere Höhenkante unter sich in Bewegung gebracht und war auf dem niedergehenden Erdreich wie auf einem Schlitten herabgefahren. Nun waren die Roten massenhaft über ihn her. Der unvermutete und vehemente Abrutsch schien ihm nichts geschadet zu haben, denn er schrie so kräftig, daß seine Stimme sogar das Gebrüll der Indianer übertönte. Und dem nicht genug, begann sein Bruder Jim auch zu schreien, der doch die größte Veranlassung zum Schweigen hatte.
    „Mein Bruder, mein Tim, mein alter Tim!“ zeterte er, indem er versuchte, sich von mir loszureißen.
    „Wollt Ihr still sein!“ befahl ich ihm zornig, doch mit unterdrückter Stimme. „Ihr bringt ja auch Euch und mich in – – –“
    „Sie machen ihn kalt; sie machen ihn kalt!“ unterbrach er mich.
    Da ich am Boden lag und er sich aufgerichtet hatte, konnte ich nicht meine ganze Kraft in Anwendung bringen; ihm aber verlieh die Angst um seinen ‚alten Tim‘ doppelte Stärke; er riß sich von mir los und sprang fort, mitten unter die Indianer hinein. Ich sah ihn in ihrem Haufen verschwinden. Natürlich wurde er ebenso wie sein Bruder von ihnen sofort niedergerungen.
    Was sollte ich tun? Etwa ihm nach? Das fiel mir gar nicht ein! Ich blieb liegen, obwohl zu erwarten stand, daß die Indsmen die Umgebung schnell absuchen würden. Welch eine Unvorsichtigkeit, welch ein Unsinn erst von dem einen und dann auch von dem andern! Und das wollten gute Westmänner sein! Anstatt daß wir die fünf Gefangenen befreiten, waren es nun zwei mehr geworden. Und die weiteren Folgen!
    Die zeigten sich sofort, denn jetzt erklang die gebieterische Stimme des Häuptlings:
    „Tretet die Feuer aus, schnell! Vielleicht sind noch andere Bleichgesichter in der Nähe.“
    Diesem Befehle wurde augenblicklich Folge geleistet. Dabei entstand für kurze Zeit ein Wirrwarr, welcher einen Gedanken in mir aufkommen ließ, den ich ebenso schnell ausführte, wie er in mir entstanden war. Die Flammen verlöschten, doch da ich auf der Erde lag sah ich bei dem noch Weiterglimmen der Holzstücke, daß die Roten sich aufgeregt durcheinander bewegten und für den Augenblick nur an die beiden Snuffles dachten, für ihre vorherigen Gefangenen aber wohl keine Aufmerksamkeit hatten. Ich schnellte mich, nur halb aufgerichtet, vorwärts, nach dem Lager hin, kam glücklich zu den Gefesselten, faßte den von ihnen, den ich für Dschafar hielt, beim Kragen und zog ihn mit mir wieder zurück, dorthin, wo ich gelegen hatte.
    Die Indsmen hätten es sehen sollen, ja sehen müssen, aber in ihrer Aufregung sah es keiner von ihnen. Es war wie ein

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