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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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treffen wir wieder zusammen.“
    Weil ich ihm nicht die nötige Geschicklichkeit und Vorsicht zutraute, antwortete ich:
    „Es ist besser, wenn wir beisammen bleiben. Wir steigen hier links hinunter, schleichen uns unten um das Lager und kommen dort rechts wieder herauf. Da sehen wir auch alles und können einander schnell beispringen, wenn einem von uns etwas passieren sollte.“
    „Das ist auch richtig, Sir. Also hinab!“
    Es war gar nicht leicht, da hinunterzuklettern. Das uns vollständig unbekannte Terrain war sehr steil. An den Büschen, die es da gab, durften wir uns nicht anhalten, weil dies Geräusch verursacht hätte, und jeder Stein, den wir von seinem Platz stießen, konnte, hinabrollend, uns verraten. Darum mußten wir uns außerordentlich in acht nehmen, und der Abstieg ging nur sehr langsam von statten. Es verging mehr als eine halbe Stunde, ehe wir hinunterkamen. Gut war es, daß Jim Snuffle sich bewährte; er hatte gelernt, sich unhörbar zu bewegen. Ich kletterte voran, und er hielt sich nahe hinter oder über mir; dennoch mußte ich scharf horchen, wenn ich das leise Geräusch, welches er doch verursachte, hören wollte. Er war aber auch stolz darauf und fragte mich, als wir auf der Sohle des Flußtales angekommen waren:
    „Nun, wie habe ich meine Sache gemacht, Sir?“
    „Ich bin zufrieden“, erklärte ich.
    „Ihr meint also, daß ich das Anschleichen verstehe?“
    „Vom Anschleichen habt Ihr mir doch noch keine Probe gegeben.“
    „Nicht?“ fragte er langgedehnt und verwundert.
    „Nein. Das soll doch jetzt erst losgehen.“
    „Jetzt erst? Wie nennt Ihr denn das, was wir bisher getan haben? War das nicht geschlichen?“
    „Gestiegen war es, vielleicht auch geschlichen, aber nicht angeschlichen. Das Anschleichen beginnt mit dem jetzigen Augenblick. Ich hoffe aber, daß es Euch ebenso gelingt, wie das Herabsteigen. Haltet Euch stets hinter mir, und geht nicht von mir fort!“
    „Das ist eigentlich gar nicht notwendig, denn ich bin gewohnt und verstehe es, selbständig zu handeln.“
    „Wenn Ihr allein seid oder nur Euern Bruder bei Euch habt, mögt Ihr das tun; jetzt aber bin ich da und wünsche sehr, daß Ihr Euch nach mir richtet.“
    „Well, soll geschehen. Ich sage Euch, daß es für mich das höchste der Gefühle ist, mich nach Old Shatterhand zu richten.“
    Diese Versicherung beruhigt mich zwar nicht ganz, aber sie war doch geeignet, meine Befürchtungen so ziemlich zu beseitigen.
    Wir befanden uns oberhalb der Stelle, an welcher die Indianer lagerten, und mußten uns also abwärts wenden. Das Flußtal war muldenförmig vertieft, senkte sich also nach der Mitte zu und hatte nur soweit Gesträuch, als es vom Hochwasser nicht erreicht werden konnte. Da der Fluß jetzt sehr wasserarm war, gab es zwischen dem Gebüsch und dem Wasser einen freien Streifen, auf den wir uns nicht hinauswagen durften; das Umschleichen der Roten durfte also nicht nach der Wasserseite zu, sondern es mußte in der Weise geschehen, daß wir den Bogen, welcher um das Lager zu schlagen war, an die gefährliche Ufersteilung legten, gewiß eine Aufgabe, welche sehr schwer auszuführen war.
    Zunächst legten wir uns nieder und krochen zwischen den Büschen auf das Lager zu. Wir kamen glücklich so nahe an dasselbe, daß wir es überblicken konnten. Die Comanchen hatten sich eine sehr passende Örtlichkeit ausgewählt. Sie lag nämlich tiefer als die Umgebung und infolgedessen trat das Hochwasser hier bis ganz an die Talwand heran. Darum gab es hier kein Gesträuch, sondern einen freien Platz, auf welchem auch ein größerer Trupp sich bequem hätte bewegen können. Uns freilich war dieser Umstand höchst unwillkommen, weil er die Schwierigkeiten erhöhte, welche wir zu überwinden hatten.
    Die Indsmen waren beim Essen; sie unterhielten sich dabei in einer Weise, daß sie sich vollständig sicher fühlen mußten. In ziemlich gleichgroßen Abteilungen um die fünf Feuer gelagert, konnten sie von uns leicht gezählt werden. Es waren einundsiebzig. Von ihnen allen fiel der Häuptling wegen seines weißen Haares am meisten auf. Er saß am zweiten Feuer, ungefähr dreißig Schritte von uns entfernt, und da er uns das Gesicht zukehrte, konnte ich dieses ganz deutlich sehen.
    „Uff!“ stieß ich überrascht, aber natürlich nur leise hervor. „Wenn wir dem in die Hände gerieten, wären wir verloren, selbst wenn er sich nicht auf dem Kriegspfade befände.“
    „Kennt Ihr ihn, Sir?“ fragte Jim ebenso

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