Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Dieser Tim getraut sich nichts ohne mich; ist auch viel zu jung dazu; volle fünf Minuten jünger; denkt Euch nur! Der bleibt gern ruhig sitzen, bis wir wiederkommen. Nun aber wollen wir ja nicht länger warten, weil es sonst zu dunkel wird.“
    „Gut! Also Mr. Snuffle, haltet gut Wache, und verlaßt diesen Ort ja nicht eher, als bis wir zurückgekehrt sind. Ich übergebe Euch hier meine beiden Gewehre, weil sie mich behindern würden.“
    Er nahm, ohne ein Wort zu sagen, den Bärentöter und den Stutzen in Empfang, und ich ging mit Jim fort.
    Es war während des Wortgefechtes so düster geworden, daß man nicht mehr ganz deutlich sehen konnte. Wir hatten also jetzt noch nicht nötig, uns auf die Erde zu legen und und kriechend fortzubewegen, sondern wir blieben aufrecht und huschten von Baum zu Baum der Gegend zu, in welcher ich die Stimmen gehört hatte. Wie viel, viel lieber wäre ich allein gewesen! Ich hatte von den beiden Snuffles zwar als von ganz guten Westmännern gehört, doch zwischen Westmann und Westmann ist ein Unterschied. Mochten sie sich in gewöhnlichen und meinetwegen auch in ungewöhnlichen Verhältnissen bewährt haben, hier galt es mehr als Ungewöhnliches; jeder Augenblick, die geringste Unvorsichtigkeit konnte über das Leben der gefangenen Bleichgesichter und auch über das unserige entscheiden; darum mahnte ich Jim jetzt nochmals zur äußersten Vorsicht.
    „Habt keine Angst um mich“, antwortete er flüsternd. „Habe noch andere Sachen durchgemacht, als solche Leichtigkeit, wie jetzt.“
    Das sollte mich beruhigen, aber dadurch, daß er es so leicht nahm, erreichte er das Gegenteil, und ich nahm mir vor, ihn ja nicht etwas vornehmen zu lassen, was wahrscheinlich über seine Kräfte ging.
    Zunächst schien seine Ansicht, daß unser Unternehmen ein leichtes sei, sich bewahrheiten zu wollen. Wir kamen weiter und weiter, ohne durch irgendeine Fährlichkeit aufgehalten zu werden; wir erreichten sogar das hohe Ufer des Flusses, ohne eine Spur von den Roten bemerkt zu haben. Ich sage mit Absicht ‚das hohe Ufer‘, denn was wir jetzt nicht sahen, entdeckten wir bald darauf, nämlich daß das jetzt fast ausgetrocknete Flußbett ziemlich tief unter uns lag.
    Es war fast ganz dunkel geworden, dennoch erkannte ich, daß das Ufer da, wo wir standen, einen steilen kahlen Abrutsch hatte, auf welchem man sich ja nicht weit vorwagen durfte, sonst konnte leicht der Boden unter den Füßen weichen und einen mit hinunternehmen. Wir gingen also so lange am Rande hin, bis der Boden sicherer wurde und wieder Bäume trug; die Uferböschung unter uns war mit Büschen bestanden.
    „Ihr müßt Euch geirrt haben, Sir“, flüsterte Jim mir zu. „Die Roten sind nicht in dieser Gegend.“
    „O doch. Ich habe ihre Stimmen deutlich gehört.“
    „So waren sie vorhin da, sind aber nun fort.“
    „Nein; sie sind noch hier; ich weiß es ganz genau.“
    „Man kann sie aber doch weder sehen noch hören!“
    „Das ist wahr; aber ich rieche sie.“
    „Riechen? Alle Wetter! Was müßt Ihr da für eine Nase haben!“
    „Eine ganz gewöhnliche, die aber gerade für Pferdeduft sehr empfindlich ist. Ich rieche die Pferde der Comanchen.“
    „Wo?“
    „Sie sind tief unter uns am Wasser.“
    „Bis da hinunter reicht Eure Nase?“
    „Pshaw! Ihr wißt wohl gar nicht, welche Eigenschaft der Pferdeduft besitzt. Notabene, ich rieche ihn sehr gern. Kommt Ihr in einer großen Stadt an einen Droschkenhalteplatz, so braucht kein Pferd da zu sein, aber der Pferdeduft ist da. Ich wette, um was Ihr wollt, daß – halt, seht Ihr's, daß ich recht habe? Schaut hinab!“
    Es war unten am Fluß ein kleiner, glühender Funke zu sehen, welcher sich rasch vergrößerte. Da es dunkel geworden war, brannten die Roten ein Feuer an. Daß sie nicht hier oben auf dem hohen Ufer geblieben waren, konnte man leicht begreifen. Unten gab es ja Wasser für sie und ihre Pferde. Aus dem einen Feuer wurden fünf.
    „Das ist gut“, sagte Jim Snuffle. „Da können wir alles sehen, wenn wir uns an sie schleichen.“
    „Sie uns aber auch, wenn wir uns nicht sehr in acht nehmen. Ich habe diese Feuer nur darum gern, weil auch sie uns sagen, daß sich die Comanchen sicher und unbeobachtet fühlen.“
    „Wir gehen doch hinab, Mr. Shatterhand?“
    „Ja.“
    „Dann schlage ich vor, daß wir uns trennen. Ihr steigt da links und ich dort rechts hinunter oder auch umgekehrt. Da beschleichen wir sie von zwei Seiten, und es entgeht uns nichts. Unten

Weitere Kostenlose Bücher