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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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beachtete darum diese Drohung nicht, sondern antwortete:
    „Hund, mich sollst du doch nicht halten; ich erwürge dich!“
    Bei diesen Worten krallte er mir die beiden Hände um den Hals. Da ließ ich allerdings das Messer fallen, legte ihm das Knie auf die Brust, riß mich mit einem kräftigen Ruck los, ergriff seine beiden Hände, hielt sie mit der Linken fest und legte ihm die Rechte an die Kehle. Er wollte sich aufbäumen, es gelang ihm aber nicht; er schlug und stieß mit den Beinen um sich, doch ohne mich zu treffen; sein Widerstand erlahmte um so mehr, je fester ich ihm die Kehle zusammendrückte – zuletzt ein gurgelndes Röcheln, dann lag er still und bewegungslos.
    Nun stand ich auf und sah zurück. Dschafar und Perkins waren doch nicht am Platz geblieben, sondern uns nachgeritten; da sie meine Gewehre mitbrachten, konnte ich ihnen keine Vorwürfe darüber machen. Als sie herankamen, rief der erstere aus:
    „Allah sei Dank, daß wir ihn wieder haben! Welch ein Schaden für uns, wenn er uns entkommen wäre!“
    „Daran war gar nicht zu denken“, antwortete ich.
    „Oho!“ fiel Perkins ein. „Es konnte irgendein Zufall eintreten, welcher –“
    „Pshaw!“ unterbrach ich ihn. „Was für einen Zufall hätte es hier geben können? Ich wußte, daß er fliehen wollte.“
    „Und habt ihn nicht gehindert? Ihr ließet mich ja gar nicht hin zu ihm! Ich hätte ihn festgehalten.“
    „Das habe ich nun hier getan. Ihr habt die Riemen mitgebracht, wie ich sehe?“
    „Ja. Wir binden ihn natürlich wieder!“
    „Nein, jetzt noch nicht; er muß doch erst das Totem schreiben.“
    „Und wieder ausreißen!“
    „Wird ihm nicht einfallen. Holt sein Pferd und das meinige her!“
    Das Comantschenpferd hatte, da der Lasso nicht mehr angespannt war, Luft bekommen und war aufgesprungen, hing aber noch mit dem Schwarzschimmel zusammen. Perkins nahm ihm die Schlinge vom Hals, rollte den Lasso auf und brachte dann beide her. Unterdessen kam der Häuptling wieder zu sich. Er holte laut rasselnd Atem, öffnete die Augen, stierte uns an, bewegte wie probierend die Glieder und stand dann langsam auf, woran ich ihn nicht hinderte.
    „To-kei-chun ist ein sonderbarer Krieger“, sagte ich zu ihm. „Da drüben an dem Regenbett ging er spazieren, um mir wieder in die Hände zu laufen, und jetzt ist er spazieren geritten, meinen Lasso kennenzulernen. Vielleicht kommt es ihm gar noch in den Sinn, einmal spazieren zu fliegen! Wenn er das tut, wird er sicher freikommen, denn ich habe das Fliegen nicht gelernt.“
    Er stand unbeweglich und sah zur Erde nieder; die Scham verbot ihm, ein Wort zu sagen.
    „Der Häuptling der Comanchen wird da fortfahren, wo er aufgehört hat“, fügte ich hinzu. „Er mag an seinem Totem weitermalen, nun aber keinen Scherz mehr treiben, denn von jetzt an ist's mir ernst.“
    Dschafar hatte die weggeworfenen Blätter und den Bleistift aufgehoben und mitgebracht; er hielt sie dem Häuptlinge hin; dieser nahm sie stumm und ohne sich zu weigern, trat zu seinem Pferd und setzte die unterbrochene Arbeit fort, wobei ihm Perkins mit gezücktem Messer zur Seite stand. Es dauerte ziemlich lange, bis er fertig war; dann gab er mir die Papiere, ohne ein Wort dazu zu sagen.
    Es galt natürlich, das Totem genau zu studieren, denn wenn ich ein einziges hinterlistiges Zeichen nicht verstand, brachte ich uns in Gefahr; aber ich fand nichts, was Argwohn erregen konnte; das Totem war ehrlich. Es bestand aus kleinen Figurengruppen, ähnlich denen, welche kleine Kinder mit ihren ungeübten Händen zeichnen. Die erste Gruppe zeigte einen am Boden liegenden Mann mit einer Feder am Kopfe, einen Indianerhäuptling also. Er war gebunden; darüber sah man das Zeichen To-kei-chuns. Neben ihm stand eine Figur, welche in jeder Hand ein Gewehr hatte; ihre Hände waren im Verhältnis ungeheuer groß gezeichnet, und über ihrem Kopf gab es noch eine, auch sehr große Hand. Damit war ich, Old Shatterhand, gemeint. Zu meiner Seite saßen zwei Figuren; die eine hatte eine hohe, runde Mütze auf; das sollte Dschafar sein; die andere war einfach durch hohe Stiefel als Weißer bezeichnet. Diese Gruppe sollte sagen: Old Shatterhand, Dschafar und noch ein Bleichgesicht haben To-kei-chun gefangen genommen.
    In ähnlicher Weise waren auch die übrigen Gruppen gehalten, mit denen der Häuptling sagen wollte und auch wirklich sagte, was nach unserer Vereinbarung zu geschehen hatte. Freilich gehörte, da die Figuren unendlich kindlich

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