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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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beabsichtigte, ist seiner Ansicht nach dann vollständig gerechtfertigt oder wenigstens entschuldigt.“
    „Das also ist's? Das hat er gemeint? Daran hättet Ihr freilich denken sollen!“
    „Ich habe daran gedacht.“
    „Aber doch Eure Pfeife genommen und nicht die seinige! Warum?“
    „Weil ich mit Recht annahm, daß er sie nicht gleich hergeben, sondern allerlei Ausflüchte machen werde. Dabei wäre die Zeit vergangen, und er hätte seine Absicht erreicht.“
    „Welche Absicht?“
    „Daß es finster werden sollte. Es wäre uns nicht mehr möglich gewesen, seine Leute zu beobachten, und sie hätten sich nähern und uns angreifen können. Er wollte Zeit gewinnen. Dies zu verhüten, habe ich ihm seine Pfeife lieber gar nicht abgefordert.“
    „Aber nun wird er nicht Wort halten, sondern uns folgen!“
    „Sehr wahrscheinlich. Doch wird er uns nicht finden, denn wir reiten jetzt so weit, daß unsere Fährte morgen früh nicht mehr gesehen werden kann.“
    „Hm! Ich verstehe und begreife Euch nicht. Wenn die Spur zu sehen ist, kann man sie doch sehen, wir mögen so weit reiten, wie wir wollen!“
    „Mr. Snuffle, Ihr wollt wirklich ein Westmann sein?“
    „Yes, ich bin einer. Möchte den kennenlernen, der dies nicht glauben will!“
    „Ich möchte es beinahe nicht glauben, weil Ihr meine Worte nicht begreift.“
    „Na, wie Ihr so weit reiten wollt, daß Eure Fährte nicht zu sehen ist, das ist mir freilich ein Rätsel. Wenn man den ersten Teil derselben sieht, sieht man doch auch den übrigen Teil, Ihr mögt noch so weit fortreiten!“
    „Das ist eben nicht der Fall. Jetzt ist es dunkel; die Comanchen können uns also erst folgen, wenn es früh hell wird. Das ist ungefähr sechs Uhr. Jetzt haben wir sieben Uhr abends. Wenn wir nur drei Stunden reiten und also schon um zehn Uhr lagern, sind die Roten morgen früh um neun Uhr an unserem Lagerplatz, den sie wahrscheinlich noch ziemlich deutlich erkennen können. Reiten wir aber fünf Stunden lang, so lagern wir um zwölf Uhr, und die Indianer kommen erst um elf Uhr an die betreffende Stelle, oder vielmehr sie würden hinkommen, wenn unsere Fährte noch zu erkennen wäre. Das wird sie aber nicht sein, denn eine Spur, welche sich möglicherweise von jetzt bis morgen früh neun Uhr hält, wird gewiß zwei Stunden später nicht mehr zu sehen sein. Je weiter und länger wir also heut noch reiten, desto sicherer können wir sein, daß die Verfolger uns nicht entdecken werden. Seht Ihr das nicht ein?“
    „Hm, jetzt ist mir's allerdings deutlicher, als vorher. Meinst du nicht auch, alter Tim?“
    „Yes“, antwortete sein nun wieder einsilbig gewordener Bruder.
    „Und weiter!“ fuhr ich fort. „Da der Anfang unserer Fährte morgen früh wahrscheinlich noch zu sehen ist, weil wir hier weichen Boden haben, so führen wir die Roten dadurch irre, daß wir sie in eine falsche Richtung locken. Die Hazelstraits, welche unser nächstes Ziel sind, liegen westlich von hier; wir werden aber nach Süden reiten, und zwar so weit, bis wir harten Boden finden, an welchem wir nach Westen umbiegen.“
    „Well! Das ist pfiffig, Sir! Die Comanchen werden uns nach Süden folgen. Hört dann unsere Spur auf, so denken sie natürlich, daß wir nach Süden weitergeritten sind, und werden diese Richtung beibehalten. Dann sind wir sie los. Es ist wahr, Ihr seid der richtige Mann für uns, Mr. Shatterhand. Stellt Euch also an die Spitze und führt uns wohin Ihr denkt! Es ist nicht gut, uns hier noch länger aufzuhalten.“
    „Nein, wir müssen fort. Die Indsmen haben gesehen, daß wir uns westlich entfernten, und es ist immerhin möglich, daß sie auf den Gedanken gekommen sind, wenigstens eine Strecke weit in dieser Richtung nachzufolgen.“
    „Ja, und das müssen wir berücksichtigen, obgleich sie uns nichts anhaben könnten, weil wir sie schon von weitem hören würden.“
    „Wenn sie zu Pferde kämen, ja. Aber wenn sie den guten Gedanken hätten, uns zu Fuße nachzuschleichen?“
    „Wetter! Da könnten sie uns unbemerkt umzingeln und niedermachen. Wir müssen fort!“
    Ich trat jetzt also mein Amt als Führer an. Wir ritten bis Mitternacht, also sehr weit, nach Süden und bogen dann im rechten Winkel nach Westen ab. Ich war überzeugt, daß, wenn die Roten morgen vormittags elf Uhr an diese Stelle kommen sollten, sie unsere Spur nicht mehr sehen und also auch nicht bemerken könnten, daß wir wie der fliehende Fuchs einen Haken geschlagen hatten. Dann ging es noch über eine

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