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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Stunde weiter fort, bis die Reiter so ermüdet waren, daß wir anhalten mußten. Wir lagerten uns.
    Die Männer hatten sich schon unterwegs, ohne daß ich mich daran beteiligte, über ihr letztes Abenteuer ausgesprochen, und es stand zu erwarten, daß sie schnell einschlafen würden. Ich bestimmte nur zum Schein die Reihenfolge der Wache und übernahm die ersten zwei Stunden. Als diese vergangen waren, weckte ich den Nächstfolgenden nicht, sondern blieb auf meinem Posten, bis der Tag anbrach. Dann weckte ich die Schläfer, welche mir für dieses kleine Opfer sehr dankbar waren.
    Dschafar hatte sich sehr reichlich mit Proviant versehen gehabt, der von einem Packtier getragen worden war. Natürlich war auch dies mit in die Hände der Comanchen gefallen. Sie hatten einen guten Teil des Proviants verzehrt, aber doch davon übrig gelassen und wieder hergeben müssen. Wir hatten also zu essen und brauchten keine Zeit auf die Jagd zu verwenden, konnten vielmehr nach einem kurzen Frühstück sogleich aufbrechen.
    Gestern abend war ich allein vorangeritten, ohne mich an dem Gespräch der andern zu beteiligen; ich konnte auch nicht sehr auf dasselbe achten, weil ich der Dunkelheit wegen meine ganze Aufmerksamkeit der Gegend, durch welche wir kamen, und den wenigen Sternen, welche am Himmel standen und mir als Wegweiser dienen mußten, zuzuwenden hatte. Ich brauchte eigentlich auch gar nicht zu hören, was sie sprachen und sich erzählten, denn ich wußte doch, wie alles gekommen war. Was ich nicht selbst gesehen und gehört hatte, das konnte ich leicht erraten. Heute früh aber, als Perkins einmal neben mir ritt, benutzte ich die Gelegenheit, ihn zu fragen:
    „Ihr hattet gestern wohl ganz vergessen, um was ich Euch so dringend gebeten hatte?“
    „Wann?“
    „Als ich allein zu den Comanchen ritt.“
    „Daß wir ihren Häuptling gut bewachen sollten?“
    „Ja. Das war aber noch nicht alles. Ihr solltet ihn nicht nur bewachen.“
    „Sondern ihn auch verteidigen; ich weiß es gar wohl!“
    „Und Euch weder durch Gewalt noch List bewegen lassen, ihn freizugeben!“
    „Dachte es, daß die Vorwürfe noch kommen würden, Mr. Shatterhand!“
    „Habt Ihr sie etwa nicht verdient?“
    „Nein.“
    „Dann begreife ich es nicht!“
    „Well! Und wenn sie verdient wären, warum macht Ihr sie mir und nicht auch Mr. Dschafar?“
    „Weil er ein Fremder ist und den Westen nicht kennt; Ihr aber seid sein Scout und solltet wissen, was man zu tun und zu lassen hat!“
    „Das weiß ich auch; gewiß weiß ich es; aber wenn Euch einmal ein so außerordentlicher Fall vorkäme, würdet Ihr auch nicht wissen, was Ihr tun solltet.“
    „Ich wüßte es sicherlich!“
    „So? Nun was würdet Ihr tun?“
    „Das, was Old Shatterhand mir gesagt hätte.“
    „Hm! Ihr könnt heut gut reden. Nun, da Ihr seht, wie der Stock geschwommen ist, wißt Ihr natürlich ganz genau, wie er in das Wasser geworfen worden ist. Wir aber konnten das nicht sehen.“
    „Pshaw! Ihr befandet euch auf freiem Feld und konntet jeden Menschen sehen und mit einer Kugel abwehren. Der Gefangene war sehr gut gefesselt und euch also sicher. Nun könnt Ihr Euch denken, was ich für Augen machte, als ich auf meinem Rückweg so plötzlich die Bescherung sah! Er war frei, und euch hatte man gefangengenommen und gebunden. Und wer hatte das fertiggebracht? Ein paar armselige Comanchen, die ihr mit den Gewehren so leicht wegblasen konntet. Und selbst dies war nicht notwendig. Ihr brauchtet ihnen nur die Flinten zu zeigen, so hätten sie sich gar nicht auf Schußweite herangewagt!“
    „Wir haben sie ihnen doch auch gezeigt!“
    „Und seid dennoch überrumpelt worden! Wie habt Ihr dieses Meisterstück denn eigentlich fertiggebracht?“
    „Das dumme Papier ist schuld daran.“
    „Ah, dachte es mir!“
    „Die Roten machten uns damit irre und wirre. Als wir ihnen zuriefen, halten zu bleiben, wenn sie keine Kugeln haben wollten, stiegen sie in Schußweite von den Pferden, und einer von ihnen zeigte ein Papier, welches er mit der Hand hochhielt. Er rief uns zu, Ihr hättet dieses sprechende Papier für uns geschrieben, und er solle es uns bringen.“
    „Das glaubtet Ihr?“
    „Warum nicht? Er sagte, es sei alles in Ordnung gebracht, Ihr befändet Euch bei den Gefangenen, welche sogleich freigegeben würden, sobald wir den Häuptling brächten: Das alles hättet Ihr für uns auf das Papier geschrieben. Wir mußten also das Papier lesen und erlaubten den Kerlen, zu uns zu

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