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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gar nicht hier in der Nähe, und wenn sie ja Wachen aufstellten, so war die Aufmerksamkeit derselben sehr wahrscheinlich nur nach außen, das heißt hinaus auf die Savanne gerichtet, weil sie annehmen mußten, daß eine etwaige Störung nur von dorther kommen könne. Denn auf der andern Seite war, wie bereits früher erwähnt, der Platz von einem Halbkreis steil aufragender Felsen eingefaßt, welche wenigstens für die Nachtzeit unzugänglich zu sein schienen. Ich zog dabei mit in Betracht, daß die Indianer als Prärievolk keine guten Kletterer sind und also diese Felswände für unpassierbar halten konnten, während ich vielleicht eine Stelle fand, an welcher es möglich war, von oben herunterzukommen. Diesen Weg mußte ich einschlagen; von der Savanne her durfte ich mich nicht nähern.
    Bald fand ich auch, was ich suchte. Grad da, wo bei meinem letzten Hiersein im Hintergrund die Gefangenen gelegen hatten, war der Fels höchstens zwanzig Fuß hoch und trat dann soweit zurück, daß eine breite Stufe, oder nenne ich es Altan, gebildet wurde, auf welcher einige ziemlich starke Bäume standen. Über diesem Altan bestand an dieser Stelle die Bergwand nicht aus Felsen, sondern aus fruchtbarer Erde, welche Bäume und Sträucher trug. Sie ging zwar auch ziemlich steil in die Höhe, doch sah ich, daß es selbst in der Nacht keine allzu schwierige Aufgabe war, da hinauf- oder herunterzuklettern. Der Holzwuchs bot für die Hände Anhalt mehr als genug. Befand man sich einmal auf dem Altan, so konnte man dort an einen der Bäume ein Lasso befestigen und sich an demselben vollends herunterlassen.
    Als die Pferde getränkt waren, stiegen wir wieder auf und ritten fort, am Fuß der Höhen hin, bis wir eine Stelle fanden, welche sich ganz ausgezeichnet zu einem Versteck eignete.
    „Ich lasse Euch hier, Mesch'schurs“, sagte ich, „und vertraue Euch mein Pferd und meine Waffen an. Geht ja nicht fort von diesem Ort! Ich erwarte ganz bestimmt, daß Ihr wenigstens diesmal das, was ich sage, achtet! Wenn Ihr das nicht tut, so ist's um Mr. Dschafar gewiß geschehen.“
    „Ihr wollt fort?“ fragte Jim besorgt.
    „Ja.“
    „Wohin?“
    „Ich will mir eine Stelle suchen, wo ich die Roten, wenn sie kommen, beobachten kann.“
    Ich verschwieg ihm mein Vorhaben, weil ich sonst gewärtig sein mußte, wieder einen dummen Streich gespielt zu bekommen. Er bemerkte auch sofort:
    „Da können wir doch auch mitgehen!“
    „So! Kaum habe ich meine Warnung ausgesprochen, so wollt Ihr mir schon wieder quer über den Weg! Wird es euch denn gar so sehr schwer, ein mal zu tun, um was ich Euch bitte?“
    Da holte Tim Snuffle tief Atem, als ob er eine große und lange Redeanstrengung beabsichtige, und sagte:
    „Habt keine Angst, Sir! Jim wird diesmal dableiben müssen!“
    „Wollt Ihr mir das versprechen?“
    „Yes.“
    „Und ihn zurückhalten, wenn er fortwill?“
    „Yes.“
    „Auch kein anderer darf fort!“
    „Well! Wer ausreißen will, bekommt mein Messer zwischen die Rippen. Ich heiße Tim Snuffle und halte Wort!“
    Er holte nach dieser großen Leistung wieder sehr tief Atem und schlug, um seiner Drohung Nachdruck zu geben, mit der Hand an die Stelle, wo sein Messer im Gürtel steckte.
    „Habt Dank, alter Tim! Das war einmal vernünftig gesprochen. Ich hoffe, daß dieser Euer guter Vorsatz bis zu meiner Rückkehr nicht ins Wanken kommt!“
    „Wann wird das sein?“
    „Vielleicht schon in der Nacht, spätestens aber kurz nach Tagesanbruch.“
    „Ist verteufelt lange!“
    „Kann nicht dafür. Also Ihr verlaßt diese Stelle nicht, es mag geschehen, was da will! Ich bitte Euch, Euer Gewissen nicht durch eine Nachlässigkeit zu beschweren, welche die schlimmsten Folgen haben kann. Es handelt sich nicht nur um Mr. Dschafar, sondern jedenfalls auch um mein Leben!“
    Da versprachen auch die andern, mir zu gehorchen, und ich ging in der Überzeugung fort, daß heut von ihrer Seite keine Störung zu erwarten sei. Das Lasso nahm ich natürlich mit und steckte auch mehrere feste Riemen ein.
    Es war für mein Vorhaben gar nicht zu früh, denn die Sonne verschwand soeben, und ich hatte mich zu sputen, wenn ich noch vor dem Einbruch der völligen Dunkelheit auf den Felsenaltan kommen wollte.
    Ich wendete mich wieder den Häuptlingsgräbern zu, ging aber nicht ganz bis zu ihnen, sondern nur bis in ihre Nähe, wo das Terrain mir erlaubte, emporzusteigen. Auf halber Höhe angekommen, nahm ich die Richtung nach dem über den Gräbern liegenden

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