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200 - Die Suche beginnt

200 - Die Suche beginnt

Titel: 200 - Die Suche beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell und Michael Schönenbröcher
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dreihundert Meter durchmessenden Kuhle gesehen. Da stand er mit dem Rücken zum Felsblock in der Sohle der Senke, und Dornenranken begann ihn einzuspinnen. Sie gab die Richtung vor, in die sie die Bresche vorantrieben.
    Die Frau war die Einzige, die Rulfan half. Die anderen Telepathen gafften nur. Chira lief schwanzwedelnd und jaulend um das Gestrüpp herum.
    Eine Handvoll Telepathen hatte sich vor dem Dornenwald versammelt und sah ihnen bei der Arbeit zu. Auf fast allen Gesichtern hatten Tränen Spuren durch die rote Staubschicht gezogen. Ein paar Schritte entfernt hockte ein alter Mann mit einem Turban und heulte wie ein kleines Kind. Das Ende des Finders hatte die Telepathen tief erschüttert, auch wenn sie das mächtige Wesen nicht aus freien Stücken verehrt hatten wie einen Gott.
    Einige besaßen noch die Kraft, sich um die überlebenden Anangu ( heute noch häufig »Aborigines« genannt ) zu kümmern. Die hockten völlig apathisch im Staub zwischen den Trümmern ihres Felsens. Ohne den Einfluss des Finders kamen sie Rulfan so leblos vor wie Marionetten. Keiner der schwarzen Krieger, der nicht unter Schock stand.
    Rulfan drehte sich um. Fünfzehn Schritte weit führte die Bresche inzwischen in den Dornenwald hinein.
    Hundertzwanzig Schritte mochten es bis zur Mitte des Gestrüpps sein, bis zum Felsblock im Zentrum der Kuhle. Die junge Frau arbeitete wie eine Besessene. »Es hat keinen Sinn!«, rief sie. »Glaub mir, er ist tot!«
    »Warum plagst du dich dann noch mit der Axt?«, fragte Rulfan. Sie antwortete nicht. »Wie heißt du?«, wollte Rulfan wissen.
    »Mauricia.«
    »Ich bin Rulfan. Aus welchem Teil der Welt kommst du?«
    »Aus Doyzland.« Schwer atmend ließ sie die Axt sinken. »Und du?«
    »Aus Britana. Doch ich habe ein halbes Leben lang am Großen Fluss gelebt.«
    »Wo genau?« Sie drehte sich um und kam aus der Bresche. Der Schweiß hatte viele Furchen durch den Staub in ihrem Gesicht gezogen. Für die Arbeit hatte sie ihren Mantel abgelegt und trug nur ein ärmelloses, ehemals weißes Hemd und einen langen, ehemals weißen Rock. Um ihren Hals baumelte ein Amulett an einer goldenen Kette.
    Rulfan sah, dass sie sehnige, drahtige Glieder hatte.
    Und dass sie schön war. »In der Ruinensiedlung von Coellen.«
    »Nie gehört. Ich bin in den Flusswäldern der Oder geboren.« Sie blieb neben ihm stehen, stützte sich auf den Axtstiel und deutete mit einer Kopfbewegung in die Bresche. »Du plagst dich umsonst, er ist tot.«
    »Woher willst du das so genau wissen?« Das Amulett an ihrer Kette war ein Chronometer. Die schwarze, ovale Fassung war zerkratzt, das Display halb blind. Die Uhr war mindestens ein halbes Jahrtausend alt, denn seit
    »Christopher-Floyd« gab es niemanden mehr, der solche Uhren baute. Abgesehen von den Technos in den Bunkerstädten.
    »Ich habe die Dornenranken doch gesehen, die der Pflanzenhexer aus der Erde gerufen hat!« Mit Daumen und Zeigefinger zeigte sie eine Länge von mehr als zehn Zentimetern an. »Manche Dornen waren so groß! Und sie haben ihn durchbohrt. So etwas bringt einen Menschen um. Ich weiß, was ich sage, ich bin Heilerin.«
    Rulfan schob sie zur Seite, packte den Säbel und stapfte in die Gestrüppbresche. »Er lebt, ich weiß es«, sagte er knapp.
    »Er ist tot«, widersprach sie unbeirrt. »Den wichtigsten Beleg dafür habe ich dir noch gar nicht genannt.«
    »Interessiert mich nicht.« Rulfan hob den Säbel und schlug auf das dichte, dornige Geäst ein.
    »Ich kann seine Gedanken nicht mehr spüren«, sagte Mauricia. »Einer, der nicht mehr denkt, ist tot.«
    Wie ein Besessener drosch Rulfan auf die Dornenranken ein. »Vielleicht ist er einfach nur bewusstlos.«
    »Ich bin eine starke Gedankenmeisterin, Rulfan von Britana. Ich spüre auch den Geist eines Bewusstlosen.«
    Rulfan fuhr herum und sah sie an. Misstrauen stand in seinen bleichen Zügen. Hinter der Heilerin lief Chira winselnd auf und ab. Rulfan drehte sich um und schlug in das Geäst.
    Vier oder fünf Stunden später hatten sie die Bresche etwa hundert Meter tief in den Dornenwald getrieben.
    Noch konnten sie weder den rötlichen Felsblock, noch Matthew Drax erkennen. Dafür hatten sie Schwielen an den Händen. Oben, am Rande des Gestrüpps, schrien Männer und Frauen durcheinander. »Schnell, Rulfan!«, rief Mauricia. »Das musst du sehen!«
    Rulfan rammte den Säbel in die Erde und lief durch den Dornenwald hinauf zum Beginn der Bresche. Die Staubwolke hatte sich weitgehend gesenkt und

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