2001 Himmelsfeuer
die nicht weiß, wie man Brot bäckt.«
Sie wollte gerade mit ihren Einkäufen wieder gehen, da entdeckte sie noch einen Ballen bedruckten Kattuns und bedeutete Ostler mit den Händen, wie viel Meter sie wünschte.
In der Hütte schnitt sie den Stoff in mehrere Bahnen und nagelte sie zu einem 60 × 90 -cm-Rechteck an die Wand. Den Rest verwendete sie als Tischdecke.
Dann machte sie sich an das Reiskochen. Sie füllte einen Topf mit Wasser und holte mit einem Messbecher Reis aus dem Sack. Eine Tasse schien nicht genug zu sein. Vier Tassen würden für sie und Mr. Hopkins eine ordentliche Mahlzeit ergeben. Sie legte den Deckel auf den Topf, hängte ihn über das Feuer und überließ ihn sich selbst. Als sie endlich das Feuer im Herd entfacht und eine Speckseite in die Pfanne gezwängt hatte, sprang der Deckel vom Topf und fiel mit lautem Schlag auf die Feuerstelle. Zu ihrem Entsetzen stieg der Reis im Topf auf, quoll über die Ränder und tropfte ins Feuer.
»Heilige Jungfrau Maria!«, rief sie und attackierte den Topf mit dem Messer, das sie noch in der Hand hielt.
Als Seth abends nach Hause kam, roch die ganze Hütte nach angebranntem Reis und verkohltem Speck. Angelique stand an der Hintertür und wedelte den Rauch mit ihrer neuen Schürze hinaus.
»So ein Teufel«, kreischte sie und trat nach dem Herd.
Seth blickte ungläubig auf den Inhalt der Pfanne. »Sie haben die
ganze
Speckseite genommen? Sie sollten nur einen oder zwei Streifen abschneiden!« Sein Blick blieb an dem Kattun an der Wand hängen. »Was ist denn das?«
»Vorhänge«, erklärte sie verdrossen. Sie rieb sich die Nase und hinterließ einen Schmutzfleck.
»Aber hier gibt es doch kein Fenster.«
»Sí, aber sieht es nicht so aus, als ob da eins wäre?«
Er musterte das Tischtuch, auf dem ein Glas mit frischen Blumen stand. »Wo haben Sie die Äpfel her? Der Händler kommt erst am Samstag wieder vorbei.«
»Ich kaufe sie bei Señor Ostler.«
»Was? Der kauft sie beim Gemüsehändler und verdreifacht den Preis! Keine frische Ware mehr von Ostler. Warten Sie, bis der Händler am Samstag kommt!«
Seth holte Zwieback und Dörrfleisch aus der Vorratskammer. »Ist halb so schlimm«, beschwichtigte er sie, als er sah, wie geknickt sie war. »Ich hab schon Schlimmeres erlebt.«
Sie schaute sich in der Hütte um. »Was könnte schlimmer sein als das hier?«
Er warf ihr einen raschen Blick zu. Bei jedem anderen hätte diese Frage wie eine Beleidigung geklungen. Die Frau schien es jedoch nicht so zu meinen. »Das Gefängnis«, sagte er knapp, als sie sich zu Tisch setzten.
Ihre Augen wurden vor Verwunderung ganz rund. »Sie waren im Gefängnis?«
Er schälte einen Apfel und reichte ihr eine Hälfte. »Ich sah, wie ein Mann eine Frau zusammenschlug. Ich sagte ihm, dass er aufhören sollte, aber sein Blick war rasend. Ich wusste, dass er sie umbringen würde. Also habe ich ihn daran gehindert.«
»Sie … haben ihn getötet?«
Seth schüttelte den Kopf. »Sein Rückgrat gebrochen. Jetzt hat er zwei nutzlose Beine. Wird keinen mehr verprügeln.«
Er kaute. Schluckte. »Sie haben mich wegen versuchten Totschlags verurteilt. Ich habe ein Jahr im Gefängnis gesessen. Keine Arbeit. Einzelhaft. Mein Essen wurde mir unter der Tür durchgeschoben. Ein Jahr lang habe ich keine Menschenseele gesehen oder gesprochen.«
Sie beschlossen ihr Mahl in Schweigen. Als er gesättigt war, stand Seth auf und hob eine Ecke des Tischtuchs an. »Das hier muss zu Bill Ostler zurück.«
»Aber es ist zerschnitten. Er wird es nicht zurücknehmen.«
»Dann muss ich das auf die Summe draufschlagen, die Sie mir schulden.«
Seth sah, dass sie den Tränen nahe war, und lenkte ein. »Sie haben das hier richtig hübsch gemacht.« Er entdeckte die kleine aztekische Statue auf dem umgedrehten Fass und nahm sie in die Hand. »Das ist rosa Jade. Sehr selten, sehr kostbar.«
»Mehr als das, Señor Hopkins. Dieser Talisman gehörte einmal Montezumas Königin. Er stellt die Göttin des Glücks dar. Er ist ein Glücksbringer, den ich von meiner aztekischen Kinderfrau bekommen habe, und er hat viel Kraft.«
»Sie glauben also, dass die Göttin Ihnen Glück bringt?«
»Sie wird mich zu meinem Vater führen«, erklärte Angelique mit großer Zuversicht.
»Im Moment sollten Sie sie besser darum bitten, Ihnen das Kochen beizubringen.«
Obwohl er die Worte in ein Lächeln gekleidet hatte und obwohl Angelique merkte, dass sie nicht als Beleidigung gemeint waren, geriet sie in
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