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2001 Himmelsfeuer

2001 Himmelsfeuer

Titel: 2001 Himmelsfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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bereit«, sagte der Fotograf schließlich.
     
    Angelas neun Kinder hatten über dreißig Enkel hervorgebracht und die wiederum eine unendliche Zahl von Urenkeln. Nicht alle hatten überlebt, so wie auch von ihren eigenen Kindern nicht mehr alle lebten. Carlotta war schon vor langem in Mexiko gestorben, aber Angelique und ihr amerikanischer Ehemann Seth Hopkins, der im Norden Gold gefunden und hier unten im Süden mit dem Anbau von Zitrusfrüchten begonnen hatte, waren mit ihren Kindern erschienen. Trotz dieser stattlichen Familie, die Angela insgeheim als ihren »kleinen Stamm« betrachtete, vermisste sie Marina immer noch schmerzlich.
    Vielleicht war das die Lücke in ihrem Gedächtnis. Marina.
    Der Fotograf ließ Angela auf einem großen, aufwendig geschnitzten Stuhl, der einem Thron ähnelte, Platz nehmen und versammelte ihre Söhne, Töchter, Enkel und Urenkelkinder um sie. Sie trug ein feierliches schwarzes Kleid mit weißem Spitzenkragen und Manschetten. Ein kleiner weißer Spitzenschleier bedeckte ihr weißes Haar. Um die ganze Familie in einem Gruppenbild unterzubringen, musste der Fotograf die Schar noch einige Male umstellen und umgruppieren. Doch Kinder nörgelten, Babys greinten und die Männer verfluchten die Hitze, sodass die Fotositzung allmählich zu einer Tortur wurde. Einzig Harvey Ryder schien sich zu amüsieren. Er saß weiter hinten im Schatten, verspeiste gemütlich eine Orange und beäugte den dicken Hintern einer der Indianerinnen.
    Mitten in diesem Durcheinander, dem Nörgeln, dem Wechseln von Sitzplätzen, dem Abnehmen und Wiederaufsetzen von Hüten und den gut gemeinten Ratschlägen für den Fotografen, erstarrte Angela mit einem Mal auf ihrem Stuhl. Ryder, dessen Instinkte sich mit den Jahren verfeinert hatten, bemerkte es sofort und sprang auf. Ein höchst seltsamer Ausdruck war in den Blick der alten Dame getreten.
    Zunächst merkte keiner, dass Angela sich erhoben hatte. Erst als sie sich von der Gruppe wegzubewegen begann und der Fotograf sagte: »Entschuldigen Sie, Ma’am, wir brauchen Sie hier«, lief Angelique ihr besorgt hinterher.
    »Großmama! Was hast du?«
    Angela blieb am Rande des Gartens stehen, wo eine niedrige Steinmauer das Haus von den Wirtschaftsgebäuden trennte. Ihre Augen, obwohl tief in den Höhlen liegend und von Runzeln umgeben, waren immer noch klar und scharf, und ihr Blick richtete sich nun auf den Weg, der von der Old Road heraufführte.
    Die anderen waren hinzugetreten, drückten ihre Sorge aus, bestanden darauf, dass Großmutter sich hinsetzte, überlegten laut, ob sie einen Arzt holen sollten, redeten und schnatterten durcheinander, während Angela stocksteif dastand und unverwandt auf den Weg blickte.
    Schließlich verstummten alle, und nun trug der Wind das entfernte Klappern von Pferdehufen und das Quietschen von Wagenrädern herbei. Bevor irgendjemand etwas erkennen konnte, kräuselte sich Angelas Mund zu einem kleinen Lächeln, und sie flüsterte nur ein Wort: »Marina.«
    Im nächsten Moment erblickte die wie gebannt dastehende Familie drei Pferdewagen mit Menschen darauf, dazu Berge von Gepäck, die auf eine lange Reise schließen ließen. Auf dem Kutschbock des ersten Wagens saß ein einarmiger Mann mit weizenblondem Haar und weißem Bart und neben ihm eine hübsche Frau mittleren Alters in einem altmodischen Kleid mit Schutenhut. Den zweiten Wagen lenkte ein jüngerer Mann mit einer Frau an der Seite, die zwei Kinder in der Mitte. Und auf dem dritten Wagen hielt ein Jugendlicher die Zügel.
    »
Dios mío
!«, stieß einer von Angelas Söhnen hervor, ein Mann in den Sechzigern, der Navarro nur im Aussehen, nicht vom Temperament her ähnelte. »Mamá!«, rief er aufgeregt. »Es ist Marina! Sie ist heimgekommen!«
    Die Gesellschaft eilte den Besuchern entgegen, drängte sich um die Wagen wie eine Dorfgemeinschaft, die ihre Kriegsheimkehrer begrüßt. Angelique blieb mit Angela an der Gartenmauer zurück und beobachtete die Szene durch einen Tränenschleier hindurch. Als sie sich bei ihrer Großmutter unterhakte, spürte sie, wie die alte Frau vor Aufregung zitterte, und sah Tränen auf Angelas runzeligen Wangen schimmern. »Es ist wahrhaftig Tante Marina«, staunte Angelique.
    Wie im Triumphmarsch zog die kleine Prozession zur Hacienda hinauf. Die Erwachsenen jubelten, die Kinder tobten fröhlich um sie herum. Nur wenige aus der Familie erinnerten sich noch an Marina, aber alle kannten ihre Geschichte. Ihr unerwartetes Auftauchen glich einer

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