2001 Himmelsfeuer
Krieg mit Mexiko berichten, doch bis ich hier ankam, war alles vorbei. Aber dann, gleich nach dem Friedensvertrag, wurde hier Gold gefunden, und wie jeder andere auch bin ich nach Norden gezogen, mein Glück zu machen. Hab auch ein bisschen was gefunden. Nicht viel. Hab danach noch eine Weile in Oregon rumgehangen. Hab geheiratet, bin wieder geschieden. Hab sogar irgendwo ein paar Kinder. Dann hab ich in San Francisco einen alten Freund getroffen, der mir erzählte, dass der
Los Angeles Clarion
einen Reporter suchte.«
Die Bediensteten richteten den Garten für die Party her. Üppig bestückte Obstschalen wurden aufgestellt, von denen sich Ryder ungeniert bediente. »Die Gegend hier floriert ganz schön«, meinte er, während er sich eine Orange schälte. »Da gibt’s keinen Zweifel. Jeder kauft Ranchos auf und benennt Orte mit dem eigenen Namen. Traf neulich einen Zahnarzt namens Burbank, der hat sich im östlichen Teil vom San Fernando Valley spanisches Land gekauft. Und Downey, der vor ein paar Jahren noch Gouverneur war, hat seinen Rancho aufgeteilt und verkauft Parzellen. Einige behalten sogar die indianischen Namen bei, finden sie romantisch.« Er schüttelte den Kopf. »Als ob Pacoima oder Azusa romantisch klingt.«
Er steckte sich einen Orangenschnitz in den Mund, wobei ihm der Saft aufs Hemd spritzte. »Die Angeleños sind ein unberechenbares Völkchen. Man meint, die haben nur das Glücksspiel und Siestas im Sinn. Aber da hätte man sie mal sehen sollen, als der Bürgerkrieg ausbrach. Beim Thema Sklaverei und Sezession hat sich die Stadt augenblicklich in zwei Lager geteilt. Will sagen, mit Gewehren und Kanonen geteilt. Die Hälfte der männlichen Bevölkerung schloss sich den Konföderierten an oder kämpfte aufseiten der Union, die andere Hälfte blieb zu Hause und demolierte die Stadt bei besoffenen Faustkämpfen und Schießereien. Aber schlimmer als der Krieg war die Dürre von 1862 , die der ganzen Viehwirtschaft den Garaus machte. Kurz danach brachen die Windpocken aus, die den Bestand der Indianer um die Hälfte dezimierten. Klingt irgendwie ironisch, weil die Indianer die Herden gehütet haben. Als das Vieh einging, schien es, als würden die Indianer nicht mehr gebraucht.« Er grinste und schaute den Fotografen Beifall heischend an. Der Mann konzentrierte sich auf seine Arbeit.
»Wir haben hier aber ein ernstes Problem mit Banditen. Meistens Nichtsnutze, wenn Sie mich fragen. Sie behaupten, sie wollen sich bloß an den Yankees rächen, weil die ihnen ihr Land gestohlen haben. Zum Teufel, das war kein Stehlen! Die meisten dieser alten spanischen Landzuweisungen waren ungültig. Kein amerikanischer Richter würde eine grob skizzierte Karte mit irgendeinem Namen darauf als legale Eigentumsurkunde anerkennen. Die Mexikaner haben nicht mal anständige Landvermessungen vorgenommen. Sind einfach losgeritten zu einer Gruppe von Bäumen und haben sie auf der Karte eingezeichnet, dann sind sie nach Süden zu einem Felsen geritten, haben den eingezeichnet, dann rüber zu einem Bach, haben den eingezeichnet und alles für rechtsgültig erklärt. So haben sie das Land den Indianern weggenommen. Die Amerikaner dagegen haben alles ordentlich gemacht, kamen mit Landvermessern und Anwälten und haben das Land offen und ehrlich erworben. Aber das wollen die
banditos
ja nicht kapieren.«
Er aß noch ein Stück Orange und untersuchte seine bunte Seidenweste auf eventuelle Saftflecken. »Gab ’ne Menge Lynchereien hier. ’ne hitzköpfige Gruppe von Texanern draußen in El Monte, nannten sich die El Monte Rangers, hätte doch beinahe einen Bürgerkrieg hier in der Stadt ausgelöst, als ein Kamerad namens Bean – Bruder von Roy Bean, dem Richter – tot in einem Feld bei der Mission gefunden wurde. Diese Meute hat auf alles in Sichtweite geschossen und bald alles aufgehängt, was sich nicht vom Fleck rührte.
Andererseits kann man es den Leuten auch nicht verdenken, dass sie zum Selbstschutz greifen. Wir haben hier einen Sheriff und zwei Deputies für den gesamten Bezirk und einen Marshal als Polizeichef für die Stadt. Die Leute müssen einfach das Gesetz selber in die Hand nehmen. Klar, Los Angeles ist kein Dorf mehr. Ist ja befördert worden. Fünftausend Menschen auf achtundzwanzig Quadratmeilen sind jetzt offiziell eine
Stadt
– zumindest nach kalifornischem Gesetz. Aber eins sage ich Ihnen, mein Freund. Ich habe Paris gesehen und London. Und Los Angeles ist
keine
Stadt.«
Er nahm den Hut ab und
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